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Possen getrieben; man läßt z. B. zwei Weiber mit einander kämpfen. Oder man veranstaltet ein Wettrennen, bei welchem statt der Pferde einige Weiber laufen müssen; sie laufen nur eine Viertelwerst; der Preis besteht in einem Stück Baumwollen- zeug (Zitz). Mitunter wird auch bei erstgeborenen Mäd chen das Hineinlagern in die Wiege durch ein Fest gefeiert. Die vornehmen Kirghizinnen betheiligen sich übrigens nie mals. an den hierbei stattfindenden Possen und Spielen, son dern bleiben in der Rolle von Zuschauerinnen. Bei reichen Kirghizen finden weitere Feste statt, sobald das Kind zum ersten Male lächelt und sobald es anfängt zu laufen. Bei letzterer Gelegenheit wird in folgender Weise verfahren: Man bindet dem Kinde die Füßchen mit einer wollenen Schnur zusammen und stellt eine Schüssel mit irgend einer Speise vor dem Kinde auf; dann löst eine der angesehenen Frauen des Auls mit einem Messer diese Fessel und wirft sie aus der Jurte heraus; sie erhält dafür ein Geschenk (alltzN), ein Stück Zeug. Daun werden alle Gäste reichlich mit Fleisch bewirthet — ein Gebet wird verlesen und man bringt dem Kinde seine Glückwünsche dar — Ge sundheit, Reichthum und langes Leben. Und wieder wird ein Fest gefeiert, wenn das Kind^) drei Jahr alt geworden ist; dann wird es nämlich feierlich zum ersten Mal auf ein Pferd gesetzt. Zu dieser Ceremonie werden, wie üblich, mehrere Stück Vieh geschlachtet, die Nach baren eingeladen und eine Bewirthung findet statt, bei wel cher die Männer getrennt von den Frauen essen. Nach Beendigung des Mahles werden wieder allerlei Scherze und Wettläufe vorgenommen, worauf alle Männer auseinander gehen und nur die Frauen und e i n Mann, der angesehenste des Auls, zurück bleibt. Die Frauen holen das Kind aus si Es wird nicht mitgetheilt, ob diese Sitte für Knaben und Mädchen gilt, oder etwa für Knaben allein; es ist hier nur die Rede von „dem Kinde". der Jurte, die Eltern übergeben es dem anwesenden kirghi- zischen Edeln und dieser reicht es einem vsolliKit (kirghi- zischen Reiter) aufs Pferd. Der Dschigit reitet mit dem Kinde durch den ganzen Aul, wobei Jedermann ihm etwas schenkt. Gewöhnlich macht man es so, daß man dem Kinde einen Hengst schenkt, welcher von der Lieblingsstute in dem selben Jahr wie das Kind geboren ist; beide werden gemein schaftlich auferzogen, so daß, wenn das Kind zur bestimmten Frist aufs Pferd gesetzt wird, das Pferd eingeritten und so zahm wie ein Stubenhund ist. An den Knaben wird in ihrem siebenten Jahr die übliche Beschneidung vorgenommen; dieselbe wird gewöhnlich von einem Mullah vollzogen und gleichfalls durch ein großes Fest gefeiert. Ist ein Kind krank, so wird ein „Dargon" oder ein „Baksa" herbeigerufen; doch wüthet und raset der Baksa am Krankenbette eines Kindes nie; er spielt nur leise auf seiner „Kobysa". Hat das Kind Leibweh, so setzt der Baksa ihm eine Art trockener Schröpfköpfe auf den Bauch, kaut Gewürznägelchen oder Zwiebeln und bespritzt mit der Mund- slüssigkeit das Kind oder bläst das Kind an; er läßt einen schwarzen Schafbock schlachten und schlägt mit der Lunge desselben das kranke Kind. Der „Dargon" fühlt dem Kranken den Puls, indem er beide Hände sowohl an die Schläfe als an die Arme legt. Wenn er meint, daß das Kind in Folge der Muttermilch erkrankt sei, so verbietet er der Mutter innerhalb drei Tagen Essen zu sich zu nehmen, reicht ihr dahingegen einen schwachen Aufguß zu einer Brechung. Die Zahl der in Anwendung gezogenen Arzneimittel ist sehr groß; neben vielen pflanzlichen werden auch mineralische Gifte, z. B. Zinnober und Quecksilber, gebraucht, auch die Kenntniß der heilbringenden Wirkung des Chinin ist unter den Kirghizen verbreitet. Aus allen Europa. — Die russ. Gesellschaft für Dampfschifffahrt und Han del wird im Frühjahr dieses Jahres eine Untersuchung im Mittellauf des Dnjestr vornehmen lassen, um festzu stellen, ob es möglich ist durch Regulirung des Flusses eine Dampfschifffahrt von Odessa bis nach Mohilew hin auf (850 Werst) einzurichten, von der man sich für Handel und Industrie des Gouvernements Podolien wesentliche Vortheile verspricht. (Nach dem Kiewlanin.) — Nach dem Bericht des statistischen Comits für das Gouvernement Perm zählte dieses Ende 1879: 2 403 164 Einwohner, die volkreichste Stadt war Jekaterinburg mit 28604 Einwohner, die Stadt Perm hatte 24 643 Ein wohner. Asien. — Wie die Türkest. Ztg. mittheilt, haben die Kaufleute Gebr. Wanjuschin, welche die Dampfschifffahrt auf dem Ural betreiben, im letzten Sommer auchdieUtwa, Nebenfluß des Ural, untersuchen lassen und vom Aufgehen des Eises im Juni ab vollkommen schiffbar befunden. Die Dampfschiff fahrt auch auf diesem Flusse wird den Transport von Ge treide und Holz bis weit in das Innere der Kirghizensteppe ermöglichen, und auch schon 1880 sind die Genannten für r r d t h e i l e n. die Versorgung der Kirghizen mit Nahrungsmitteln thätig gewesen. — In der Sitzung der russ. geogr. Gesellschaft in Peters burg am 5.(17.) November dieses Jahres wurden aus einem Schreiben Tscherski's Mittheilungen gemacht über dessen mehrjährige Untersuchungen betreffend den geologischen Bau des Baikal-Beckens. Der nordöstliche Theil dieser Einsenkung hatte anscheinend gleich dem südwestlichen eine selb ständige Verbindung mit den Gewässern des alten silurischen Meeres und zwar zwischen den Kaps Elochin und Kosinsk. Es fanden sich auch Anzeichen, daß eine fernere Verbindung statthaben konnte in dem Gebiete der jetzigen Deltas der Kitschera und der oberen Angara; man kann deshalb an nehmen, daß der Baikal-See damals aus drei Buchten oder Föhrden des nördlichen silurischen Oceans bestand, die durch eine gleiche Anzahl von Vorgebirgen oder Halbinseln ge trennt waren. Das jetzige Olchon und Swjatoi Nos schei nen die getrennten Ueberbleibsel des Kaps, welches den Meer busen von Goloustensk von dem von Elochin trennte, während das Kap, welches den Busen von Elochin von dem nördlich sten, Kitschera - Angarischan, schied, zum Theil der jetzigen Verengung am Nordostende des Sees zwischen Kap Kotel- nikow und dem Flusse Tempuda (Smolich) entsprach. Es läßt sich annehmen, daß aus den letztgenannten Buchten später zwei Seebecken entstanden, die in Verbindung tre-