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von Mafaling; aber trotz seinem Kingiam (Königsbote) und dem königlichen Schreiben Mohammedu's wurde er nebst seinem Gcpäcke erst am nächsten Tage in einem Boote zur Weiterfahrt cingcschifft. Während der ganzen Zeit strömte der Regen herab; Nachtigal saß inzwischen in der Gesellschaft von Arabern, erklärten Gegnern Mohammedu's und Anhängern seines Gegenkönigs Abd-er-Rahman, die voller Vertrauen auf ihre Sache und die weitere Interven tion Sultan Ali's von Wadai waren. Dank übrigens Almas' schamloser Zunge, der sich nicht eutblödcte, gegen Mohammcdu in aller nur erdenklichen Weise loszuziehen, wurden sie bald Nachtigal's beste Freunde und eröffneten ihm mit rührender Naivetät ihre Gefühle, Ansichten, Pläne und Hoffnungen. Unter ihnen war eine interessante Er scheinung ein verwilderter Araber. Derselbe, ein noch junger Mann, lebte seit seiner Kindheit unter den Küang, trug unter der zerissencn Tobe das in seiner neuen Hei- math landesübliche Fell, hatte das Haar in der koketten Weise der dortigen Stutzer geflochten und offenbar in Hal tung und Bewegung viel von den Heiden angenommen. Nur die Sprache, welche diese Araber ja inmitten einer durchaus heterogenen Welt so lange Jahrhunderte in ihrer Reinheit erhalten haben, blieb auch ihm das Band, das ihn an die Seinen knüpfte. Endlich wurde Nachmittags 4 Uhr die Stromfahrt an- getretcn und noch bis gegen 8 Uhr gerudert, um eine Fischcreistation zu erreichen, wo man auf^Gastfreundschaft, Brennholz und frische Fische rechnen konnte. Der Rei sende mußte den ganzen Rest seiner Energie aufbieten, um an diesem und den folgenden Tagen den Wünschen und Vorwänden seiner Bootführer nicht nachzugeben und in jedem Dorfe, wo sie auf eine Mahlzeit rechnen konnten, nicht liegen zu bleiben. Am ersten Tage legten sie jedoch, wie gesagt, eine ansehnliche Strecke zurück, wurden von den Fischern nicht unfreundlich empfangen und bcwirthct und erhielten sogar am Morgen noch zwei große, frisch- Marsch über ansgcweichtcn Thonboden. gefangene Fische mit auf den Weg. Auch am zweiten Tage erreichten sie noch ihr Ziel, Baingana, obgleich der Reisende bei jedem Dorfe heftige Kämpfe zur Fortsetzung der Fahrt durchzufechtcn hatte. Denn solche Fahrten, welche die Eingeborenen auf Befehl des Königs ohne jeden Ent gelt unternehmen müssen, werden derartig gemacht, daß Boot und Bootführer in jedem kleinen Dorfe gewechselt werden' was natürlich unendlichen Zeitverlust und Weit läufigkeiten mit sich bringt. Zwischen Mafaling und Baingana hat der Schari an fangs die Richtung W.-N.-W., später N.; er ist voller Un tiefen und Sandinseln und wimmelt von Flußpferden und Krokodilen. Bor Baingana erreicht die Jnselbildung ihre Höhe; cs waren zum Theil flache Inseln, zum Theil aber auch höhere, voller Gräser und Schilfrohr, und dann von großer Ausdehnung. Bon Baingana an ging die Weiter reise nur mit großer Langsamkeit von statten, und der ewige Kampf, den Nachtigal mit den Ortsvorstehern und Boots führern auszufechten hatte, nahm ihm alle Ruhe und allen Appetit. Am 20. August Vormittags erreichte endlich die Flußfahrt inBugoman ihr Ende. Er wohnte dort wieder in demselben Hause, wie bei der Hinreise; doch hatte sich die Gastfreundlichkeit des Besitzers seitdem nicht unwesentlich vermindert. Nachtigal machte daselbst einen kurzen Aufent halt, um Kräfte zu sammeln, während die meisten Glieder der Karawane ihren Weg schleunigst fortsetztcn; denn es entflohen immer mehr Sklaven, je weiter man sich von ihrer Heimath entfernte. Die ewigen Anstrengungen bei beständigem Hnngcrn brachten sic zur Verzweiflung, und da sie nicht wissen konnten, ob solches Leben nicht etwa noch ein halbes Jahr fortdauerte, so zogen sic vor, im crstcn besten Dorfe in die erste beste Hütte zu treten und dort zu bleiben. Der Besitzer jagte sie gewiß nicht fort; vielmehr suchten die Einwohner überall kleine Sklavcnkindcr zur Flucht zu verleiten. Erst die reichlicheren Mahlzeiten in der Nähe von Kuka und die kurzen Märsche der letzten Tage minderten die Zahl der Flüchtigen. Von Bugoman aus nach Logon hielt sich der Reisende etwas östlich von dem Wege, den er früher eingcschlagen hatte. Anfangs gcrieth er in eine wasserreiche Niederung; später marschirte er fast stets zwischen üppigen Getreidc- seldcrn, in denen Durra vorwaltete. Die Eingeborenen 39*