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40 Charles M. Doughty: Khaibar in Arabien. Die Luft dieser feuchten Thäler der Harra ist während der ganzen warmen Jahreszeit pestilentialisch. Namentlich im April herrscht unter den Negerkindern große Sterblich keit, und Weiße können jetzt in Khaibar fast gar nicht leben. Mohammed en-Nedschumi und sein Bruder, die einzigen weißen, aus Medina zugewanderten Bewohner Khaibars, waren sehr kräftige Männer, welche zwar mit dem Leben davon gekommen, aber in Folge der tödtlichen Fieber zu sammengebrochen sind, und die Soldaten, meist Syrer, welche letzthin Khaibar von Medina aus besetzten, sind im ersten Sommer fast insgcsammt gestorben. Nach der volksthümlichen Tradition der Dorfbewohner und Beduinen sammelte, nachdem das alte, von Juden be wohnte Khaibar durch Mohammed und seine neue Partei und besonders durch die fabelhaften Heldenthaten seines Schwiegersohnes 'Ali zerstört war, Marhab, ein Sklave des alten Scheich, die Reste des zerstreuten Volkes, und Khaibar begann wiederum bewohnt zu werden. Nun kam einst das Beduinenvolk der Gegend südlich bis Hedleh und el-Medina, die Aneisi, als Freunde nach den Wassern süd lich unweit Khaibar und lagerte dort; eine ihrer Jungfrauen aber, welche die Stadt betrat, um dortige Freundinnen zu besuchen — und Jungfrauen sind nach dem großherzigen Gesetze der Wüste unverletzlich —, wurde von dem Sohne des Scheich Marhab gewaltsam ergriffen und entehrt. Als diese Beleidigung und Vergewaltigung ihrer Stammes- genossin bekannt wurde, erklärten die Beduinen den Städtern den Krieg, welche ihnen dreist entgcgenrittcn, aber durch den wüthenden Anprall der Nomaden über den Haufen geworfen wurden. Letztere schlugen ihre früheren Freunde und nun mehrigen Feinde, überfielen ihre Ansiedelungen, rächten sich gründlich an ihnen und zogen dann ab, um wieder in der Wüste herumzuwandern, während die besiegten Dorfbewohner für sie die Palmen besorgen mußten, zu ihrem Unterhalte nur die Hälfte des Ertrages behalten durften und es ihnen verboten war, weiße Frauen aus anderen Städten und Stämmen zu heirathen. Durch Sklavenmütter ist die Be völkerung deshalb jetzt durchweg zu Schwarzen geworden. Wäre Khaibar ganz mit Palmen bepflanzt, so könnte es wegen des natürlichen Reichthums und der Ausdehnung des Grundes und Bodens fast, glaube ich, mit der Oase von Damaskus verglichen werden. Selbst jetzt noch sind die Palmen so zahlreich, daß sie nicht alle gepflegt werden können; vielmehr wachsen die entfernteren in den nassen Thalgründen wild, da die gesammte Bevölkerung wahr scheinlich noch nicht die Zahl 1000 erreicht. Wunderbar ist es, in dem sonnenverbrannten Arabien diesen Reichthum an Wasser und Schlamm zu sehen, wo die Palmen zum Theil wie wildes Gehölz und ohne Bewässerung gedeihen; Khaibar, sagen denn auch die Nomaden im Scherz und mit einem Wortspiele, sei zusammengesetzt aus deu Worten Xboir sl-lmrr, d. i. „des Wüstenlandes Rcichthum". Trotz alledem ist doch ein ansehnlicher Theil des Bodens Sub- baka, d. h. Salzgrund, mit Bittersalz überzogen, von Eisen geröthet und für Anbau ungeeignet. Nach Regengüssen findet man Salz auf der ganzen nackten Lava der Harra, und es scheint dort ein vulkanisches Produkt zu sein und von da in die tiefer gelegenen Thäler hinabgespült und dort aufgchäuft zu werden. Die Thäler sehen aus wie weite und nicht tiefe Klüfte voll torfiger Dammerde über Thon boden, die sich in der riesigen Fig ger a (Basaltrand) öffnen. Die vielen Quellen, welche unter dem Basaltrande an den Seiten dieser Harrathäler hervorbrechcn, führen alle ein flaues, warmes und etwas schwefelhaltiges Wasser. Die Hauptquelle bei dem mittelsten Dorfe, es Sefsaffa, welche auf dem Lagerplatze der Soldaten von Medina liegt und auf meinen Rath von den Dorfbewohnern während meines dortigen Aufenthaltes erweitert wurde, hat eine Temperatur unmittelbar am Ursprünge von 29° C.; Ain 'Ali, welche der Sage nach durch einen Schwertstreich des alten mo hammedanischen Helden entsprang, 27° C.; 'Ain Selelim an dem Menzil („Lagerplatz") der Allaida-Nomaden (Wei lad 'Ali) 28° C. (dieselbe soll nach dem Juden Ibn Ssllem benannt sein, welcher dort Land besaß, bei Zeiten und noch vor der Zerstörung von Khaibar zu Mohammed's religiöser Partei übertrat und dabei den Namen 'Abdullah, d. i. Knecht Gottes, empfing). Dort haben die Allaida-Schcichs der südlichen Stammeshälfte der Weilad Ali "ihre Lehm hütten für den Sommer. Alle die nomadischen Besitzer, Bisschr, Weilad 'Ali, Fedschir (Fekir oder Fukara) u. s. w., welche alle Stammesvcrwandte desselben Beduinenvolkes der Aneisi sind, steigen in jedem Hochsommer zur Dattel ernte in die Thäler von Khaibar hinab und verweilen etwa 40 Tage dort, empfangen ihren Antheil an den Früchten und ziehen dann, nachdem sie dieselben auf der Harra ge trocknet, schwer beladen wieder zu ihren verschiedenen Weide gebieten hinauf. Von diesen Khaibar-Datteln leben sie dann acht Monate lang; dieselben sind klein, weil der Boden zu salzhaltig ist, und weil sie von den ungeduldigen Be duinen zu eilig gepflückt werden; sie unterscheiden sich stets durch ihren moorigen Geschmack, sind aber kühler, als die meisten Sorten dieser hitzigen ungesunden arabischen Nahrung. Auf der Figg era über Khaibar finden sich viele von jenen alten Gräbern, von denen ich in dem frühern Artikel bei Erwähnung des Wadi Thirba bei Medjin Salih gesprochen habe (s. Globus XXXIX, S. 9). Hier sind dieselben in einfacherer Weise gebaut: es ist nur eine ohne Anwendung von Mörtel errichtete Wölbung mit einem Rande loser Steine, von dieser Form — wie ein großer flacher Hut, der glatt auf der Erde liegt. In einigen derselben sind noch jetzt (menschliche) Gebeine zu finden. In dem Gebiete zwischen Khaibar und Medina und besonders oberhalb und unterhalb Medina finden sich viele zerstörte Steinbautcn der früheren Bewohner, welche man nach deu alten mosaischen Bewohnern des Landes „Judenhäuser" nennt. Khaibar wird nicht zu Hedschaz gerechnet und liegt auch nicht in Nedschd. Nach ihrem Aeußern indessen sind es Hedschaz-Dörfer, und ihre Marktstadt ist Medina in 70 eng lischen Meilen Entfernung. Auf der ganzen nackten Harra ringsum sind viele rohe Mauern zu sehen, wie von alten Biehgehegen und Gebäuden. Ich war in Khaibar Gefangener; trotzdem wanderte ich während 2^ Monaten einige Male umher mit jenem Freunde in der Noth, dem ehrenwerthen Mohammed en- Nedschümi. Wir fanden aber nur zwei sehr kurze alte Inschriften: 0 F k- l- ft- M ft- Xop