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64 Aus allen Erdtheilen. man dann auch die Bewohner der östlichen Sahara, die Tubu, zu den Negern. Nachtigal zeigt nun, daß bereits Makrisi und Leo Afri canus von einer Einwanderung resp. Einwirkung der Tubu auf die Kanuri lBewohner Bornus) reden, und diese historischen Zeugnisse begründet Nachtigal auch anderweitig. Freilich beweist Lepsius, daß die Tubusprache unzweifelhaft eine Neger sprache sei, „obgleich er zugesteht, daß sie den eigentlichen Charakter der Negersprache ganz aufgegeben habe". Anderer seits sind aber nach Nachtigal die Kanuri ein Mischvolk, bei dem vielfach die nördlichen Tubu-Elemente noch zum Vorschein kommen. „Die Kanuri sowie ihre Sprache haben ihren Aus gangspunkt im nördlichen Afrika, und zwar bei den Tubu; das Volk gehört zwar jetzt durch Vermischung und Anpas sung zu den Negern, aber die Sprache läßt den ursprüngli chen Gegensatz zu diesen noch wohl erkennen und man darf also nicht schließen: die Tubu sind Neger, weil sie sich sprach lich als nahe Verwandte der Kanuri erweisen." Ganz ist aber der Gegensatz, in welchem Anthropologie und Lingui stik in Bezug auf die Tubu stehen, nicht zu beseitigen. Sprachlich nähern sie sich den Negern, physisch, psychisch, gesellschaftlich den hamitischen Nordostafrikanern, und Nach tigal ist vorläufig geneigt, sie den letzteren selbst beizuzählen; eine Lösung, die uns mehr befriedigt, als wenn er, auf das bloß sprachliche Element bauend, sie zu den Negern gestellt hätte. — „Natur- und Kulturleben der Zulus" ist der Titel einer kleinen Schrift des in Südafrika als Arzt an gestellten vr. msä. M. Kranz (Wiesbaden, Niedner 1880), in welchem der Verfasser das kürzlich in deu Vordergrund getretene interessante Volk für ein größeres Publikum schil dert. Freilich möchten wir darin mit ihm nicht übcrein- stimmcn, daß die Zulu zu den „bis jetzt wenig gekannten" Völkern gehören, da die Literatur über dieselben doch eine sehr reiche ist. Auch möchten wir die Leser davor warnen, mit Dr. Kranz (S. 105) anzunehmen, daß gewisse Gesetze und Gebräuche unter den Zulu „auf mosaischen Ursprung hin- dcuten". Das ist unbewiesen, denn die bloße Ueberein stimmung beweist gar nichts; dieselben Sitten und Gebräuche kommen neben einander auch anderwärts vor, und der umge kehrte Schluß, daß die jüdischen Sitten von den Zulu stam men, hätte genau so viel Berechtigung. Im Allgemeinen orientirt das Schriftchen, theils hervorgegangen aus eigener Beobachtung, theils aus den Mittheilungen des dem Verfas ser befreundeten Missionärs Horner, sehr wohl über Land und Leute. Dr. Kranz stellt Englands Kulturmission in Süd afrika sehr hoch. Die Mittel dazn sind freilich nicht immer lobenswerth und das Vorgehen gegenüber Transvaal ist einfach rechtswidrige und rohe Vergewaltigung gewesen, worüber man in England sich 'ja selbst vollkommen klar war. — R. E. Flegel, welcher mit Unterstützung der Afri kanischen Gesellschaft in Deutschland eine zweite Reise nach dem Oberlaufe des Benutz angetreten hatte (s.„Globus" XXXVIII, S. 240), hat sich gezwungen gesehen, seinen Plan zu ändern, da das Missionsdampfschiff „Henry Venn", auf welchem er seine erste Reise hatte machen können, 1880 nicht wieder den Benutz hinaufging. Er beabsichtigt nun, zunächst den Mittlern Niger zu erforschen, und hat, wie er an Dr. Behm schreibt, sowohl die uöthige Erlaubniß dazu als auch Unterstützung Seitens des Herrschers von Nupe (unter 9" uördl. Br. am Niger) erhalten. „So hoffe ich denn glücklich nach Sokoto zu gelangen und, wenn nur irgend möglich, bald einen Beitrag zur Kenntniß des alten Niger zu liefern, die Karte von der Strecke Jaurie-Say. Zwar hat mich der König ernstlich gewarnt, über Jaurie (11° 15' nördl. Br.), namentlich aber über Komba (12° nördl. Br.) hinaus zu gehen, doch hoffe ich noch, daß ich es möglich machen werde. Wenn nicht, so erhalte ich in Sokoto jeden falls Briefe vom Sultan für die Quellgebiete des Benutz, und das muß mich dann trösten, da es entschieden von Be deutung für mein eigentliches Unternehmen ist." Polar-Gebiet. — Die „Royal Geographica! Society" hat es zwar abgelehnt, das arktische Projekt des Commodore Cheyne, der bekanntlich den Pol mittels Luftballons erreichen will, zu unterstützen, scheint aber neue Schritte zur Förderung der Polarforschung thun zu wollen. Es soll ein Aus schuß ernannt werden, dessen Aufgabe zunächst sein soll, alle seit Rückkehr der Nares'schen Nordpolexpedition eingelaufenen Nachrichten zusammcnzustellen. Von den Ergebnissen dieser Enqutzte wird es abhängen, ob die Geographische Gesellschaft irgend welche Schritte thun wird. — Von dem bereits früher angekündigten Reisewerke A. E. von Nordenskjöld's: „Die Umsegelung Asiens und Europas auf der Vega 1878 bis 1880" ist in F. A. Brockhaus' Verlag noch vor Schluß des vorigen Jahres die erste reich illustrirte Lieferung er schienen. Das Werk ist auf 2 Bände in circa 20 Lieferun gen (ü 1 Mark) berechnet, erscheint gleichzeitig mit der schwe dischen Ausgabe und soll noch im Laufe des Jahres 1881 zum Abschluß kommen. Es rührt aus der Feder des berühm ten Nordpolfahrers selbst her, wird die Beschreibung der gan zen Vega-Fahrt bringen, dann Schilderungen der arktischen Natur, des Klimas, des Thier-und Pflanzenlebens, derPolar- völker (Samojeden, Tschuktschen und Eskimos) und soll zahl reiche Abbildungen nach Originalaufnahmen und Karten enthalten. Dasselbe giebt aber außerdem eine historische Uebersicht der wichtigsten Entdeckungsreisen längs der Nord küsten der alten Welt, über die Fahrten von Nordenskjöld's Vorgängern, und so enthält gleich die erste Lieferung den merkwürdigen Bericht des Norwegers Othere, welcher vor etwa einem Jahrtausend die Nordspitze Europas zum ersten Male, soweit unsere Nachrichten reichen, umsegelt, und dessen Forschungen kein Geringerer als König Alfred.in seiner angelsächsischen Bearbeitung des Orosius der Nachwelt über liefert hat. Vermischtes. — Im Jahre 1870 wurde in Neuyork eine Juden- mission begründet; in Philadelphia besteht gleichfalls schon länger eine solche, und auf dem europäischen Kontinent be stehen gleichfalls einige kleine Gesellschaften zu Basel, Berlin, in den Rheinlanden, in Stavanger, in den baltischen Pro vinzen u. s. w.; alle reichen aber an Bedeutung nicht an die englischen Vereine heran. Alle diese Gesellschaften hatten 1877 ein Einkommen von 1 340 000 Mark. Sie unterhielten 220 Agenten oder einen auf je 31 000 Juden, wenn man die Gesammtzahl der letzteren zu sieben Millionen annimmt^). *) Mission Work umon^ tbo stsrvs d/ ll. ^Isxanäor in Israol's Watoliios.n. Lxril 1877, 35. Inhalt: Panama nnd Darien. VIII. (Mit sechs Abbildungen.) — Oberst Untcrbergcr's Reise in China von Ticn-tsin bis Tsching-kiang. II. (Schluß.) — Zur Ethnographie der Südsee. — Aus allen Erdtheilen: Asien. — Afrika. — Polar-Ge- biet. — Vermischtes. — (Schluß der Redaction I. Januar 1881.) Redacteur: Dr. N. Kiepert in Berlin, S. W. Lindenstraße 11, III Tr. Druck und Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn in Braunschweig.