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328 Serpa Pinto's Wanderung quer durch Afrika. und Erlebnisse bringt, als auch von den Fachmännern; denn sein Inhalt an Kartenskizzen, astronomischen Positio nen und Höhenverzeichnissen ist ein überaus reicher, und bei dem Eifer nnd der Schulung des energischen Reisenden steht zu hoffen, daß seine Beobachtungen dereinst besser die Probe bestehen werden, als cs z. B. diejenigen von Stanley und vielleicht Cameron thun. Wenn Pinto auch viel von Weißen bisher nicht betretenes Land durchzogen hat, so hat er doch kein stark in die Angen fallendes geographisches No- vnm entdeckt, die Karte nicht so verändert oder bereichert, wie jene eben genannten Engländer oder wie früher Burton und Speke. Darauf kommt es aber jetzt auch weniger mehr an, als auf die Genauigkeit und Schärfe der Beob achtungen, und für die kartographische Darstellung kann es nur erwünscht sein, daß sich die flüchtigen Pionuirreisen mit ihren unsicheren Resultaten ihrem Ende zuneigen. Es ist erfreulich zu sehen, daß Pinto's Beobachtungen am Mittlern Zambesi ziemlich gut mit denen des alten trefflichen Living stone übereinstimmen, für uns bis auf Weiteres ein Beweis von nicht zu unterschätzender Bedeutung für seine Genauig keit. Im Lande der Betschuaua und am Limpopo weichen dagegen Pinto's Positionen ganz bedeutend von den bisher Bihäno-Frau, den Boden bearbeitend. angenommenen ab; Schoschong z. B., das Jahre lang ein Mittelpunkt der Missionsthätigkeit gewesen ist, legt er um 60 engl. Meilen weiter gegen Osten. Hoffentlich erhalten wir über solche Kontroversen "bald von englischer Seite eine Bestätigung oder Aufklärung. -r- * * Aus früheren Mittheilungen ist unseren Lesern bekannt, daß im Jahre 1877 von der portugiesischen Regierung drei Männer zu einer Expedition quer durch Afrika bestimmt wor den waren: der Major Serpa Pinto, der Verfasser des in Rede stehenden Reisewerkes, und die Marineoffiziere Her menegildo Carlos de Brito Capello und Roberto Ivens. Das Parlament hatte zu diesem Zwecke eine Summe von 30 Coutos (circa 134 000 Mark) bewilligt. Am 6. Au gust 1877 trafen die Reisenden in Loauda ein, um, wie gewöhnlich, die nächsten Monate mit der lästigen Beschaf fung von Trägern zuzubringen. Erst am 12. November fand der Aufbruch von Benguella ins Innere statt. Er freulich ist die Offenheit, mit welcher sich Pinto trotz seiner offiziellen Stellung gleich anfangs wiederholt über die Schattenseiten der portugiesischen Kolonialregierung aus spricht. „Wir haben zwei Armeen, die eine im Mutter lande, die andere in den Kolonien; beide stehen in gar kei ner Verbindung mit einander. Die Armee in der Heimath ist gut, weil die Portugiesen tüchtige Soldaten sind; die Kolonialarmee ist dagegen schlecht, weil die Neger, aus denen sie besteht, traurige Soldaten abgcbcu, und die weni gen Weißen, welche sich in der Armee befinden, noch ver worfener sind als selbst die Neger. Wegen Verbrechen, welche sie in Europa von der Gesellschaft ausschlossen und die bürgerlichen Rechte verlieren ließen, transportirt, widmen sie sich dem edlen Soldatenberufe; in Folge dessen sind unsere Autonomie und die Sicherheit des Staates und der Bürger in Afrika Leuten anvertraut, welche als Bürg schaft für sich nichts weiter als ein Leben voll Verbrechen oder Vergehen aufzuweisen habend (S. 34 f.) Weiterhin (S. 78) erkennt er offen an, daß die portugiesische Macht und der Einfluß in Afrika auf dem Rückgänge sich befinden, und giebt als eine Hauptursache die elende Besoldung an, welche die Chefs der Distrikte im Innern erhalten, und in Folge deren sie sich den Eingeborenen gegenüber zahllose Willkürlichkeiten erlauben. Der Marsch führte von Benguella ab zunächst südwest lich bis Dombe und dann während 12 oder mehr Tage- Ein Bihsno-Träger aus dem Marsche. Märschen (bis jenseits Quillengues) durch ödes Laud nach Südosten, von wo er bis Bihs im Allgemeinen nordöstliche Richtung verfolgte. Der Aufstieg zum innern Hochlande ist ein sehr schneller: Dombe unweit der Küste liegt 321 Fuß hoch, das nächste Nachtlager schon 1804 Fuß, das dritte 2562 Fuß. Quillengues, circa 1^ Breitengrade südöst lich von Benguella, hat schon eine Höhe von 2788 Fuß — 849 iu. Gleich jenseit dieses Punktes war eine Granit höhe von 5725 Fuß zu erklimmen, und nun hielt sich von dort an bis Bihs das Land stets in einer Höhe zwischen rund 4700 Fuß und 5500 bis 5600 Fuß. Damit hatten sie auch die Wasserscheide zwischen dem bei Dombe münden den Küstenflusse Caporolo und dem Cunene überschritten; natürlich änderte sich auch alsbald die Vegetation: der Affen- brodbaum war verschwunden; statt seiner wuchsen Farrne im Schatten der zahlreichen und verschiedenartigen Akazien, aus denen die Wälder bestanden. Die Flora wies größern Reichthum an krautartigen Pflanzen auf und namentlich an den Gräsern war die üppigste Vegetation bemerkbar. Quillengues selbst ist ein äußerst fruchtbares und reich bevölkertes Thal, welches der Calunga, wahrscheinlich der Oberlauf des Caporolo, bewässert, und wo die Portu-