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104 Gustav Nachtigal's Reifcwerk. losen Araber für die Beschaffung von Kleidung und Getreide angewiesen blieben, hatten sie bald mit Kanem vertauscht, dessen Süden Getreidekultur und Rindviehzncht hat, wäh rend die übrigen Theile treffliche Kamcelweiden darbieten und die Bornu-Märkte nahe genug sind. Als Erbfeinde und Eindringlinge gehaßt und gefürch tet, hatten sie dort zunächst unaufhörliche Kämpfe zu ihrer Vertheidigung, zum Erwerbe und zur Befestigung ihrer Macht zu führen, und das mit einer Macht, welche 500 Reiter und ebenfo viele Krieger zu Fuß nicht überstieg. Unermüdlich waren sie bald zur Dattelernte in Borku, bald im Kampfe mit den zahlreichen Stämmen des Bahar-el- Ghazal, bald auf einer Reise zu den Märkten in Bornu oder den Haufsa-Staaten. Als nun der Kameclrcichthum der südlichen Tubu, des Bahar-el-Ghazal und des nördli chen Wadai bedeutend gelichtet war, wagten sich die AulLd- Sollmün an die Tuarik, welche an den besten Kameelen der, Welt so reich sind, und nahmen ihnen in wenigen Jahren an 50 000 Thiere ab. Die Tuarik aber brachten im Jahre 1850 etwa 7000 Krieger zusammen, überfielen die Araber Gehäuse (Karmüt) zum Transport der Frauen bei den AulLd SolünLn. im Wadi Kaine und richteten ein entsetzliches Blutbad unter ihnen an; nur etwa 20 Reiter sollen entkommen sein. Doch wurden die Frauen und Kinder verschont mnd diejenigen unter ihnen, welche freien Ursprungs und in die Gefangen schaft geschleppt worden waren, später sämmtlich ohne Löse- gcld ausgeliefert. Zum zweiten Male innerhalb eines halben Jahrhun derts mar fast die ganze waffenfähige Mannschaft des Stammes, jedenfalls die Blüthe desselben, vernichtet. Aber wiederum gelang cs ihm, sich zu erholen und aufzurichten. Seine Reste fanden Schutz und Unterstützung in Bornu, wo sie als Grenzwächter gegen Wadai verwendet wurden; bald konnten die Aulüd Solimün wieder einige hundert Reiter und ebenso viel Krieger zu Fuß ins Feld stellen. Mit den Tuarik wurde Friede geschlossen, in Kanem mehr und mehr Terrain gewonnen, Borku behauptet, und nach zwanzig Jahren herrschten sic wieder eben so weit, wie frü her, ebenso gefürchtet, aber auch ebenso gehaßt, als zur Zeit ihrer höchsten Blüthe. Noch immer zogen sic rastlos umhcr und selten auf friedlichen Pfaden. Je mehr die Steppen Kancms und die früher so kameelreichen Niederungen von Eger und Bodele vereinsamten, je mehr die Kancmbu sich auf die Inseln des Tsade zurückzogcn und die Daza sich ihnen unterwarfen oder nach Bornu auswanderten, desto