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364 M. Eckardt: Die Salomo-Inseln. ten die weitere Zeitrechnung, wie auch die Wiederkehr der Aamsernte. Den Beginn der Jahreszeit zeigen, wie erwähnt, die Plejaden. Das „Daheim" ist auf den Salomos entschieden be haglicher eingerichtet, als z. B. auf den Hebriden. Die durchschnittliche Länge der viereckigen Familien-Wohnstätten beträgt circa 15 bis 22 m, bei 12 in Breite. Das vor springende auf Pfosten ruhende Dach ist mit Palmenblät tern oder Gras gedeckt. Die 1 m hohen Seitenwände sind aus Bambus oft in hübschen Mustern geflochten. Häufig sind vor den beiden Eingängen der Schmalseiten Veranden angebracht, die dem ganzen Bauwerk etwas Zierliches, Ge schmackvolles geben. Der Jnnenraum ist nur selten ge- theilt. Auf Isabella ist die eine Hälfte, die nur vom Häupt ling betreten werden darf, den Weibern und Kindern, die andere den Männern zugewiesen. Der Fußboden ist mit sau ber geflochtenen Matten bedeckt, ebenso die sich an den Wän den hinziehenden Bänke resp. niedrigen Gerüste, die als Lager stätten dienen. Häufig fehlen diese und schlafen dann die Bewohner durcheinander auf dem auch als Speisetisch dienen den Boden. Den weitern Hausrath bilden einige Töpfe aus rothem Thon roh gearbeitet, einige hölzerne Nackensche-' mel, sowie auf den südlichen Inseln große Kalebassen als Trinkschalen. Verzierte Kokosnußschalen dienen als Fla schen, ein gerolltes Palmenblatt als Pfropfen. Zum Auf bewahren des zum Betelkauen uöthigen Kalkes werden theil weise Bambuschachteln, die an den Seiten durch eingeritzte Linien, oben und unten durch Stückchen Perlmutter verziert sind, theilweise Flaschenkürbisse benutzt, in deren Oefsnung ein zugespitztes Holz gesteckt wird, das beim Betelkauen in den Kalk gestoßen und dann durch den Mund gezogen wird. Zum Vertreiben der Insekten, sowie auch während der nas sen Jahreszeit, brennen inmitten des Wohnraumes während der Nacht vielfach Feuer. In der Regenzeit bietet das sonst so geräumige Haus den Unbilden der Witterung nur unge nügend Schutz, ebenso ist während der trockenen Jahreszeit der Aufenthalt sehr heiß, so daß es kein Wunder ist, daß der Eingeborene, völlig nackt, wie er ist, häufig von Rheumatis men, Fieber u. s. w. geplagt wird. Fast am schlechtesten ist der HUttenbau auf Sikiyana. Hier erhebt sich das aus Kokosblättern geflochtene Dach direkt vom Sandboden. Die Häuptlingshäuser, die umfangreichen Versammlungs- Häuser und Kanoeschuppen sind besonders sorgfältig gebaut und durch Schnitzwerk, Malerei, besonders aber Schädel ver ziert. Bei ersteren ist der Dachstuhl circa 12 bis 14 Fuß hoch und durch mehrere geschnitzte Pfeiler getragen, die Länge beträgt etwa 40, die Breite 16 bis 20 Fuß. Die Bambuswände, Matten, sind noch sorgfältiger geflochten; einen besonder» Schmuck bilden zahlreiche große irdene Töpfe, verzierte Näpfe, Flechtereien und hier und da Ge wehre. Feuerholz und Sandelholz ist in einer der Ecken aufgestapelt. Schädelkultus. Auf San Christoval, Savu, Neu- Georgien und den benachbarten kleineren Inseln, unter an deren Nubiana bestimmt, wahrscheinlich auch auf der Mehr zahl der übrigen Inseln hängen im Innern der Wohnun gen häufig die Schädel hervorragender Familienmitglieder, sorgfältig mit dem Unterkiefer verbunden, von den Pfeilern herab, auf die mit möglichster Treue die Fleischtheile, die Gesichtszüge der Verstorbenen mit Thon, Harz rc. aufge tragen und nachgebildet werden. Auch die bevorzugte Be malung des Verstorbenen ist nicht vergessen. Die Zähne sind zuweilen durch Holzstücke niarkirt, die Augen durch Perlmutter. Die Schädel hervorragender Häuptlinge oder sonstiger Berühmtheiten zieren die Versammlungshäuser. Sämmtliche werden mit gewissen Kräutern eingerieben und sorgsam geräuchert. Die diversen guten Eigenschaften, die der ehemalige Träger eines solchen Schädels besaß, als er noch unter den Lebenden weilte, gehen, dem Glauben der Eingeborenen nach, auf den jeweiligen Verehrer desselben über. Er ist der Hausfetisch. Wir kommen später noch auf diesen Ahnenkultus zurück. Die Giebel der Gemeinde häuser sind durch zahlreiche Schädel und Schnitzereien ge ziert, die Pfeiler des Innern zeigen aus Holz geschnitzte Götterbilder. Die Schuppen für die Kriegskanoes sind stets sehr mannigfaltig geschmückt. Auf Wanga fand der Kommandant des „Curacao" ein solches, das mit solcher Genauigkeit geschnitzte Fischnachbildungen zeigte, daß der bekannte Dr. Günther, vom British Museum in London, sämmtliche Arten genau bestimmen konnte. Die häufigen Feindseligkeiten der einzelnen Stämme haben auf Isabel eine eigene Baukunst hervorgerufcn, die sogenannten Baumdörfer. Die zur Aufnahme von etwa 12 Personen bestimmten Hütten, „Vako" genannt, sind in dem Geäst gewaltiger Bäume in einer Höhe von 80 bis 100 Fuß angebracht. Der Stamm ist nach unten aller irgendwie entbehrlichen Zweige beraubt und völlig glatt. Eine aus Lianen oder Bambus gefertigte Leiter, die empor gezogen werden kann, dient zum Besteigen dieser luftigen Wohnung, deren Inneres einen Vorrath von Steinen und Speeren birgt, die von der vor dem Hause befindlichen Schwelle oder durch die Fallthür geworfen werden. Am Fuße eines jeden solchen Baumes ist eine andere Hütte errichtet, die zum Aufenthalt bei Tage dient. In ge wissen Distrikten derselben Insel sind zur Aufnahme von flüchtigen Stammesangehörigen, auf der Höhe schwer zu gänglicher Berge, auch durch förmliche Pallisaden geschützte Dörfer angelegt, „Tei-Taihi" genannt, die von der See aus gesehen den Eindruck kleiner Forts machen. Selbst verständlich liegen die Wohnungen überall, wo es die Natur zuließ, im Schatten der Bäume und gewähren mit ihrem säubern Aeußern, der zierlich geflochtenen Umzäunung, dem dunkelen Hintergründe und dem prächtig blauen Himmel häufig einen sehr malerischen Anblick. Die Pflanzungen liegen stets in der Nähe und sind theilweise von bedeutender Ausdehnung und mit Sorgfalt angelegt. Nams, Taro, Kokospalmen, Bananen, Brodfrucht, Zuckerrohr, süße Kar toffeln , Betelnuß, Arekapalmen sind die Hauptgegenständc des Anbaues. An Hausthieren werden Schweine und Hüh ner gezüchtet. Mehrere Dörfer stehen unter einem Häuptling, der überall sehr angesehen und stets ein großer Krieger ist. Nach ihm gilt der Rath der Aeltesten am meisten. Wie ersteren die erwähnten weißen Armringe kennzeichnen, so tragen diese auf dem Haupte zwei schöne weiße Federn, ein Zeichen der Würde. Niemand darf dieselben berühren. Die Würde eines Häuptlings ist nicht erblich, sondern wird stets nur dem Tapfersten verliehen; die Aeltesten wählen denselben. Auf Sikiyana fällt die Wahl stets auf denje nigen, der die meisten Jahre zählt. Ein gewisser Rangunterschied wird strikte innegehalten, es giebt Edle und Gemeine, Herren und Sklaven, die aus Kriegs gefangenen bestehen. Der Unterthan hat dem Häuptling von dem Ertrag der Ernte, des Fischfanges, der Beute stets einen Theil abzugeben und zwar stets den von dem Herr scher gewählten; unterläßt er dieses, wird er zum Tode ver- urtheilt. Ueberhaupt ist das Strafrecht, namentlich auf Isabel, höchst grausam und willkürlich. Wer z. B. in den Schatten eines Häuptlings tritt, verfällt dem Tode. Ist der Unglückliche reich, so kann er sich durch einen Theil seines Vermögens loskaufen. Auf einigen Inseln (Neu-Georgien, Simbo) ist die Macht des Häuptlings geringer, seine Würde