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Die Wege aus dem russischen Turkestan nach Merw. Oberst Majew zufolge, von Karschi direkt 112 Werst lang an den bittern Brunnen Nischan (28 W.) und Sansulak (48 W.) vorüber zur Stadt Kerki (36 W.), ein brauch barerer, aber 156 W. langer von Karschi über Jangi-kent (24 W.) nach Huzar (l6 W.) und dann an den Brunnen Kerkintschak (32 W.), Gurtschak (32 W.) und Sansulak (16 W.) vorüber nach dem noch 36 Werst entfernten Kerki. Der wichtigste Weg endlich, die 131 Werst lange Straße von Karschi über Schirin-dshui (21 W.), De nan (22 W.), den Brunnen Alang (18 W.), die Sar- doba *) Tschil-gumbez (18 W.) und den Brunnen Tasch- kuduk (24 W.) nach der Stadt Burdalyk (28 Werst), die geradeste Verbindungslinie nach Merw, soll im Folgen den noch genauer beschrieben werden. Bon Karschi bis gegen Denau führt der Weg zwischen Aeckern und Gemüsefeldern hin, man findet reichlich Brun nenwasser , das süß und der Gesundheit nicht schädlich ist; fließendes Wasser aber fehlt, die vorhandenen Bewässerungs gräben erhalten nur bei sehr hohem Wasserstande des Kasch- ka-darja (Ende Mai und Anfang Juni) Wasser. Dieses Mangels wegen sind aber die Bewohner um so mehr auf das Graben von Brunnen bedacht gewesen. Auf dem Wege berührt man die Orte Mitan (4 Werst vom End punkt der Gärten von Karschi), Kalla - kurgan (4 W. von Mitan), 6 W. weiter liegt Zar-kunak, und nochmals 7 W. entfernt Schirin-dshui. Von dort erreicht man zu nächst Tschim-kurgan (3 W.), dann den großen Ort Kazwi (7W.) mit einem alten Hünengrabs (Kurgan); 12 W. weiter liegt das ebenso große Denau, der Sitz eines Amljakdar. Zwischen Kazwi und Denau wechseln die Ackerfelder schon mit Streifen unfruchtbaren Steppenlandes, die nur Di steln tragen. Hinter Tschandyr (?) beginnt die lehmig-salz haltige, leicht gewellte Steppe. Alang ist eine Gruppe von Brunnen mit vorzüglichem frischen Wasser, die in kurzen Abständen von einander entfernt liegen. Die Brunnen sind innen mit gebrannten Ziegeln ausgesetzt und mit einer Lehmeinfriedigung umgeben, in der eine Rinne für die Viehtränke angebracht ist. Die Brunnen sind 56 Schritte tief, Krüge und Schläuche werden mittels einer Block winde in dieselben hinabgelassen. Von Alang bis zur Sar- doba Tschil-gumbez (18 W.) führt der Weg durch welliges Steppenland, das mit verschiedenartigen Pflanzen bedeckt ist, wie sie die nicht flugsandhaltige Steppe charakterisiren. Die Gegend ist aber durchsetzt mit Sandstrichen, welche nur schmal und nicht eben hoch, fast immer senkrecht zu der herr schenden Windrichtung liegen. Von Alang an macht sich der beständige heftige Luftzug geltend, der aus dem nördli chen Theile der Steppe nach dem südlichen, sandigen hin weht und in den Sommermonaten vom Mai bis August als „Harmsir" besonders erhitzend und erschlaffend wirkt. Die Sardoba Tschil-gumbez ist ein kuppelartigcr Bau, in dem Schneewasser während des ganzen Sommers frisch erhalten werden soll. Die Cisterne ist in einer kleinen Vertiefung angelegt und fest aus gebranntem Ziegel erbaut. Die zum Wasser hinabführende Treppe ist mit der Zeit zerbröckelt und bietet jetzt nur einen sehr steilen Abstieg. Der Zugang zur Sardoba ist mit einer Lehmwand umgeben, damit nicht Thiere in dieselbe hineinfallen; auch führt man die Pferde u. s. w. nie hinter diese Wand, schon damit sie nicht das Wasser verunreinigen. Diese Regel wird ohne jede Uebcrwachung und ohne Bekanntmachungen allseitig be folgt. Jeden Winter füllen die in der Steppe nomadisiren- den Jllibai-Turkmenen die Sardoba bis obenhin mit Schnee, und das Schneewasser erhält sich den ganzen i) Schneewasser-Cisternen, Beschreibung s. unten. Sommer und Herbst über frisch. Oberst Majew fand Ende August die Sardoba noch ziemlich gefüllt und das Wasser ohne jeden Anflug von Verdorbenheit oder von Blühen, wie es auf offen daliegenden Wasserflächen sich gewöhnlich zeigt. Von Tschil-gumbez nach dem Brunnen Tasch-kuduk (24 Werst) führt der Weg anfangs über harten kieshaltigen Boden, der leicht gewellt und hier und da von Sandhügeln durchschnitten ist; weiter südwärts geht der Kiesgrund in salzhaltigen Boden mit dem einem solchen charakteristischen Pflanzenwuchseüber; 16 Werst von der Sardoba beginnende Sanddünen (noch nicht der Flugsand). Hier an der Grenze der Sandzone ist ein Brunnen Masa-kuduk angelegt, dessen Wasser zwar bitterlich, aber zur Tränke für Pferde und Hornvieh brauchbar ist. Um diesen Brunnen versam melt sich im Frühjahr die zahlreiche nomadisirende turkme nische Steppenbevölkerung, die für den Sommer nach Bur dalyk und überhaupt zum Ufer des Amu herunterzieht. 8 Werst weiter liegt an einer ebenen Stelle rings von Sanddünen eingeschlossen der Brunnen Tasch-kuduk; auch dieser hat bitterliches Wasser, welches jedoch die Pferde gern trinken. Ueberhaupt ist das Wasser aller Brunnen in diesem Theile der Steppe mehr oder weniger bitter, doch findet man stets gutes süßes Wasser auf wenige Arschin (1 Arschin — 0,71 m) Tiefe unter dem Sandboden; dieses Wassers bedienen sich sowohl die hier nomadisirenden Jllibai- Turkmenen als alle Durchreisenden. Die Gegend von Tasch- kuduk erinnert in ihrem Charakter wie in ihrem Wasser reichthum vielfach an das aus dem Feldzüge gegen Chiwa wohlbekannte Adam - krylgan. Zwischen Tasch - kuduk und Burdalyk (24 Werst) ist der Charakter der Landschaft derselbe wie auf der zuletzt beschriebenen Strecke. Der Weg windet sich zwischen den Flugsandwellen hin, die mit Aus nahme einiger hellgrüner Disteln jedes Pflanzenwuchscs entbehren. Diese spärlichen Disteln werden von den Pfer den nur ungern gefressen. Die Sandwellen haben ihre be kannte hufeisenförmige Gestalt, die Rundung stets der herr schenden Windrichtung zugekehrt, sanften Anstieg auf der einen, steile Abfälle auf der andern Seite. Um letztere, von denen man nur schwerwieder herabkommt und die man erst sieht, wenn man sie dicht vor sich hat, zu vermeiden, schlängelt sich der Weg in den Einsenkungen hin und berührt nur die äußersten niedrigen Enden der Sandhügel. Wie auf der vorigen, fo ist auch auf dieser Strecke im Sommer wäh rend der Stunden des Nordostwindes der Marsch im höch sten Grade beschwerlich. Am Wege selbst liegt 16 Werst von Tasch-kuduk ein Brunnen Baigusch-kuduk, einige andere mehr seitwärts; überall aber findet man beim Graben reichlich Wasser. Bei Baigusch-kuduk beginnt ein 2 Werst langer Salzmorast, der ganz frei von Sandwellen ist. Südlich davon aber tritt man wieder in die Flugsandzone, die sich 8 Werst weit bis zum Kreuzpunkte des Weges nach Naruzym er streckt. Am Ende dieser Zone erheben sich mächtige Bäume (popukus ckivsrsitoUs,) und hohe Tamariskensträuche, die jedoch vom Sande schon halb verschüttet sind. Hier ist recht deutlich zu erkennen, wie der Sand allmälig das Land bedeckt und alle Kultur auf dem rechten Ufer des Amu in nicht ferner Zukunft mit völliger Vernichtung bedroht. Diese fortschreitende Zerstörung der Kultur zeigt sich auch darin, daß in der ganzen Steppe zwischen Karschi und den Städten am Amu sich breite festgestampfte Wege mit einge drückten Radspuren befinden, auf denen ersichtlich vor nicht allzulanger Zeit ein lebhafter Verkehr stattgehabt haben muß (wie das auch die sorgfältige Anlage der Brunnen, der Sardoba und die Trümmer eines Karawanserai bei der letz- 34*