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94 Karl Lamp: Die mexikanische Gemeinde Huexutla. der Herrschaft des christlichen Glaubens in solchem Umfange vollzogen, daß seit 50 Jahren kein Stammesaufruhr mehr vorgekommen ist. Eine kurze Charakteristik der umwohnenden Neger stämme, mit welchen die Kolonie in mehr oder minder en ger Beziehung steht, ergiebt, daß die zahlreichen Timani, welche nnmittelbar an der Grenze von Quiah Hausen, als unredlich und indolent gelten und noch auf niedriger Kul turstufe stehen. Eine günstigere Beurtheilung erfährt die kluge Geschicklichkeit und die Betriebsamkeit der Mandingo, doch muß dies Lob auch zum großen Theil auf den arabi schen Dolmetscher der Regierungskommission, welcher ihrem Stamme angehört, zurückgeführt werden. Die Fuluna sind schmutzig, aber reich, die Suu fleißig und arbeitsam, soweit der Afrikaner überhaupt arbeitet. Die kriegerischen Mendi sind Freunde der Briten und haben diesen auch im Assanti- kriege Hülfe geleistet. Seit 1816 hat sich eine bedeutende Zahl von Kru-Ne- gern in Sierra Leone niedergelassen und der Mehrheit nach zum Christenthum bekehrt. Der ganze Stamm der Kru ist europäischer Gesittung zugänglicher, wie die meisten an deren Schwarzen. Sie sind als Matrosen viel begehrt und man hält sie für Handel und Schifffahrt an der afrikani schen Westküste geradezu für unentbehrlich. Sie bilden allent halben einen Staat im Staate, und wie in Freetown ein aus ihrer Mitte gewählter Führer ihre inneren Streitig keiten schlichtet, so Pflegt selbst an Bord und innerhalb der strengen Disciplin eines Kriegsschiffes dem Obmann der Kruboys die Aufrechterhaltung der Ordnung unter den Sei nen und ihre summarische Bestrafung thatsächlich zugestan den zu werden. Der innere Zustand der Kolonie ist in mancher Hinsicht nicht befriedigend. Es fehlt an landwirthschaftlichcn Arbei tern in einem Maße, daß der Regierungskommissär zur Beendigung dieses ungesunden Zustandes ein gewaltsames Einschreiten befürwortet. Thatsächlich ernährt sich die Ko lonie nicht aus sich selbst heraus, sondern ist auf die Zufuhr der nachbarlichen eingeborenen Stämme angewiesen, welche die Bodenkultur durch Sklavenhände fördern, und würde ge radezu zerfallen, wenn Straßen und Verkehrswege nach dem Innern gesperrt blieben, während die Zahl der müssigen Bettler unverhältnißmäßig groß und in stetem Zunehmen begriffen ist. Dagegen zeigt sich in der Kolonie eine mit den eigen- thümlichen Charaktereigenschaften der schwarzen Race im innigsten Zusammenhänge stehende Neigung zur Hervor kehrung äußern unberechtigten Scheins. Krämer nennen sich Handelsherren und Lehrlinge der verschiedensten Hand werke möchten ohne Wissen und Erfahrung als Künstler auftreten. Dies ist um so bedauerlicher, als bei der natür lichen Anlage unter rechtzeitiger Anleitung in Kurzem ein tüchtiger Handwerksstand sich herausbilden könnte. Das Schneiderhandwerk wird bevorzugt und die große Zahl der kleinen Höker und Krämer bildet 23 Proc. der Gcsammt- bevölkerung. Unter den 39 444 Christen gehören 18 860 der engli schen Hochkirche an, 17 098 sind Wesleyaner und 369 römische Katholiken. Die Kolonie, namentlich aber Freetown, kann sich des Besitzes einer unverhältnißmäßig bedeutenden Zahl von Kirchen, Kapellen und Bethäusern rühmen, welche von den verschiedenen Kirchengemeinschaften mit ihrer gesamm- ten Seelsorge dotirt werden. Die Zahl der Mohammeda ner ist seit der letzten Zählung auf 5178 gestiegen. Die Ursache dieser Zunahme, unter der mancher proselytische Uebertritt verzeichnet werden kann, ist nicht genau erkenn bar, läßt sich aber jedenfalls nicht lediglich auf die wach sende Zahl der durchziehenden Händler zurückfuhren. Die Hälfte der 16 000 Heiden kommt auf das erst seit verhält- nißmäßig kurzer Zeit zu England gehörige Gebiet von Quiah und Scherhro, wo damit der eifrigen Missions- thätigkeit ein wirksames Arbeitsfeld sich bietet. Herrmann Vogt. Die mexikanische Gemeinde Huexutla. Von Karl Lamp. Die nachfolgenden Angaben sind einer statistischen Auf nahme der mexikanischen Municipalität Huexutla entnom men, welche die Gemeindehörde derselben, wie es scheint, auf eigenen Antrieb und mit eigenen Mitteln, ohne Unter stützung und Befehl des Staats Hidalgo, zu dem sie gehört, im Jahre 1873 vornahm und welche im selben Jahre in einem dolstin des ersten Bandes der dritten Epoche der „8ooiackaä mssioanu cko OlsoKmlla, x Dstaäistiaa" ver öffentlicht ward. Der Municipal-Präsident macht zu der Aufnahme die Bemerkung, sie sei verhältnißmäßig genau, könne aber nicht Anspruch darauf machen, es ganz zu sein; denn abgesehen davon, daß die mit der Aufnahme beauftragten Personen wegen mangelnder Gewöhnung nicht hinlänglich dafür be fähigt seien, „machen vor Allem die Aufzunchmenden Schwie rigkeiten, weil sie in der Furcht leben, die Aufnahme habe nur zum Zwecke der Auflegung neuer Steuern und der Aushebung von Soldaten statt, eine Furcht, die in der Praxis früherer Zeiten ihren guten Grund hat." Nach der Aufnahme beträgt die Gesammtzahl der Ein wohner der Municipalität 19 458. Davon sind männlichen Geschlechtes 9608, weiblichen 9850, so daß das Berhält- niß des erstem zu dem letztem wie 100:102,51 ist. Dar unter sind 7837 von den Azteken und 1735 ans Misch ehen zwischen Azteken und Spaniern stammmdc Männer; Abkömmlinge von anderen Racen sind sehr selten; es kom men demnach auf je 100 eingeborene 22,03 nicht eingeborene Männer. Es giebt 7911 eingeborene und 1913 nicht ein geborene Weiber, so daß auf je 100 der ersteren 24,51 der letzteren entfallen. Innerhalb der eingeborenen Bevölkerung kommen also auf 100 Männer 100,48, innerhalb derilicht eingeborenen 111,75 Personen weiblichen Geschlechts. Diese Daten nun geben uns zu folgenden Bemer kungen Anlaß. Zunächst fällt die Größe des Gemeindeverbandes auf. Die Municipalität begreift in sich 19 Ortschaften und 19 458 Einwohner. Das ist ein sehr ausgedehnter Bezirk. Doch ist Huexutla nicht etwa eine Ausnahme. Vielmehr erscheinen alle mexikanischen Municipalitäten groß, nament lich wenn man bedenkt, daß die Bevölkerung dünn gesäet ist und daher einen unverhältnißmäßig großen Raum ein nimmt. Nach den Reformgesetzen muß eine Municipalität