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212 Dr. Gustav Nachtigal's Reise nach Baghirmi 1872. hielt von dort aus mit wechselndem Erfolge den Krieg gegen seinen Oheim, bis eine in Folge dessen ausbrechende Hungers noth ihn zrvang, weiter nach Süden sich zurückzuziehen. Als Dr. Nachtigal zu Anfang 1872 von Keinem nach Kuka zurückkchrte, befand sich Mohammed» in Busso, dem süd lichsten Gebiete des eigentlichen Baghirmi, wo ihn der Reisende aufzusuchcn beschloß, um mit seiner Unterstützung die ihm verbündeten Hudenländer Me Somrai, Ndam, Sara u. s. w. kennen zu lernen und von dort den Oberlauf des Schari zu erreichen. Allerdings gingen seine Mittel stark auf die Neige und beliefen sich nach Bezahlung aller Schulden auf nicht mehr als circa 500 Francs, welche er für die Kosten seines Haushaltes während seiner Abwesenheit zurücklassen mußte. Doch fand er einen tripolitauischcu Kaufmann, Hadschi Mohammed el Thrabelsi, welcher ihm 150 Marien - There- sien-Thaler (750 Francs) gegen einen Schuldschein in dop pelter Höhe vorstreckte. Da er mit freien Dienern bereits üble Erfahrungen gemacht hatte, so bat er den Scheich Omar, ihm einige junge Sklaven zu leihen, und dieser, welcher überhaupt sich gegen den Reisenden stets freigebig gezeigt hatte, gab ihm einen Jüngling von 16 Jahren, Mohammedu mit Namen, der durch seine unfreie Mutter zum Sklaven geworden war, sowie einen zwölfjährigen Kna ben ans Gamergu, den Sohn eines Häuptlings. Nachtigal's Ausrüstung entsprach der Beschränkheit feiner Mittet: er kaufte 42 Pfund in Bornu fabricirten Pulvers (6 Thaler), einen feinen Bnrnus von kirschrothcm Tuche (18 Thaler), Kugeln (1 Thlr.), Flintcnsteinc (1 Thlr.), zwei Pfund der beliebten Guro-Nuß (8 Thlr.), die dem Mbang Mohammedu zum Geschenke bestimmt waren, acht mit Indigo gefärbte Haussa-Gewänder (20 Thlr.), vier rothwollenc Shawls, wie sie die Krieger als Gürtel oder Turban zu tragen lieben (12 Thlr.) und verschiedene Kleinigkeiten, im Ganzen für 135 Thaler, zu dessen Wegschaffung zwei Lastochsen für 14 Thaler erstanden wurden. Außerdem gab Scheich Omar dem Reisenden noch einen ehemaligen Diener von Vogel und Rohlfs mit, einen Eingeborenen von Mandara im Am Ufer des Tsad-Sees. Süden Boruus, Almas d. i. Perle genannt. Als offizieller Führer diente ein Beamter des Kaschella Bilal (obersten Kriegshüuptlings), dem es oblag, den Verkehr zwischen Lo- gon und Bornu zu überwachen und der Leute, Weg und Steg in der ganzen zu durchziehenden Gegend genau kannte. Ein solcher Führer, der »Kingiam" heißt, läßt unterwegs kraft seines Amtes Essen und Herberge durch die Vorsteher und Einwohner der Ortschaften Herrichten. Ferner schrieb Scheich Omar an seinen Vasallen, den König von Logo», daß dieser dem Reisenden den Weg nach Baghirmi durch sein Laud öffne. Nnn nahm Nachtigal Abschied, besonders von dem vor- tresslichen Fürsten, ließ am 25. Februar Abends seine Leute von Kuka aufbrechcu »ud folgte selbst mit Mohammedu am nächsten Tage nach, während der Kingiam noch zurückblieb. Traurig und öde ist die Umgebung der Hauptstadt von Bornu, welche Nachtigal in südöstlicher Richtung zunächst durchzog: verkümmerte Mimosen, elende Repräsentanten der sonst so schönen Tamarinde („imnsulca"), Gestrüpp von Hpxliaens und Oalatroxis proosra bedeckten das nur hier und da bestellte Land, dessen Oedc nur durch zahlreiche Vögel belebt wird. Etwa nach drei Marschstundcu näherte sich der Weg plötzlich dem Tsad-Scc, und der Boden bedeckte sich mit Bäumen, die Mimosen wurden kräftiger und laubreicher, Baumwoll- und Jndkgopflanznngcn bewiesen, daß das Erd reich besser war. Zahlreiche Ausbuchtungen des Sees (arab. racksoduk, d. i. Füße) mußten umgangen werden, ehe Ngornu, die zwcitwichtigste Stadt in Borun, erreicht war. Dieselbe nur aus Strohhüttcn bestehend, liegt unmittelbar am See, steht unter einem Häuptling von hohem Range, dem Fugoma, in dessen Hause der Reisende Unterkunft fand, und wird von Kanuri und Kancmbu bewohnt, welche mit den räuberischen Jnselleutcn im Tsade, den Buduma oder Jcdima, einen beständigen Krieg zu führen gezwungen sind. Am nächsten Tage ging es erst im westlichen Bogen, um Ueberschwemmungcn des Sees zu umgehen, dann süd wärts über gut mit Baumwolle, Indigo, Mais und auch Zwiebeln angebautes Land in fünf Stunden nach Dazaua, am dritten Tage südöstlich durch eine ziemlich belebte und waldreiche Gegend nach dem unfernen Jedi, einer um-