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mit Weib und Kind, Roß, Wagen und Zelten zwischen den einzelnen Ortschaften hin und her ziehenden Schmiede, Kesselmacher und zugleich Roßtäuscher als die größten Diebe bekannt sind. Die schwarzbraunen Gesichter, das fett getränkte, schwarze Haar, unter dem die kühnen, spitzbübischen Augen mit gewohnter Falschheit und verschmitzter Arglist hervorstechen, der orientalische Schnitt des Gesichtes geben ihnen einen eigenthümlichen Zug. Es herrscht offenbar ein Unterschied zwischen den vorhin erwähnten Koritari (Mulden machern) und diesem Lottergesindel; die Racen müssen zweierlei sein; das zeigt sich nicht nur in der ernsten, würde vollen Ruhe der Koritari, sondern auch im Schnitt des Auges und der Züge derselben im Gegensätze zu dem lauern den Lugen, der Verstellungskunst und Unschuldigthuerei sowie der rastlosen Beweglichkeit der Kotlari (Kesselschmiede). Freilich müßte man ihre, wenn sie Wichtigeres verhandeln, halbgemurmelte Sprache verstehen, um sie beide besser beur- theilen zu können. Außer den Zigeunern durchstreifen auch einzelne bosnische Bärentreiber das Land. Terezovac ist ein freundlicher Ort, den namentlich nebst der schon erwähnten Allee eine zweite von präch tigen Platanen ziert, welche an der von hier nach Cabuna führenden Poststraße eine halbmeilenlange Ausdehnung hat. Vor Cabuna begrüßten mich die Düfte eines Wassertümpels, in den die Landleute eines nahen Dorfes Hanf oder Flachs zur Beize eingelegt hatten, und aus einem zweiten ragten die Köpfe einer darin lagernden Büffelherde hervor. Man verwendet diese Thiere zum Zuge, meist nur auf den Jan- kovio'schen Gütern. Von Cabuna bis Slatina führt die Poststraße wieder am Fuße schöner Weinhügel hin und ist, einige sanfte Steigungen ausgenommen, eben und gut. Be sonders reich an Weingärten ist der Marktflecken Slatina. Der Ort gehört zur Schaumburg-Lippe'schen Herrschaft Veröce und dehnt sich eine halbe Meile weit zu beiden Sei ten der Straße hin aus. Nur der Platz gewährt größern Raum. Die große Menge und Ausdehnung der fürstlichen Weinberge ließ eine Champagnerfabrik entstehen, die ziem liche Mengen Schaumweines erzeugt und nach allen Seiten versendet. Die Weinkultur ist hier gut gepflegt und der weiße Wein und Schiller vortrefflich. Die blaßrothe Traube, Dinka genannt, entwickelt einen besonders angenehmen aro matischen Geruch und Geschmack. Die Ortschaften, die bis her und weiter bis Bukovica zu passireu sind, bilden eine einzige Gasse und sind ziemlich groß. Die Bauernhäuser haben gewöhnlich ein Strohdach und sind weißgetüncht; viele weisen farbige Zierrathen, sternförmige Figuren oder links und rechts an den Fensterstöcken gemalte Blumentöpfe und Blumen auf; oft ist ein am obern Fensterrahmen hervor ragendes, geschnitztes Brett mit einer Reihe rother Paradies äpfel oder winziger, gelber Kürbisse belegt. Eine Schnur grünen türkischen Pfeffers hängt zum Trocknen unter dem Dachfirste. In den Häusern älterer Bauart sucht sich der Rauch seinen Weg durch das Strohdach, welches er mit der Zeit rußschwarz beizt, trotzdem ein zierlich geschnitzter Rauch fang das Dach überragt. Ein im Gange vor der Küchen- thür an einen der Pfeiler genagelter halbrunder Bretter kasten dient zur Aufbewahrung des Geschirres. Um den niedrigen Herd, auf dem ein tüchtiges Feuer flackert, sitzt die ganze Familie im Kreise oder umringt, auf dem Boden und niedrigen Schemeln hockend, eine Schüssel, aus welcher sich Zeder seinen Antheil langsam zu Munde löffelt. Die Straße von Slatina bis Bukovica ist eben; hier jedoch windet sie sich durch den Ort Hügel auf und ab. Bor dem Wirthshause und dem katholischen Pfarrhofe — die Kirche liegt weiter rückwärts am Graben des im Jahre 1301 be festigt gewesenen, nun verschwundenen Paulinerklosters — hatten Lebzelter, Opanken- >) und 6izmenmacher, sowie auch Kaufleute ihre Leinwandzelte und Buden aufgespannt, Töpfer ihre Waare auf dem Erdboden ausgelegt. Es war Kirchtag. Festlich geputzte Bauern strömten von und zu den Zelten. Namentlich die jungen Bursche und heirathslustigen Mäd chen umkreisten die Buden. Ein Kirchtag ist es, an dem die im Busen schlummernden Gefühle durch Geschenke bekräftigt oder auch zum ersten Male geäußert werden. Der Bursche führt seine Schöne, um die er zu werben gedenkt, unter ein Zelt und macht hier Einkäufe für die Verschämte. Weist sie die angebotenen Geschenke zurück, oder will sie ihm zur Bude gar nicht folgen, so ist er mit seiner Bewerbung abgewie sen und mag sein Glück bei anderen versuchen. Nimmt sie aber das Gebotene an, so giebt sie damit zu verstehen, daß er gefällt und bei ihren Eltern um sie anhalten könne. Er führt sie darauf zum Lebzelter und bewirthet sie mit Meth, einem in der Podravina sehr beliebten Getränke. Die Mädchen tragen, wie mit wenigen Ausnahmen in ganz Slavonien, so auch hier weiße, mit rothen oder blauen Stickereien ge zierte Skute, ein Kleidungsstück, das Hemd und Frauenrock zugleich ist; ferner den farbigen Gürtel (Pojas) und im Haar gewöhnlich gelbe Strohblumen. Eitlere pflegen auch die krummen Schwanzfedern der Enteriche rings herum um die Stirn aus dem glatt angekämmten Haar hervor gucken zu lassen. Schönen Gesichtern steht das neckisch. Rückwärts ist das Haar stets in einen sehr breiten, flachen Zopf geflochten und mit einem gelben Kamme aufgesteckt. Feine Seidentücher verhüllen den Busen; eine seidene Schürze — Aermere tragen solche von Kattun — vollendet die Toi lette , welcher weiße Halsperlen und silberne große Ohr gehänge die Krone aufsetzen. Die Bursche, welche auf Wer bung ausgehen, kleiden sich besonders aufmerksam. Das Hemd und die weiten, bis zur halben Wade reichenden Hosen sind von weißem Linnen, mehr oder minder reich mit Woll stickereien und Schnurwerk besetzt. Die Brust bedeckt eine schwarze Tuchweste, deren Rückenstück über und über mit gelben, flachen Knöpfen besetzt ist. Am Hute prangt ein Busch künstlicher Blumen und ein Band, von dicht anein ander gereihten Zinkschnallen weißglänzend. Die Stiefel absätze sind wo möglich an den Rändern mit einer blank- polirten Fassung von hellgelbem Messingblech beschlagen und haben rückwärts und an den beiden Seitenkanten einen bis zur Ferse reichenden spornartigen Ansatz. Ein weiß und roth gewebtes, quadrirtes Taschentuch, das in ein Westenknopfloch gebunden und durch ein Aermelloch gezogen neben dem Arm weit herabhängt, macht den Burschen unwiderstehlich. Nur der Gürtel zieht die Taille zusammen, die Schulter ist jedoch heute frei. Die Bauern in Slavonien Pflegen nämlich sonst immer die Torba zu tragen. Es ist das eine, gewöhnlich lederne, Tasche, die auf schmalem oder auch äußerst breitem ledernen Riemen um die Schulter gehangen und getragen wird und von der sich der Bauer sehr selten trennt, da in ihr Messer, Feuerstein und Schwamm, Brot, Käse, Tabak und selbst die Schnapsflasche mitgenommen wird. Im Hofe des Wirthshauses tanzte die Jugend nach den Klängen des Dudelsackes das Kolo. Die Tanzenden stehen im Kreise um den Musikanten, der, den Hut schief in die Augen gedrückt, unermüdlich ist. Seine Töne elektrisiren den Tänzerkreis; die linke Hand jedes Einzelnen ruht im Gürtel des Nachbars, die rechte umschlingt den Nacken des zweiten; oder alle umschlingen sich und das Ganze beginnt in die Runde zu stampfen und sich zu drehen. Obgleich I Der Opanak ist ein pantoffelähnliches, mit schmalen, langen Riemen oberhalb des Knöchels kreuzweise an den Fuß gebundenes Bejchuhungsstück.