Volltext Seite (XML)
Carl Berghoff: Notizen über die nubischen Wüstenbewohner Ababdch und Bischarib. 301 befindet, würde durch derartige Anlagen die heute bestehende vollständige Abhängigkeit des cyprischen Landwirthes von dem Mehr oder Minder des doch immer zu spärlichen Regen falles bedeutend abgeschmächt werden. Ein Wasserrad von dem angegebenen Werthe bewässert 80 Donums (1 Do- num — 50 gm) Getreideland oder 40 Donums Gartenland. Eine gründliche Reform des Steuerwesens, in dem Miß stände bestehen, wie sie wohl nur unter türkischer Herrschaft sich ausbilden können; eine Regulirung des Landbesitzes — denn cs giebt heute kaum einen Eigenthümer auf Ey- pcrn, der nicht schon mit Hülfe der korrumpirten türkischen Beamten und zuletzt bei Gelegenheit der Umwälzung in der Verwaltung seinen Besitz willkürlich vergrößert hätte —, endlich die Einrichtung von Distriktschulen, in denen die englische Sprache gelehrt werden muß und die Regelung der kirchlichen Forderungen an das Volk: dies würden im Großen und Ganzen die Hauptaufgaben der britischen Regie rung in den nächsten Jahren sein. Die Grundbedingung aber zu wirklichem Gedeihen des Landes, das England nach Baker's Meinung nie wieder aufgcbcn darf, ist die unter allen Umständen auzustrcbende und mit allen Mitteln zu versuchende Klarlegung des Besitzrechtes, das Aufhören des unerträglichen Zustandes, in dem Cypern kaum etwas an deres ist, als eine leichtsinnig übernommene Besitzung, die mit so großen Hypotheken belastet ist, daß die Einnahmen vollständig für Zinsen aufgehen, und nichts für Verbesse rungen und zur Weiterentwickelung übrig bleibt. Notizen über die nubischen Wilstenbewohner Ababdeh und Bischarib. Von Carl Berghoff in Chartum. II. Was dem Fremden zuerst und am meisten auffällt, ist die phantastisch excentrische Haarfrisur, in welcher ein langer hölzerner Stocher, ein Kammsurrogat zum Frisiren, Kratzen und Schaben der Kopfhaut steckt; derselbe dient nicht, wie andere Reisende von einander gegenseitig abschreiben, zur Ruheftiftung unter den dort hausenden Insekten, da der Zu stand der Fettung und Ordnung so leicht keine Ansiedelung von Ungeziefer znläßt. Kein BischLri läßt sich den Kopf scheercn oder trägt eine Kopfbedeckung, mit Entrüstung weist er solche von zelotischen Moslim gestellte Versuchun gen zurück. Niemals bemerkt man unter ihnen irgend welche Art Tatuirungen oder Narben, die doch beim ansässigen Nubier und sogenannten Sudan-Araber unvermeidlich sind. Atle sind dagegen beschnitten; angeblich ist auch die Circum- cision und Jnfibulation des weiblichen Geschlechts gebräuch lich. Kleidung braucht der nubische Nomade wenig, eine bis zu den Knien reichende weite Hose von grobem Baum wollenzeug i) und ein eben solches Tuch, um es um den Oberkörper zu wickeln und Nachts als Schlafdecke zu gebrau chen; bei Märschen wird es gewöhnlich um den Leib gegürtet. Ein eben solches nur größeres und wohlgefaltetes Tuch macht die Bekleidung der Weiber aus, Mädchen tragen den nubischen Lederfranzengürtel (arab. RLolmck), Kinder unter acht Jahren sind unbekleidet. Di?"HMrMcht des weiblichen Geschlechts besteht aus einer Unzahl kleiner, nach hinten gelegter, bis zum Nackenende hcrabreichender Zöpfchen; ähn lich wie bei den Barabra und anderen Nubiern. Als Schmuck, der nur dem weiblichen Geschlecht zukommt, sind beliebt: elfenbeinerne und hörnerne Armringe, silberne auch goldene Bein-, Ohr- und Nasenringe, ferner Achatzierrate und weniger Glasperlen. Selten sieht man einen Bischäri unbewaffnet, die üblichen Offensivwaffen sind: ein oder mehrere breitblättrige fast mannslange Wurfspeere resp. Lanzen, ein gerades mächtiges Schwert deutschen Ursprungs, das gewöhnlich am Riemen über die linke Schulter gehängt, auf dem Kameel aber am Sattel befestigt wird. Zur De fensive wird gebraucht ein rnnder Schild aus Ochsen- oder O^lus DLmur. einem inländischen, von den Barabra fabri- cirten Stoffe; derselbe dient ini Sudan als Kleidung der nie deren Klassen, der Soldaten, Nomaden, Sklaven. Es wird auch als Segeltuch gebraucht und ist sehr fest und dauerhaft. Nilpferdhaut, ferner ein säbelförmig gebogener fester Stock, um anfliegcnde Speere abzupariren, der außerdem auch als Wurfwaffe verwendet, gewöhnlich aber zur friedlichem Be stimmung des Kameelantreibens dient. Das kurze, krumme, spitzenlosc Messer, welches man gewöhnlich im Gürtel dieser Leute sieht, ist durchaus keine Waffe, sondern wird nur zu harmlosem Holz- und Grasschneiden, zu Küchenzwccken und dergleichen verwendet. Oft führen die jungen Leute unter sich Scheinkämpfe auf; ernstliche Zwistigkeiten, die bei ihrem Aufbrausen nicht selten sind, arten aber auch leicht in Blutvergießen aus. Blutrache ist ihnen heilig. Alle Behausungen, die ich sah, selbst solche, die ständige Wohnplätze zu sein schienen, waren Hütten oder vielmehr Zelte von über Stangen und Baum ästen gespannten Matten (Sudanarabisch Lrüseb genannt; als Material dienen Dumpalmenblätter).^Doch sehen wir uns ein solches Zelt näher an! Zuerst vor der Thürösf- nung hängt in einem Strauche eiu großer thönerner Krug, (Sudanarab. Burma), der die Bestimmung hat, das Trink wasser zu klären uüR zu kühlen, daneben ist die Feuerstelle; auch haben dort die flachen Mehlreibsteine ihren Platz. Ein tretend ins Zelt gewahrt man zuerst rechts neben dem Ein gänge das AngarLb (Ruhebett) des Hausherrn, worauf der selbe gewöhnlich in einer unbeschreiblich faulen Stellung "auf dem Bauche liegt und den Besucher auglotzt; neben ihm hängt sein Schwert, Messer, Schild, und lehnen seine Lanzen. Links liegt das Geschirr, die Geräthe zur Speise bereitung, einige runde unglasirtc Thontöpse ohne Henkel, eiserne Pfannen, Kürbißschalen und Butter enthaltende große schmutzige Kürbißflaschen, durch einen aufgebundenen ledernen Stöpsel geschlossen. Die Hintere Hälfte des Zel tes ist durch eine Art Scheidewand, die aus einem aufge- hängteu unbeschreiblich groben Zeuge von dunklen Kameels- haaren besteht, abgeschlossen. Dahinter haust das Eheweib oder deren zwei, jedoch nicht mehr; dorthin verkriechen sich die hoffnungsvollen splitternackten Sprößlinge, welche sofort Angesichts des Fremden das Hasenpanier ergriffen. Ge wöhnlich sind die Bischarib mit zahlreicher Nachkommenschaft gesegnet, da sie, wie fast alle afrikanischen Völkerschaften, deren Erzeugung als einzigen Lebenszweck ansehen. Die i kleinen braunen Burschen mit ihrer eigenthümlichen Haar-