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316 Die Milanows auf Borneo. war wenig Gelegenheit, da sich in der Nähe des Anker platzes kein Dorf befand ^). Die Mission, die so vielfach auf den Inseln des Stillen Oceans thätig ist, hat auf den Salomo nur an wenigen Orten festen Fuß fassen können, darüber später. Ansiedelungen resp. Faktoreien europäi scher Häuser finden sich bis jetzt nur auf Sikiyana, das Neue Mitiheilungen dürfte voraussichtlich N. v. Miklucho- Maclay, der Ansang 1880 u. a. längere Zeit auf Simbo (Eddy- stone Js.) weilte, in nächster Zeit machen. überhaupt' vielfach von Schiffen auf der Fahrt zwischen Australien und China behufs Kompaßkorrektion angclaufen wird. Einige der größeren Inseln sind jedoch mehrfach von deutschen und englischen Kapitänen besucht, auf deren Mittheilungen ein Theil des von mir gebrachten neuen Materials basirt. Agenten europäischer Häuser oder andere europäische Händler haben sich neuerdings noch auf San Christoval (Makirahafen), auf der Insel Savu (im Norden von Guadalcanar), auf Bougainville, Choiseul, Mahaga (Isabel), New Georgia und Ugi niedergelassen. Die Milanow In den kroossäinAs ok blls Uo^al 6soZraplrioaI 80- oiot^(April 1881, S. 193bis205) gicbtW.M. Crocker, welcher 16 Jahre lang in Sarüwak auf der nordwestlichen Küste von Borneo gelebt hat, einen Bericht über die phy sikalische Geographie, die Einwohner und Produkte dieses Reiches und begleitet denselben mit einer Karte des nörd lichen Borneo, welche zum Theil auf seinen eigenen Beob achtungen beruht und einen wesentlichen Fortschritt bezeichnet. Den äußersten Nordosten des Königreichs, die sogenannte Dritte Division, welche an das Sultanat Brunei grenzt, be wohnt in einer Anzahl von 20 000 Seelen das Volk der Milanows, deren Niederlassungen insgesammt nur we nige Meilen von der See entfernt liegen. Ihr hauptsäch lichstes Nahrungsmittel und Ausführungsprodukt ist Sago; 1880 wurden davon über 20000 Tonnen exportirt. Die Sagopalme gedeiht an den sumpfigen Ufern der.Flüsse über all an dieser Küste bis etwa 20 englische Meilen landein wärts; sie findet sich zwar an den Küsten von Sumatra, Cele bes, Neu-Guinea und den Molukken, doch ist Borneo als ihre eigentliche Heiniath und ihr Hauptverbreitungsbezirk anzusehen, da Saräwak allein mehr als die Hälfte von allem auf der Erde producirten Sago liefert. Da Crocker mehrere Monate lang unter den Milanows gelebt hat, sind seine Mittheilungen Uber dieses erst wenig bekannte Volk von besonderem Interesse. Sie sind desselben Ursprungs, wie die Stämme im Innern, welche noch in der denkbar rohesten Form menschlichen Daseins ihr Leben hinbringen. Die Milanows aber haben, da sie schon früh-' zeitig von Malaien zu Handelszwecken besucht worden sind, malaiische Kleidung und zum Theil auch den Islam an genommen. Sie wohnen in guten Häusern, ihre Frauen kleiden sich in Seide und tragen Goldschmuck von bedeuten dem Wcrthe; in ihren Wohnungen findet man englische Gläser, Töpfe und Messer, und sie sind in der That ver- hältnißmäßig reich. An jedem Flusse längs dieses Theils der Küste, welche oft nur vier englische Meilen von einan der entfernt sind, findet man einen verschiedenen Dialekt. Die Furcht vor den Saribas- und Jklanun-Piraten, welche in dieser Gegend beständig auf der Lauer lagen, erklärt den geringen hier herrschenden Verkehr, ehe Sir James Brooke auftrat. Die Häuser waren früher auf Pfählen von har tem Holze, etwa vierzig Fuß über dem Erdboden, erbaut, zum Schutze gegen Feinde. Manche von diesen Häusern stehen noch heute, ohne indessen ersetzt oder erneuert zu wer den , da jetzt Friede und Ordnung herrscht und die Leute ihrem täglichen Berufe nachgchen können ohne Furcht vor Piraten auf der See und kopfjagenden Dajaks auf dem Lande; heute können die Anwohner aller Flüsse, vom Red- schang bis zum Bintulu hin, frei mit einander verkehren. In ihrer äußern Erscheinung gleichen die Milanows s auf Borneo. den übrigen Stämmen im Gebiete von Saräwak und un terscheiden sich von denselben nur durch ihr viereckiges Ge sicht; die Frauen sind seltsamer Weise in den Ruf der Schönheit gekommen. Es giebt allerdings einige hübsche Mädchen unter ihnen; aber als Stamm betrachtet stehen sie an Gestalt und Regelmäßigkeit der Züge weit hinter den Malaien zurück. Sie sind von Farbe sehr weiß, aber es ist oft ein ungesundes, milchiges Weiß; da sie ihr gan zes Leben hindurch damit beschäftigt sind, den Sago aus dem Palmenmark herauszutrcten oder zu Pressen, so wer den ihre Füße breit und ihre Figuren stämmig und unter setzt. Ihre Köpfe werden in der Kindheit durch Druck abgeflacht, aber nicht dermaßen, daß sie dadurch entstellt würden. Dieser Gebrauch scheint nur bei ihnen vorzu kommen; wenigstens hat Crocker nichts über seine Existenz bei anderen Stämmen des ostasiatischen Archipels vernom men. Die Männer sind etwa von mittlerer Größe; sie tatuiren sich weder noch tragen sie irgend welchen Schmuck oder Zierrath. Sie sind milde und friedlich, ruhig und artig von Charakter; zu den Kopfjägern gehören sie nicht, wenn sie auch in ihren. Häusern noch einige Schädel aufbewahren. Gegen ihre Vorgesetzten sind sie unterwürfig, und Verbrechen kommen unter ihnen selten vor. Die ernstesten Fälle, mit welchen die europäischen Residenten zu thun haben, sind die „Betscharas" oder Rechtshändel um ihre Sagopalmlände reien. Manche unter ihnen haben große Gelehrigkeit gezeigt und selbst die englischen Buchstaben schreiben gelernt. Hoffentlich errichtet die Regierung bald Schulen unter ihnen, und es wenden sich einige von den Missionaren, welche jetzt bei den Land-Dajaks sehr wenig fruchtbaren Boden finden, ihnen zu. Unter den Milanows findet sich Polygamie; aber selten hat einer mehr als ein Weib. Ihre häuslichen Angelegen heiten sind so geordnet, daß die Arbeit unter allen Familien mitgliedern gleichmäßig vertheilt ist; sie leben dabei glücklich und zufrieden. Sie sind, ebenso wie die Dajaks, sehr aber gläubisch, glauben an Träume und Vorzeichen und richten ihre Reisen nach dem Fluge der Bögel. Ihre Religion, wenn man anders einen Glauben an gute ynd böse Geister Religion nennen kann, ist merkwürdiger Weise dieselbe, wie diejenige der Cochinchinesen. (Ob das nicht ein weiterer Beweis für Wallace's Theorie ist, daß Borneo einst mit dem Festlande von Asien zusammenhing, oder wenigstens dafür, daß die Insel zuerst von Norden her bevölkert wurde?) Sie glauben, daß das Jenseits der irdischen Welt gleicht, daß sich dort wie hier Berge, Thäler, Ströme und Seen finden, die von verschiedenen Geistern beherrscht werden, und daß es einen obersten Gott, Epoo genannt, giebt, wel cher Macht hat Uber alle Geister. Dessen Aufenthalt ver-