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auf der schönen Roxa Rio d'Ouro, auf der ich mehrere Tage der liebenswürdigsten Gastfreundschaft genoß. Der intelligente Besitzer, Herr de Bustamante, hat es sich zur Lebensaufgabe gestellt, sein Gut nicht bloß in wirthschaft- licher Hinsicht, allerdings zunächst mit bedeutenden Gcld- opfern, zu einer Musteranstalt zu machen, sondern auch, der reichen und üppigen Natur der Insel entsprechend, es mit der ganzen Mannigfaltigkeit tropischer Zier- und Kultur- gewächsc anszuschmücken. Die schönsten Palmen von Bra silien und Westafrika finden sich hier in herrlichster Entfal- tnng, wie in einem Garten, vereinigt; ich sah hier ausge zeichnete Kulturen des Zimmet- und China-Baumes und lernte eine Menge anderer, seltener tropischer Früchte und Pflanzen kennen. Im Allgemeinen läßt sich wohl kaum eine größere Fruchtbarkeit des Bodens und Ucppigkeit des Pflanzcnwuch- ses denken, als wie sie uns auf unserm kleinen, lieblichen Eilande überall entgegentritt, auf dem ein ewiger Sommer herrscht mit harmonischer Vertheilung von Wärme, Licht und Feuchtigkeit. Jedes Fleckchen der an nährenden Sub stanzen überreichen vulkanischen Erde grünt und blüht, un unterbrochen folgen an Baum und Strauch Früchte den Blüthen und neue Blüthen den Früchten nnd oft sieht man beide in allen Entwickelungsstadien an demselben Zweige hangen. Ich habe hier Begetationsentfaltnngen,' nament lich an Bananen, Mais und jungen Kakaokulturen gesehen, derart, daß ich die Zunahme fast täglich mit dem Maßstabe nachweisen konnte. Bewundernd steht man vor der Macht der Naturarbeit, wenn man erwägt, daß jedes kleinste Theil- chen der Pflanze lediglich durch die Lcbcnsthätigkcit, den stetigen und gesetzmäßig verlaufenden Theilungs- und Um bildungsprozeß jener winzigen mikroskopischen Gebilde, der Zellen, aus denen die ganze Pflanze sich aufbaut, errun gen werden muß. Atts alle» Europa. — Ueber Gleis chererscheinungenimHarze sprach Dr. E. Kayser in der Sitzung der Berliner Gesellschaft für Erdkunde am 3. December 1881 (s. deren Verhandlungen VllI, S. 345 ff.). Die Gegner der Ansicht, daß das nord deutsche Flachland ehemals von einem gewaltigen, von Skan dinavien und Finland bis an den Fuß der deutschen Mit telgebirge reichenden Gletscher bedeckt gewesen sei, nehmen an Zahl immer mehr ab, eine Folge der vielen, in den letzten Jahren gemachten Entdeckungen zu Gunsten der Glacial- theorie. Die wichtigsten Beweise für die einstige Vergletsche rung Norddeutschlands sind: 1) Die Beschaffenheit des Ge schiebelehms, einer vollkommen struktur- und schicbtungsloscu Masse, welche nicht die Kennzeichen einer unter Wasser ge bildeten Ablagerung hat, dagegen der Grundmoräne unserer heutigen Gletscher auffallend ähnlich ist; 2) die Beschaffenheit der Geschiebe selbst, welche nicht die gerundete Form der durch Wasser transportirten Gerölle haben, sondern eckig und kantig nnd zugleich oft polirt und mit Kritzen oder Schrgm- men versehen sind, wie man dieselben als eine ganz gewöhn liche und charakteristische Erscheinung auch an den Geschieben unserer jetzigen Gletscher beobachtet; 3) das Vorhandensein von Schliffen und Schrammen an anstehenden Felsmasscn, wie sie bei Rüdersdorf, Taucha, Halle, Velbke unweit Magde burg und an anderen Orten aufgefunden worden sind; 4t die vielfachen Schichtenstörungen im Untergründe des Ge schiebelehms und endlich 5) die divergent-radiale Verbreitungs weise der Geschiebe von Skandinavien aus nach Nord-Deutsch laud und Süd-England. Diese und andereThatsachen lassen sich durch die Glacialtheorie viel besser erklären, als durch die ältere Drifttheorie oder irgend eine andere bis jetzt aus gestellte Hypothese, und darum gebührt jener, auch wenn sie noch nicht alles zu erklären vermag, doch der entschiedene Vorzug. Ist nun diese Theorie begründet, so mußte sich in der Zeit der größten Ausdehnung des skandinavischen Glet schers in Norddeutschland ein ungemein kaltes und feuchtes Klima entwickeln, und man wird erwarten müssen, daß in Folge desselben in den angrenzenden Gebirgsgegenden zahl reiche Lokalgletscher entstanden, deren Spuren, wenigstens hier und da, noch heute nachzuweisen sein werden. Auffälliger Weise aber hatte die bisherige Durchforschung der deutschen Mittelgebirge keine sichere derartige Spuren kennen gelehrt, und man hatte daher von einigen Seiten bereits angenom- E r d t h e i l e n. inen, daß — im Gegensätze zu den Karpathen — die deut schen Mittelgebirge in der Eiszeit gletscherfrei gewesen seien. Was speciell den Harz betrifft, so hatte zwar Prof. Torcll aus Stockholm bereits im Sommer 1880 im Holzemmc- und Jlse-Thale auffällige, an Moränen erinnernde Blockanhäusun- gcn, sowie einen losen Granitblock mit undeutlicher Streisuug u. a. m. beobachtet; doch gewichtigere Beweise für die einstige Vergletscherung des Harzes hat erst Dr. Kayser im Som mer 1881 aufgefunden, und zwar in dem in bedeutender Höhe am Abhange des Brockens beginnenden und sich un gewöhnlich rasch vertiefenden und erweiternden Oderthale zwischen dem Oderteiche und der Forstkolonie Oderhaus. Dort nehmen zahlreiche, dem Thale parallel verlausende Steiuwälle fast die ganze Breite desselben ein; zuerst sind sie niedrig und vielfach-unterbrochen, weiter aufwärts werden sie allmälig zusammenhängender und höher und erreichen oberhalb der Einmündung des Dietrichs-Thales ihre größte Höhe von 15 bis 20m über der Oder. Es sind lange, hohe, 10 bis 40 m breite Rücken, zwischen denen flache oder rinnenförmige, bis 10 m und darüber tiefe, abflußlose Mulden liegen. Ihr Inneres besteht aus einem chaotischen Haufwerk von Gesteins fragmenten von wenig gerundeter, unregelmäßiger Form, welche in einem lehmigen, seldspathreichen, hauptsächlich aus zerriebenem Granit gebildeten Sande eingebettet liegen, und zwar ohne jede Ordnung neben-und übereinander, zumTheil in aufrechter oder'schräger Lage, wie sie dieselbe, durch Was ser transportirt, nicht wohl hätten anuehmen können. Die Annahme, daß man es hier mit älteren Schotterabsätzen oder mit Schutthalden zu thun hat, widerlegt Dr. Kayser; gegen erstere spricht die eckige Form der Fragmente, der Mangel jeder Schichtung, die coupirte Oberfläche der Trümmcrmasscn und der Umstand, daß deutliche Schotterterrassen weiter thal- abwärts gänzlich fehlen, während es Regel ist, daß solche Terrassen thalabwärts in Folge ihrer immer höher werden den Erhebung über den jetzigen Thalboden immer schärfer hervortreten. Daß es keine Schutthalden sind, zeigt die cou pirte Oberfläche der Trümmcrwälle und der Umstand, daß dieselben aus anderm Gesteine bestehen, als die darüber emporragenden Gehänge. So bleibt nur die Erklärung übrig, daß man es hier mit alten Moränenwällen zu thun hat. Dafür spricht 1) das fast plötzliche Aufhören der Wälle unterhalb des Andreasberger Rinderstalles; 2) ihre deutliche Trennung von den Thalgehängen; 3) ihre innere Struktur,