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Missionar I. W. Thomas: Sitten und Aberglauben auf Nias. der Beobachtung, daß sowohl die Helle wie die dunkele Be völkerung Deutschlands nach der Schädel- und Gesichtsbil dung verschiedene Racenmcrkmale zeigen. So finden wir bei den hellfarbigen Deutschen einen Langschädel mit schma lem Gesicht, den sogenannten fränkisch-alemanischen Typus, und einen Langschädel mit breitem Gesicht, welcher mit dem von Davis und Thurnam als „altbritisch« bezeichneten über einstimmt, bei den dunkelfarbigen Deutschen ist der Schädel dagegen brachycephal und zwar gleichfalls bei den einen mit schmalem, bei den anderen mit breitem, niederm Gesicht, welch letztere Form die französischen Anthropologen mit den Namen des „Mongoloiden-Typus« belegen. Sitten und Aberglauben auf Nias. Von Missionar I. W. Thomas in Ombolata auf Nias (Niederländisch-Indien). Was die Niasser von Träumen halten. „Träume sind Schäume!« sagt das Sprichwort. Auch die Niasser sagen das, wenn sie von Dingen träumen, von denen sie Tags vorher sprachen oder die Tags vorher einen besondern Eindruck auf sie machten. Ist das aber nicht der Fall, so halten sie sehr auf Träume; obgleich es auch bei ihnen Ausnahmen giebt; d. h. es giebt Leute, die mit Sirach sagen: „Träume betrügen viele Leute,« weil die Er fahrung sie gelehrt hat, daß Träume unwahr sein können. Wenn sic von unerwarteten Dingen träumen, oder wenn sie sich des Abends schlafen legen um zu träumen, weil sie am folgenden Tage etwas zu thun vorhaben, oder, weil sie heute etwas begonnen haben und nun durch einen Traum erfahren wollen, ob sie Glück oder Unglück bei dem Unter nehmen haben, so halten sie solche Träume für eingegeben. Wer aber die Träume eingiebt, darüber sind sie sich nicht recht klar, und darin gehen die Ansichten sehr auseinander. Ich habe Leute getroffen, die sagten, daß die Träume herrührten von den Ahncngötzen (d. h. demnach von den Ahnen, indem diese vermöge des alolos. äoäo (Extrakt des Herzens) in den Bildnissen wohnen sollen); andere sagen von Barasilu- luo, andere von dem Uala'ika. Andere wieder sagen Lowa- langi gäbe die Träume mit guter Bedeutung und ein Bechu die mit schlechter Bedeutung, die Unglück prophezeienden Träume. Letzteres scheint mir aber nicht der Fall zu sein; denn nach ihrem ganzen Religionssystem muß ein Menschen freund und kein Menschenfeind die Träume herbeiführen. Er zeigt ihnen ja im Traume an, ob sie bei der betreffen den Sache oder dem Unternehmen Segen oder Unglück haben werden, 'oder wenn ihnen ein Unglück bcvorsteht. Segen prophezeiet er ihnen, indem er ihnen gute Bilder im Traume vorführt, und Unglück durch schlechte Bilder. Es müßten dann die Niasser Bechus den Nihilisten in Rußland glei chen, die auch ihren ausersehenen Opfern vorher Bescheid sagen. Aber das wäre hier schlecht angebracht, weil die Niasser opfern könnten, wenn sie einen bösen Traum ge habt hätten, und dann hätten die Bechus verloren, weil die durch die Opfer gewonnenen Adus stärker sein sollen als die Bechus. Träume mit schlimmer Bedeutung sind folgende: Wenn sie träumen, daß sie ihre Schweine geschlachtet haben, so hat sie (die Hausbewohner) Lature geschlachtet, d. h. sie werden sterben. Ebenso werden sie sterben, wenn sie träu men, daß eins ihrer Messer entzweigegangen, oder einer ihrer Kokosbäume durchgebrochcn, oder ihr Haus eingestürzt ist, oder sie eine Schüssel, oder Teller, oder Lanze zerbrochen haben; oder wenn sie von Salz träumen. Krankheit bedeutet, wenn sie träumen von starken! Wind, von Fluth, daß sie ein Stück Schweinefleisch erhalten, daß sie nahe beim Feuer sind, daß sie gekitzelt werden (was ein Bechu thun soll), und wenn sie von Seefischen träumen. Dem Gericht verfallen sie durch eine große Sünde, wenn sie träumen von Schlangen, oder Affen, oder Gürtel- thieren, oder wilden Katzen, oder ö'ö (einer Eidechsenart), oder Auswurf, oder daß sie ein Tausendfuß beißt oder eine Koto (eine Jnsektenart) sticht. Träumen sie von rothem Tuch, so bedeutet das Blut, und es wird jemand aus dem Hause ermordet; träumen sie von einem Muschelarmring, so werden sic in den Block ge steckt; träumen sie, daß sie nackt seien, so stirbt jemand aus dem Hause oder sie kommen vor Gericht, oder die Wildschweine fressen ihre Pflanzen; träumen sie, daß Wild schweine in ihr Feld einbrcchen, so bedeutet es, daß Feinde ihre Köpfe holen oder sie bekriegen; wenn sie träumen, daß sie eine Lampe anstecken, so bedeutet das Streit; träumen sie, daß ihre Kopfhaare abrasirt werden, so wird Lature ihre Haare (d. h. die Borsten seiner Schweine) abschneiden, und sie werden sterben. Denn wenn die Niasser ein Schwein schlachten, so schneiden sie erst etwas Borsten ab, die den Ahncngötzen dargebracht werden, und nun glauben sie, daß es auch Lature so mit ihnen, d. h. seinen Schweinen, mache. Wenn sie träumen, daß eine Trommel (xong) ge schlagen, so bedeutet das eine Todtenklage, also Sterben. Lachen im Traume bedeutet Weinen und Weinen Lachen. Träumen sie. von Kupferdraht, so bedeutet das eine lange Streitsache, oder von Reis, so bedeutet das Würmer am Leichnam, also Sterben. Träume von Leinwand bedeuten ein weißes Gesicht, d. h. mau wird blaß werden vor Scham über irgend eine Sache. Träume von guter Bedeutung sind folgende: Klares Wasser; was ein Bild ist der Herzenszufrieden heit mit den Erfolgen. Beim Feld z. B. bedeutet es reiche Erntc. Kotosnußsetzlinge; sie sind ein Bild des Alters und der Fortpflanzung des Geschlechtes und zwar durch kluge Sprößlinge. Fische im Süßwasser oder große Fischerei sind Bilder des unaufhörlichen Nehmens. Träumen von leimartigem Baumsaft ist auch ein Bild des Nehmens, d. h. es hängt ihm an. Träumt einer vom Götzen Golu, so wird er adelig (heißt auf Nias so viel als reich werden). Auf Träume wird geachtet beim Wählen eines Bauplatzes, eines Feldes, eines Kinderjungen oder einer Kindcrmagd, beim Freien, beim Ankauf eines Zuchtschweines, beim Kau fen einer Gong (kleine Metalltrommel), beim Kaufen eines schön geschliffenen Messers, beim Kaufen irgend eines Klei dungsstückes, und zwar wenn man es von Niassern, nicht von den Fremden ersteht.