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d'Aranjo kam selbst mit zweien seiner Boote, einem großen an fünfzehn Meter langen Canoe und einem gezimmerten von amerikanischen Walfischfängern erworbenen Kahne nach der Cidade de SLo Thoms, der an der Nordostseite ge legenen Stadt der Insel S. Thoms und Hauptstadt der portugiesischen „Urovinoia ultramaring, äs 8äo Hroms skrinoips", um uns nach Rolas zu geleiten. Bon der Cidade aus ist die Insel Rolas nur zu Wasser zu erreichen durch Umschisfung der Insel S. Thoms nach der einen oder andern Seite, in der Regel auf dem kürzer» Wege an der Ostküste entlang. Bis zu der südlich von der Cidade, von dem Flüßchen Agua Zzs aus und zwischen dem Rio Abade und Rio Ribeira sich ausdehnenden großen Noza Agua Zzs, der größten Kakao- und Kaffeeplantage der Insel, führt ein guter Reitweg, aber der Versuch von hier aus zu Lande nach der Südküste voxzudringen, um dann nach der von ihr durch einen etwa vier Kilometer breiten Mcereskanal getrennten Insel Rolas überzusetzen, würde wegen des den Südosten der Insel einnehmenden hohen mit dichtem Urwald bedeckten Gebirges und der häufig schroff abfallenden felsigen Küste auf die größten Schwierigkeiten stoßen, jedenfalls eine mehrere Tage in Anspruch nehmende, beschwerliche Expedition darstellen. Am 9. Januar Abends zwischen 5 und 6 Uhr fuhren wir in dem mit fünf Negern bemannten und von Herrn d'Aranjo gesteuerten „Amerikaner« znm Hafen und zur Bai von S. Thomä hinaus. Im weiten Halbkreise öffnet sich die schöne Bucht, die Bahia de Anna de Chaves/nach Nordosten, umgeben von breitem, blinkendem Sandstrande, der an einigen Stellen von tiefschwarzen ins Meer vor dringenden Basaltklippcn unterbrochen ist. Gerade vor uns im Grunde liegt der Hafen mit dem vorgeschobenen Molo, dahinter die große Alsandega, und dann breitet sich die Stadt auf dem flachen Strande aus, durchflochten von frischem Grün und den hier und dort aufragendcn hohen Bäumen. Links von der Stadt und die Bai hier abschlie ßend erhebt sich auf einer der ins Meer vorspringenden Basaltklippen die kleine Festung Fortaleza de S. Se ba st ick o und rechts schließt sich an die Stadt ein den Strand umsäumender Kokospalmcnwald an. Ihren Ab schluß findet die Bai nach dieser Seite durch einen andern Vorsprung, auf dem dicht am Strande ein frischgrüner Hügel liegt, der mit einem zweiten sehr kleinen Fort oder Nedoute, dem Reducto de S. Joss, gekrönt ist, das im Verein mit der gegenüberliegenden Fortaleza de S. Seba- stmo bei genügender Ausdehnung und Armirung Bai nnd Stadt vollkommen beherrschen würde. Hinter der Stadt erhebt sich die allseitig tiefgrüne Insel ganz allmälig und terrassenförmig und steigt dann gegen das Centrum hin zu prächtigen bis zu 2000 in hohen Gebirgsstöcken auf. An der östlichen Abdachung des Gebirges schimmern von der Bai auS die höchsten Plantagen der Insel hervor, auf einer Höhe von an 800m die große No^a des Monte Cafs, die in der Kasfeeproduktion vielleicht allen anderen Pflan zungen voransteht, und die 940 m hohe Ro^a S. Nicolau, die höchste der Insel, deren Kaffee- und China-Kulturen bis zu 1160 m über dem Meere hinaufgehen. Als wir unter dem kräftigen Ruderschlag unserer Schwar zen zur Bai und, uns dann nach Süden wendend, Uber die Fortaleza de S. Sebastiäo hinausgckommen waren, trat mit gewohnter Pünktlichkeit die Nacht ein und der Blick richtete sich unwillkürlich von dem bisherigen schönen Schau spiel, über das der dunkele Schleier nun rasch herabsank, auf unsere nächtliche Fahrt und unsere Lage im Boot. Dasselbe war hochbeladen, theils mit den von Herrn d'Aranjo mit genommenen Waaren, zum größten Theil aber mit den mancherlei Gepäckstücken, die meine für die wissenschaftlichen Untersuchungen und Sammlungen bestimmten Apparate enthielten. Zwischen den ausgethürmten Kisten, Koffern und Schleppnetzen rc. mußten wir uns, so gut es gehen wollte, ein immerhin nicht sehr bequemes Lager herzustellen suchen. Die Aussicht, auf diesem die nächsten zwölf Stun den der Nacht und dann vielleicht, nachdem wir den folgen den Tag an irgend einer Stelle der von den Angolares- Negern bewohnten Südostküste zugcbracht, noch eine zweite Nacht ausharren zu müssen, erschien daher im Allgemeinen keine sehr erfreuliche. Die Nacht war aber deshalb zur Fahrt gewählt, weil sie als die durch die Windrichtung am meisten günstige erschien. Fast das ganze Jahr hindurch, namentlich während der von September bis Mai anhalten den heißen Regenzeit, weht hier ein lauer Süd- und Süd westwind. Nur durch die in dieser Jahreszeit freilich ziem lich häufigen Gewitter wird die Lust und mit ihr das sonst stets ruhige Meer in größern: oder geringerm Grade erregt. Wegen dieser stetigen Windrichtung ist deshalb in der Regel die Bootfahrt von Süden nach Norden resp. von der Insel Rolas nach der Cidade ziemlich rasch, oft in einem halben Tage oder in noch kürzerer Zeit beendet, während umgekehrt, wie in unserm Falle, die Reise häufig nur durch beschwer liches Rudern zurückgelegt werden kann. Während der Nacht indessen Pflegt der sonst stetige Süd- und Südwest wind mehr nach Westen abzuweichen, ein Vortheil, den die Küstenfahrer mit ihren kleinen Segelbooten und Canoes mit großem Geschick zu benutzen wissen, nnd der sie auch veranlaßt für ihre Reisen von Norden nach Süden die Nachtzeit zu wählen. Für unsere Fahrt von der Cidade nach Rolas hatten wir doch geglaubt auf zwei Nächte rech nen zu müssen. Während die Gedanken und Gespräche noch mit diesen Dingen und unserer nächsten Zukunft beschäftigt waren, wurde unsere Aufmerksamkeit durch ein neues Schauspiel in Anspruch genommen. Vor nns auf dem Meere tauchte all mälig eine lange Reihe flammender Lichter auf, als wären sie den dunkeln Fluthcn entstiegen. Unter ihrem Schein sah man phantastische Gestalten sich hin und her bewegen und wieder verschwinden ohne Fahrzeuge erkennen zu können. Es waren Fischer von S. Thoms, die Nachts nnd nament lich in dnnkeln Nächten mit ihren Canoes aufs Meer ziehen, um mit Fackeln den Fischfang zu betreiben. Durch den Lichtglanz angclockt strömen die Fische von allen Seiten an die Boote nnd werden dann mit kurzen durch Stricke be festigten Speeren harpnnirt, auch wohl mit Netzen rc. ge fangen. Einen besonder» Ertrag des Fischfanges bilden dabei die Exocetus-Arten, die sogenannten fliegenden Fische, die, wie es scheint, durch das Licht ganz besonders gereizt und angezogcn worden und oft schaarenwcise und in wilder Hast aus dem Wasser hervorstürzen, Fackeln und Boote um fliegend und theilwcise direkt in diese hiueinfallcnd. Aber auch diese interessante Erscheinung lag unter der unermüdlichen Arbeit unserer Neger bald hinter uns und weiter gings in die schwarze schwüle Nacht hinein, deren tiefe Ruhe nur durch den gleichmäßigen Schlag der Ruder und die dumpfe Brandung an der nahen Küste unterbrochen wurde. Statt des erhofften günstigen Windes hielt lauer Südwind an. Auch dieser schwieg endlich fast vollständig. Immer von Neuem wurde das Segel aufgezogen und ge wendet, aber matt flackerte es von der einen Seite znr an dern. Von großem Interesse und zu gleicher Zeit beruhi gend für die Sicherheit unserer Fahrt war mir die bewun- dcrnswcrthe Ortskenntniß unserer Führer, die trotz der großen Dunkelheit über jede Stelle der in unbestimmten Umrissen vor uns aufsteigenden schwarzen Küste, über jede