Volltext Seite (XML)
An diesem Abend wollten sie auch zusammenkommen und hatten, dazu Ntkel mit aufgefordert, was dieser auch nicht ab- schlagen konnt«,so:unanaenehm es ihm gerade heute war. So ging er denn mit, seinem Onkel nach dem Abendessen zum Obermeister,' wo gerade. Retheschank war. Der Meister wurde in das VutzstiibcheN geführt, wo schon andere am großen runden Tisch« saßen, während Ntkel in der geräumigen Wohn« stube bei den übrigen Gesellen Plaß nahm. Einen schweig sameren Genossen hatten sie aber noch nicht in ihrem Kreise gehabt. . Günther VN mit Anna und einigen Nachbarn bald nac Beendigung des Tanzes gegangen. Sie hatten aber nicht ihren gewöhnlichen Weg, sondern den durch die Stadt ein geschlagen, und waren dann bei einem ihrer Begleiter noch auf ein Plauderstündchen eingekehrt. Deswegen hatte sie Nike! nicht treffen können. Anna hatte sich auch Vorwürfe gemacht, daß sie Nike! den Tanz so kurz abgeschlagen; sie wäre zwar nicht im Stande gewesen, noch einmal in den Reigen zu treten, aber sie fühlte, daß sie etwas freundlicher hätte sein können. Als er aber so ohne weiteres fortging zu seinen Genossen und dort mit sang und lachte und als er vollends mit keinem Blick mehr herüber- sah, ja als er sie ohne einen Abschiedsgruß gehen ließ, wurde Anna auch wieder böse, sie meinte bei sich, daß er sie nicht aus diese Weise hätte es fühlen lassen sollen, daß er sich auch ohne sie unterhalten könne. Gegenüber dem trotzigen Auftreten ihres Verlobten trat ihr selbst unbewußt das freundliche und ritterliche Benehmen des jungen Eberhardt vor Augen, ein gefährlicher Vergleich für Nikel. Unterwegs, noch im Tore hatte sich Anna nach Nikel um- gesehen, sie war sogar noch einen Augenblick stehen geblieben, doch Nikel war nicht gekommen. So war sie denn mit ihrem Vater zum Nachbar gegangen. Dort hatten sie sich länger, als sie gewollt, aufgehalten, aber der alte Günther war heute so gesprächig, mehr als sonst, er erzählte viel aus seinem Leben, von seiner Kindheit an bis jetzt, daß Anna ganz erstaunt war und sich diese seltene Gesprächigkeit ihres Vaters gar nicht zu erklären wußte. ' So war schon die achte Stunde vorbei, als man sich trennte. Zu Hause bereitete Anna schnell das Abendbrot und auch während des Essens erzählte der alte Günther viel, mit Vor liebe aber svrach er von seiner verstorbenen Frau und erzählte seiner Tochter, was für «ine gute und brave Mutter sie ge habt. Er ließ auch ein paar Wörtchen mit fallen, daß er wohl bald mit ihr vereint sein würde- Er könne nun auch, sagte er, ruhig sterben, da er doch sie, seine Tochter, geborgen wisse. Sie solle nur dem Nikolaus Kommothauer vertrauen, er sei, eine treue Seele und er werde sie behüten und bewahren wie » kein an-VZ^ ... Anna, aufgeregt schon über die Vorgänge des Nachmit tags, wurde durch diese Worte ihres Vaters völlig erschüttert, sie konnte die Tränen nicht zurückhalten, sprang auf und um klammerte ihren Vater mit beiden Armen, dann sank sie neben ihm auf die Knie und weinte bitterlich. Der Vater suchte sie zu beruhigen. Er streichelte ihr lieb- kosend das Haupt und sagte, sie solle doch nicht so über seine Worte erschrecken, er habe das ja nicht so gemeint und er könne ja nicht stets bei ihr bleiben, einmal müsse er doch von .ihr scheiden und da tue es ihm wohl zu wissen, daß ihre Zu- . kunft gesichert sei. , , So sprach er noch lange zu ihr und endlich verstummte Ihr Weinen. : ' . . . Da es schon spät geworden und er zeitig auf den Schacht mußte, blieben sie nicht länger auf. Günther umarmte seine Tochter, und drückte einen langen Kuß auf ihre Stirn und sprach: „Schlaf wohl, Anna, und träume süß und erwache mor gen gesund!" — Dann ging er in seine Kammer. Anna deckte noch den Tisch ab, dann löschte sie auch das Licht aus. In ihrer Kammer betete sie aber inbrünstig, Gott wolle ihr den Pater noch recht lange erhalten. * * * IX. Als Heinrich am Morgen in die Stube trat, fand er seinen Vater noch anwesend. „Guten Morgen, Heinz!" rief der ihm zu, ohne erst seines Sohnes Gruß abzuwarten. Kommst Du auch schon? Na, man mrrkts, daß Du fortgewesen, hast ja 's Frllhaufstehen verlernt!" „Verzeiht, Vater," entgegnet« Heinrich, „ich habe die Nacht nicht sonderlich geschlafen." „Haha," machte der Vater, „hast wohl gar geträumt? Don der Kathrin? — Was? — Na, na, 's ist schon gut!" wehrte er ab, als sein Sohn etwas erwidern wollte. „Ich will's gar nicht wissen!" „Na, Heinz," fuhr sein Vater fort, ganz gegen seine Ge- wohnheit während des Essens redend, „Du verstehst's, das muß man Dir lassen, du hast was gelernt draußen. Wie Du Dich gestern fein gemacht, alle Welt war erstaunt, und die Mädels und Mütter waren alle ganz weg. Beim alten Möller hast du einen tüchtigen Stein im Brette, der hat sich gefreut, daß du zuerst mit seiner Kathrin getanzt und dann mit nie- mand weiter. Denn daß Du Günthers Tochter in den Reihen geführt, habe ich ihm erklärt, das geschehe nur, um ihren Vater zu ehren. — Möller gab mir zu verstehen, denn er sagt ja nie etwas gerade heraus, daß er noch einen Besuch Deinerseits erwarte. Du gehst da gleich heute hinüber, nachher gleich und zwar im besten Anzuge natürlich. Don da gehst du aber nir- gends weiter hin, denn der Amtmann vom Grafen kommt herüber und wird bei uns Mittag essen. — So, das war's, was ich dir sagen wollte. — Guten Morgen!" Heinrich löffelte mechanisch seine Suppe aus, dann ging er auf seine Kammer, wo er sinnend am Fenster stehen blieb. ' Meser Gang war die Entscheidung. Pie beiden Däter waren gestern vollends einig geworden. Kam er heute, so gab er seine Einwilligung zu erkennen, blieb er weg, so bedeutete das eine Ablehnung seinerseits. Alles das, was er in den letzten Nächten durchdacht, trat ihm lebhaft vor die Seele. Tue, was Dein Vater will, sagte ihm die Vernunft. Da erinnerte er sich aber Schön Aennchens, wie er sie zum ersten Male ge- sehen und wie sie gestern zusammen getanzt und wie ihre Hand in der seinen gezittert. Es war ein schwerer Kampf, der in seiner Brust tobte. Ruhelos schritt er in der Kammer auf und ab. Was sollte er tun? Endlich öffnete er mit einem plötzlichen Entschlusse seine Truhe und nahm «in neues Ge wand heraus. Er wollte gehen! Damit war doch noch kein Antrag ver- Lunden, aber Zeit gewonnen und, kommt Zeit, kommt Rät. Eine'Viertelstunde später schritt er in blauem Anzuge mit schwarz und roten Puffen aus Seide an den Aermeln über den Markt nach Möllers Haus und alsbald zeigten sich an Men Fenstern, neugierige Köpfe. DH» alten Möllers Haus, lag auch am Markte, ßem Eber hardts fast gegenüber. * ' * > Heinrich öffnete die eichene eisenbeschlagene Tür und stieg langsam die Treppe hinan, bis er vor einer Gittertüre stand. Da schellte er, und nach einer Weile öffnete ein Mädchen und frug nach seinem Begehr. Heinrich bat sie, ihm zum Herrn oder zur Frau zu führen. Es. verging noch eine geraume Zeit, ehe jemand kam. Unterdessen hatte er Muße, sich den Dorsaal anzusehen, wo er oft als Knabe gespielt. Er dünkte ihm, genau derselbe ge ilieben zu sein, der Tisch stand noch in der Mitte, und über >er Wohnstubentüre hing das Bild immer noch so schief wie Jetzt öffnete sich auch die Türe und der alte Möller trat selbst heraus. Als er Heinrich erblickke, beschleunigte er seine Schritte. „Ach, Ihr seid's, Heinz. — Das dumme Mädel, das! Sagte da drinnen, es stehe ein adliger Junker draußen. Wir wußten gar nicht, wer es sein sollte, mußten uns doch auch ein bißchen zurecht machen. Na, kommt nur herein. Meine Frauenzimmer werden sich freuen." Damit öffnete er die Stubentüre und schob Heinrich ins Zimmer, indem er rief: - „Hier ist er, 's ist der Junker Heinz! „Schön willkommen!" fügte er hinzu und gab Heinrich die Hand. Auch Mutter und Tochter waren aufa«standen und hatte» ihn mit Handschlag begrüßt. Dabei war Katharina wieder über und über ros geworhen. Sie macht« aber im Hauskleid einen viel vorteilhafteren Eindruck auf Heinrich al» gestwm im Sonntagsputz. Auch zeigt» sie sich weniger befangen heute. Heinrich mußte nun erzählen, wo er überall gewesen und was er getrieben und wie es ihm Mallen. Di« beiden Frauen ftugen gar viel, wie sich in den fernen Ländern die Frauen und Mädchen kleideten, ob st« Lvpst trugen und rote sie sonst gingen, und auch der alte Myllir warf wohl dann und wann eine Frage mit ein. Am wenigsten von allen sprach Katharina, ja seitdem ste Heinrich «inen Becher Wein gebracht und ihm nstt den Dorten: ,Herzlich willkommen, Detter!" zugetrunken und Heinrich mit einem: „Schön dank, Base, für den Gruß!" an derselben Stelle, wo ihr« Lippen gewesen, getrunken, seitdem war ste noch stiller geworden. Langer al» er gedacht, hatte Hein- sich verweilt und es war nicht niehr fern von der Mittagszeit, al» er sich verabschiedet«. Er war noch nicht lange zu Hause anaelangt, als er seinen Dater mit dem Amtmann vom Rathaus Uber den Markt kom men sah. Es war «in beliebter Beamter, denn Heinrich «r- innerte sich des frühere» ganz genau. Das war ein kleine«, untersetztes Männchen gewesen, äußerst lebendig, das stets aufs zierlichste gekleidet ging, während der jetzige ein großer, starkknochiger Mann war, der mit seinen bis zu den Hüften reichenden Stiefeln durch Dick und Dünn stapfte. Jetzt traten die Männer ins Haus, Heinrich hörte sie in der Hausflur poltern und ging ihnen bi» zur Treppe entgegen, um den hochmögenden Herrn Amtmann zu empfangen. „Mein Sohn, Herr Amtmann!" rief der alte Eberhardt von der Mitte der Treppe. „So? — Ein feiner Herr! — Grüß Gott!" und damit drückte der Herr Amtmann Heinrich die Hand, als wenn er ein Schraubstock wäre. Dann marschierte er auf die Stubentüre zu, welche die Magd ihm öffnete. „Willkommen bei uns, Herr Amtmann!" sprach der alte Eberhardt. „Ihr verschmähet es doch nicht, bei uns eine kleine Eollation einzünehmen, denn der weite Weg und die Ver handlungen unten haben Euch hungrig gemacht, mein« ich." „Und das rechtschaffen!" lachte der Amtmann. „Ich weiß auch, daß bei Euch, Herr Bürgermeister, etwas Gutes auf den Tisch kommt. Irr ich nicht, so war mir's, als käme mir der Duft einer gebratenen Gans in die Nase." „Ihr tut mir zu viel Ehre an, Herr Amtmann", er- widerte der Bürgermeister. „Doch so 's gefällig ist," und da- bei wies er auf den Tisch, wo die Magd unterdessen die Suppe aufgetragen. „Das muß man sagen, Herr Bürgermeister," meint« der Amtmann, nachdem er seine Suppe absolviert hatte, „Ihr lebt nicht schlecht hier. Ich wünschte, ich bekäme zu Hause solch ein« Suppe." Dabei griff er nach dem silbernen Becher, den ihm Hein rich vollgeschenkt hatte, und tat. einen kräftigen Zug daraus, strich sich den großen Schnurbart, der seinem markigen roten Gesicht etwas Martialisches gab, und sprach: „Ei und der Wein, der ist auch in keinem schlechten Lande gewachsen. Der Herr Graf trinkt ihn nicht besser!" „Es ist Leutenberger^ wie ihn die Stadt führt zur Be- willkommnung lieber Freunde", entgegnete der Bürgermeister. . „Nun, I)enn die Stadt solchen Wein führen kann, mag st« 'nur auch meinem Herrn da« Verlangte gewähr«:. — Ihr müßt wissen", wandte er sich an Heinrich, „daß mein gnädiger Herr von der Stadt die Kleinigkeit begehrt, daß sie ihm «in paar hundert Gulden steure für einen Ritt an den Hof nach Dresden." „Ja, aber Ihr wißt..Hub der Bürgermeister an, doch in diesem Augenblicke erschien die Magd mit einem neuen Ge- richte. Es war Rindfleisch mit einer Brühe von allerlei Ge würzen. „Aha," machte der Amtmann, „Jungfer Dore hat sich gemerkt, was ich gerne esse." Während er tüchtig zulangte, wandte er sich an Heinrich mit den Worten: „Ihr seid lange fortgewesen, wie mir der Vater sagte. Wo wäret Ihr denn?" „Ich war drei Jahre in Leipzig," entgegnete Heinrich. „Studiert?" frug der Amtmann. „Ja!" „Was?" „Jura, Herr Amtmann!" „Hm, hm!", machte, der, „ein hübsches Studium! Wollt wohl mal hier Bürgermeister werden? — Ja, ja, da ist's ganz schön, wenn man Iura versteht. — Fortsetzung folgt! Die Shren-Promotton de» amerikanische» Botschafters in rühiugen. Der Dekan, Pros. Dr. T es ch«m a ch«r, bei der Ueberreichung der Ehnndokloraks - Urkunde an Botschast« Sartret». Anläßlich der Loo-Iahrse!» des Gedurlslagrs von Georg« Washington,. »!« jetzt von der Universität in Tübingen veranslallet wurde, fand di« seierliche Promotion des amerikanisch«, Botschaft«» in . Deutschland. Frederick M. Sacke», zum Ehrendoklor der SlaalswissMchäslen Nott. Sine Schule -er prominenten Ieitgeuoffe» feiert ihr Sü jährige» Bestehen. Das Luisen-Symnastum in Berlin kann am 4. Mai auf «In SO jähriges Besteh«« zurück- blicken. Aus dies«r Schule ist eine ganz« Beih« prominenter Persönlichkeiten de» öffent lichen Leb«ns heroorgegangen, u. a. der ehemalige Reichskanzler Wilhelm Tuns und di« Indu!tri«ll«n Ernst und Lonrad von Borst»