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136 Gestalt auszeichnen, ihre Entstehung verdankt^). Ich schoß noch einmal mitten in einen Schwarm und sah wiederum zwei Thiere fallen, aber ohne ihrer habhaft werden zu kön nen, da sie sich wahrscheinlich abermals an Zweigen fest geklammert hatten. Das Schwirren und Flattern brauste aufs Neue und verstärkt auf und erst allmälig kehrten die Thiere in die Bäume zurück, aber nun begann in den auf geregten Scharen ein wahrhaft betäubendes Schreien und Quaken, das nicht enden wollte. Die von mir auf Rolas beobachtete Art der Pteropinen oder Flughunde ist O^non^otsris strominsns, der Palmenflughund, der im mittler» Afrika eine sehr weite Verbreitung zu haben scheint, und den ich auch sehr häu fig auf S. Thoms, aber niemals in jenen Ungeheuern Schwär men, wie in Rolas, antraf. Sie leben ausschließlich von Früchten, Bananen, Mongos, besonders lieben sie den Ma- mäo (Melonenbaum), und die feine Abacate, aber trotz ihrer großen Gefräßigkeit und trotzdem sie hin und wieder arge Verwüstungen in den Obstbäumen anrichten, läßt man sie unbekümmert an der überreichen Tafel, die die Natur hier täglich neu aufdeckt, mitzehren. Eine interessante Beobach tung über die Palmenflughunde von Rolas, die ich während meines Aufenthaltes hier fast täglich machte, will ich noch kurz erwähnen. Wie alle Fledermäuse sind auch die Pal menflughunde nächtliche Thiere, die während des Tages in dich ten dunkelen Wäldern sich versteckt halten und in den Gipfeln der Bäume umher kriechen oder schlafend an den Zweigen hängen. Erst in der Dämmerung verlassen sie ihre Schlupfwinkel um nach Nahrung nmherzufliegen. In Rolas erhoben sich an jedem Abend fast minutengenau zu derselben Zeit 2) von der Südwestseite der Insel ungeheuere Schwärme von Flughunden, die alle nach Nordwesten über den Meereskanal S. Thoms zuflogen. Sie bildeten stets einen langen Zug, der in der Regel den ganzen Kanal überbrückte, und oft, wenn die vordersten schon im Uago von S. Thoms eingefallen waren, sah man noch immer neue Scharen in Rolas aufsteigen. Am folgenden Morgen waren sie regelmäßig wieder in den Wäldern von Rolas. Die Thierwelt von Rolas zeichnet sich im Allgemei nen nicht durch Mannigfaltigkeit und Glanz der Formen und Farben aus, wie wir sie sonst in den Tropengegenden des Festlandes zu erblicken gewohnt sind. Das afrikanische Festland beherbergt fast aus allen Gruppen des Thierreichs eine unendlich viel reichere Fauna als seine Inseln, und der Abstand in dieser Richtung ist vielleicht um so größer, je weiter jene von der Küste entfernt liegen. Aber zn glei cher Zeit wächst mit der größern Abgeschlossenheit und Selbständigkeit dieser insularen Faunengcbiete das wissen schaftliche Interesse für dieselben und ersetzt reichlich den Mangel an Mannigfaltigkeit. Keine Inselgruppe aber ist vielleicht in dieser Beziehung bedeutungsvoller als gerade die der Guinea-Inseln. Wie zu einer submarinen Gebirgs kette gehörig, ziehen sich diese Inseln von dem mächtigen Cameruns-Gebirge an, das in geologischer Hinsicht zu ihnen zu gehören scheint, fast in gerader Linie über Fernando Po, Principe, S. Thoms, Rolas und Annobom nach Südsüd west durch den Golf von Guinea hin. Alle sind vulkani schen Ursprungs, in ihrem Anfbau und ihren übrigen geo logischen Charakteren, ihren klimatischen und Bodenverhält- Im nordöstlichen Afrika,, namentlich Aegypten, kommt eine dem Flughund von Rolas (Oxnonxotsris strorninsus) nahe verwandte Art (L^non^stsris as^xtiaoue, der Nilflug hund) sehr häufig vor, der vielleicht als das Urbild der Har pyien anzujehen ist. 2) Ich erinnere daran, daß Rolas von der Linie geschnit ten wird und daher hier beständige Tag- und Nacht-Gleiche herrscht. Die Insel Rolas. nisten rc. übereinstimmend, alle mit reicher üppiger Vegetation erfüllt, aber jede dieser Inseln stellt ein mehr oder minder selbständiges Faunengebiet dar, das sowohl in seinen enge ren und weiteren Anschlüssen an andere, oft weit entfernte, Faunengebiete als namentlich auch in der Eigenart und dem oft völlig isolirten Auftreten einzelner Formen oder For mengruppen etwas, möchte ich sagen, Geheimnißvolles an sich trägt. Jedenfalls eröffnet sich hier noch, meiner Ueber- zeugung nach, der Zukunft ein reiches und vielleicht für manche wichtige Frage fruchtbringendes Feld wissenschaftli cher Forschung. Rolas kann selbstredend eine solche Selbständigkeit für sich nicht beanspruchen, seine Fauna schließt sich vielmehr eng an diejenige der benachbarten Hauptinsel S. Thoms an. Daß auf dieser als auf der bei weitem größern zum Theil hoch gebirgigen und sehr flußreichen Insel, die somit reichere und weiter umgrenzte Lebensbedingungen bietet, die Thierwelt viel mannigfaltiger auftritt, als auf unserm Ei land, ist ebenfalls natürlich. In Rücksicht auf die herr schende Wind- und Stromrichtung und den von mir in Bezug hierauf gemachten Beobachtungen erscheint auch eine Uebertragung der Thierformen, abgesehen von der durch den menschlichen Verkehr hergestellten, viel leichter und sicherer von Rolas nach S. Thoms als umgekehrt. Außer den eben erwähnten Palmenflughunden und eini gen kleinen Arten von Fledermäusen besitzt Rolas kein einziges wild lebendes Säugethier, das als hier ursprünglich heimisch angesehen werden könnte. Leider sind auch hier, wie in S. Thoms, durch Schiffe die Ratten ein geschleppt worden, die ziemlich zahlreich sowohl die Wan derratte wie die Hausratte neben einander die Wälder bewohnen. Im Innern der Insel, namentlich in den dich ten, fast unzugänglichen Wäldern des Nord- und Südhü gels leben seit längerer Zeit völlig ver wilde rteSchwei ne, die von den abfallenden Früchten, von Kräutern und Wur zelwerk sich ernähren, aber auch, ebenso wie die Ratten, an den Kakao-Pflanzungen vielen Schaden anrichten. Auch leben auf diesen Hügeln, wie ich gleich hinzubemerken will, Scharen ebenfalls völlig verwilderter Haushühner, auf die zeitweise Jagd gemacht wird. Auf meinen Streifzügen durch die Insel hörte ich häufig das laute Krähen der Hühne aus den dicht bewaldeten Höhen hervortönen. Die auffallendsten Vögel dir Insel, die ihr auch den Namen gegeben haben, sind die wilden Tauben, die in drei verschiedenen Arten, darunter die prächtige Papagei taube, in ungeheurer Menge das Innere der Insel bevöl kern. Außerdem tritt ein anderer Bogel durch seinen über all vernehmbaren lauten etwas elegischen Flötenton und durch sein überaus glänzendes Gefieder hervor, der „Os- robo", Goldkuckuck (Ollr^ssoo^s auratus), der auch die Wälder von S. Thoms äußerst zahlreich bewohnt. Ueber- raschend für die Aequatorialgegend ist der in den Wäldern überall erschallende vielstimmige Gesang der zahlreichen kleineren Singvögel, von denen einige noch so harmlos sind, daß man sich ihnen bis auf wenige Schritte nähern kann. Oft, wenn ich ihren Lockton nachahmte, sah ich sie plötzlich aus dem Gebüsch hervorstürzen und sich keck gerade vor mich hinsetzen, durch allerlei Bewegungen und Töne ihre gereizte Stimmung offenbarend. Auch der Osrobo antwortet alsbald und folgt dem Lockenden oft lange Zeit, aber immer in scheuer, angemessener Entfernung, ähnlich wie unser Kuckuck. Der Strand wird von zahlreichen grö ßeren und kleineren Seevögeln belebt, die sich namentlich zur Ebbezeit auf den Klippen nach Nahrung fuchend umher treiben. Auch unter ihnen zeigten einige, und zwar treff liche Flieger, noch eine große Unbefangenheit dem Menfchen Dr. Richard Greeff: