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teMe mN, daß der Kolonnenarzt Dr. med. Berthold au» Eibenstock an der Hauptversammlung nicht teilnehmen könne. Dann trug der Kolonnenführer Walter Mühlig den Ar. beltSbericht der Kolonne, der Zeugverwalter Max Kropp den Bericht über den Inventarbestand bezw. Matertalver- brauch, der Kassierer Paul Wappler den Kassenbericht vor. Trotz des verhältnismäßig kurzen Bestehens der hiesigen Rotkreuz-Kolonn« ist der Geschäftsbericht sehr um fangreich, «in Zeichen reger und steter Aufwärtsentwicklung der Kolonne imbesten Einvernehmen mit den Bevölkerungs- kretsen. Die Kolonne zählte am Schlüsse d«8 Berichts-, jahres 18 aktive Mitglieder sowie 4 Helferinnen, ferner 18 passiv« Mitglieder. Es wurden 8 Vorstandssitzungen, 8 Mitgliederversammlungen und 4 sonstige Zusammenkünfte abgehalten. Insgesamt fanden 18 Uebungen statt und zwar 12 Uebungen im Bereinslokal und 6 Geländeübungen. Von diesen Uebungen sind besonders hervorzuheben eine größere Rotkreuz-Uebung in Sosa, zwei Uebungen mit der hiesigen Freiwilligen Feuerwehr sowie «ine großzügig angelegte Ge ländeübung mit dem Allgemeinen Deutschen Automobil klub Hundshübel u. Umg. nebst den Sanitätskolonnen vom Roten Kreuz zu Eibenstock, Stützengrün und Hundshübel und zwar in den genannten Gemeinden. Die Alarmübun gen der Kolonne erfreuten sich auch allgemeinen Zuspruchs und legten Zeugnis ab über den praktischen Wert der Kolonnentätigkeit. Außerdem beteiligte sich die junge Rot kreuz-Kolonne an der Sammlung für die Winteruothilfe der Gemeinde Hundshübel sowie an der Landessammlung für das Rotkreuzwesen. Die Kolonne versah ferner an läßlich der Hochwasserkatastrophe in den benachbarten Ge bieten mit 8 Kameraden Helferdienste. Zur Ausübung von Sicherheitsdienst auf den Sportplätzen usw. betätigte sich die Kolonne in 39 Fällen mit insgesamt 114 Kameraden. In 38 Fällen wurden Transporte ausgeführt. Die schon verhältnismäßig zahlreich zur Verfügung stehenden sani tären Einrichtungsgegenstände der Kolonne — gleich welcher Art — wurden in 393 Fällen in Anspruch genommen^ Erste Hilfe wurde geleistet sowohl in geschlossenen Forma tionen, in Aufzügen und Versammlungen, wie bei Ein- zelunfällen insgesamt 645mal. Der Kolonnenvorsitzende Michael dankte dem Gesamtvorstand und der Kolonne für die geleistete Tätigkeit zum Wohle der Allgemeinheit, bat um Entlastung des Gesamtvorstandes und legte in ein- gehenden Worten nochmals den Zweck und die Aufgaben des Rotkreuzwesens dar. Das Rechnungswerk der Kolonne, das durch die Kam. Bruno Krauß« und Rudolf Br«tschneider einer eingehenden Prüfung unterzogen wurde, war in Ordnung. Verschiedene buchungs- und kassentechnische An- regungen der Prüfer wurden durch die Vollversammlung zum Beschluß erhoben. Es ist erfreulich, daß die Kolonne, die durch Dr. med. Berthold aus Eibenstock ausgebildet und erst am 1. Februar 1931 durch d«n Bezirksinspizienten im Beisein des Vorsitzenden des Landesvereins geprüft wurde, einen so überaus regen Tätigkeitsbericht aufweisen kann. Aus den Kreisen der Einwohnerschaft heraus ist die Kolonne um Verstärkung ersucht worden. Der Kolonnen» vorstand hat sich bemüht, die Genehmigung zur 'Ausbil dung einer neuen Lehrkolonne zu erhalten. Der Landes- verems-Dorsitzende, Geheimrat v. Bose, hat unter Wür- vrgungl der Lage dem Ansuchen stattgegeb««, und so hat der neue Kursus bereit« im März in einer Stärke von 20 Personen im Gasthof« „Zur Linde" begonnen. Die Ausbildung erfolgt durch den Kolonnenarzt Dr. med. Berthold. Ferner versucht die Kolonne, «ine Iugendab- tetlung für das Rote Kreuz zu erhalten. Der Gesamt- Vorstand setzt sich wie folgt zusammen: Kaufmann Michael, Vorsitzender; Dr. med. Berthold, Kolonnenarzt; Fräser Walter Mühlig - tzundshübel Kolonnenführer; Zimmerer Bruno Krauße-tzundshübel, Kolonnenführer-Stelwertreter; Fabrikarbeiter Hans Weiß - tzundshübel, Schriftführer; Sticker Paul Wappler»Hundshüb«l, Kassierer; Waldarbeiter Max Kropp-tzundshübel, Zeugverwalter und Beamtenan- wärrer Rudolf Bretschneider als Pressewart. br. oe. Raschau, 13. April. In der Schulausschuß, fitzung wurde Kenntnis genommen von einem Schreiben des Schulleiters über Einführung von 2 Arbeitsstunden, die von der Lehrerschaft gleichmäßig und unentgeltlich zu leisten sind; femer von der Aufteilung der Verwaltungs- geschäfte innerhalb der Lehrerschaft. Der Vorsitzende gibt einen Bericht über die verausgabten Lernmittel und die dafür vereinnahmten Gelder. Man beschließt diese Gelder wieder für diese Zwecke zu verwenden, um wenigstens für daS Schuljahr 193^/33 die Lernmittel sicher zu stellen, da die Schulkasse sonst im Laufe des Schuljahres hierzu nicht in der Lage sein würde. Die Gewährung der Lern mittelfreiheit betr. erklärt man 7ich damit einverstanden, daß Wohlfahrt-, Krisen» und Arbeitslosenunterstützungs empfänger die Lernmittel für ihre Kinder unentgeltlich erhalten, während Kurzarbeiter, Rentenempfänger usw. die Lernmittel nur im Gebrauchswege nach Bedürftigkeit er halten sollen. Gesuche prüft der dazu berufene Ausschuß. In der Turnraumfrage nimmt man die Entschließung an: der Schulausschuß bedauert, daß die Verhandlungen in dieser Angelegenheit abgebrochen worden sind, er beschließt, den Schulvorstand zu ersuchen, die Verhandlungen mit der Fa. Gottschalck und der Freien Sportvereinigung wieder aufzunehmen, damit bis zur Ausstellung des Winterstun. denplanes ein geeigneter Turnraum zur Verfügung steht. Der Vorschlag der Lehrerversammlung, die Sommerferien auf die Zeit vom 16. Juli bis 13. August, die tzerbstferien auf die Zeit vom 6. Oktober bis 22. Oktober, einschließlich des 24. Oktobers (Kirmestag), festzulegen, fand Annahme. Da der Schulleiter der Sitzung ferngeblieben ist, konnte die Klärung der Eigentumsfrage des BibliothekschrankeS. an welchem der Gemeinderat zu Raschau Eigentumsrecht geltend macht, nicht erfolgen. Der Punkt wurde bis zur nächsten Sitzung vertagt. Man bewilligt« nachträglich klei nere Aufwandsbeträge für Reparaturen in der Langenber ger Schul«. Am Langenberger Schulgartengrundstück soll ein Zaun neu erstellt werden. > " Thalheim. Dor dem Arbeitsamt wurden die National sozialisten Kluge und Uhlmann, nachdem st« ihrer Stempel-' Pflicht genügt hatten, von Kommunisten ohne jedenAnlaß angegriffen und zu Boden geschlagen. Den am Boden liegen den versetzte man noch mehrere Fußtritte. Polizei war erst zur Stelle, als die Angreifer schon das Weite gesucht hatten. — Flöha. Im OrtSteU GückelSberg wollt« der Klemp ner Brückner in Abwesenheit seiner Frau seine Kinder baden. AlS er daS bereits gebadete älter« Kind inS Bett br e, hatte sich daS am Boden sitzende ein Jahr alte Mädchen an der Wanne hochgezogen und über sie gebeugt, wn einen inS Wasser gefallenen Ball herauSzuholen. Hierbei fiel «S in die Wanne und ertrank. Als der Vater wieder inS Zimmer zurückkam, war daS Kind bereits tot. * Hainichen. Die Stadtverordneten hatten beschlossen, den im Vorjahre eingeführten Katzenvorhemdchenzwang wäh rend der Brutzeit -er Vögel für dieses Jahr aufzuheben. Gegen diese Aufhebung hat jetzt der Rat Einspruch erhoben und vorgeschlagen, wenigstens ein« Bestimmung zu beschließen, nach der von Anfang März bis End« Juli olle Katzenhalter ihr« Katzen von abends 8 Uhr bis früh 6 Uhr in ihrer Wohnung zu halten haben. Das Kollegium stimmte dem auch zu, so daß von nun ab di« Hainicher Katzen während des Sommers nächtlichen Stubenarrest haben. * Bad Elster. An Stell« des am 1. Mai ousscheidenven Oberregierungsrotes Etienne ist Regierungsrat Paul unter gleichzeitiger Ernennung zum Oberregierungsrat zum Dade- direktor ernannt worden. " Borna. Zn der Ehemaligen Reithalle am Breiten Teich wurde hier eine zum Zwecke der Rattenvertilgung ein- gebaute Anlage zum ersten Male praktisch ausprobiert. Die Anlage besteht aus einem Drahtnetz, das nachts unter Strom gesetzt wird. Der Erfolg des ersten Versuches war ein ver blüffender, denn am Morgen fand man an dem Drahtnetz nicht weniger als 14 Ratten tot vor. Die Tiere werdens sobald sie mit den Drähten in Berührung kommen, getötet. Aus den Parteien. Bockau, 13. April. Getreu der Parole Adolf Hitlers. „Der Kampf geht weiter!" veranstaltet di« Ortsgruppe der NSDAP, am Freitag abends 8 Uhr im „Sachsenhof" ein« öffentlich« Kundgebung. Es spricht der ehemalige Tschekaführer Klötzner über das Thema „Meine Erleb nisse in Sowjetrußland". Ueber „Marxismus — die Pest" spricht Pg. Richter. Die Einwohnerschaft wird zu zahl reichem Besuch eingeladen. Die Wahrheit über Sowjet rußland dürste jeden interessieren. Gewerkschaftliches. * Der Berband reisender Kaufleute Deutschlands, Gau Mitte, Ätz Leipzig, hat seine 29 Sektionen für den 1. Mai nach Leipzig zu einer Frühjahrs-Gautagung zusam- mengerufen. Den Austakt zur Tagung bildet die Vorstands- sitzung des Gaues am 30. April. Der eigentlichen Gautagung geht erstmalig eine Führ«rbesprechung voraus. In der Gau tagung werden zuerst alle die Fragen erörtert, die mit der so- genannten kleinen Generalversammlung, die am Freitag, den 6. Mai, in Berlin stattfindet, zusammenhängen, dann Be rufs-, Standes, und Derkehrsfrogen. ES war gerade stille Zeit dort oben und sein Sohn Alexander übellaunig und grob wie immer, wenn der Sekt nicht die Tischtücher überschwemmte. Da hatte er von Marianne zu sprechen angefangen — ohne jede Absicht eigentlich — und nur, um den Alexander auf andere Ge danken zu bringen —, vielleicht auch ein bißchen, um sich mit den Lindliebs dickzutun. Ja. Und da hatte der Alexander plötzlich sein Berliner Lächeln aufgesetzt und gesagt: „Du, alter Herr, wie wär's, wenn wir die 'raufkriegten zu uns, diese Marianne? Als Empfangsdame oder so was? Ich zahle ihr 'n anständiges Gehalt. Meine Frau pumpt ihr ein paar Brillanten für den Anfang. Und dann manage ich sie, mache 'n bißchen unterkittige Reklame mit ihr. Du, was metnste —, die zieht uns das Haus voll — für zwei Saisons zum mindesten! Kann ja sagen: heimlich verheiratet gewesen mit dem Herzog, „einem* Herzog, damit uns niemand an die Karre 'ran kann.* Da hatte ihn die Wut gepackt, sinnlose Wut, und er hatte losgedonnert, daß die Wände zitterten und die Kellner aus allen Ecken zusammenliefen. Aber das war ihm Wurscht. Mochten sie's nur alle hören, wie er geschrien hatte: „Wissen möcht' ich, was ihr infamen Geschäftsleute im Leibe habt, daß ihr alles besudeln müßt, was euch in den Weg läuft?* Sein Herr Sohn hatte darauf nur den Mund zu schiefem Lächeln verzogen und sich „das Gebrülls* ver beten. „Mr sind hier in einem anständigen Hotel, nicht in einer Fuhrkneipe, wie die „Goldene Krone*.* So weit hätte er nicht gehen dürfen. Das war „die Höhe*» wie fein Sohn Alexander sich sonst auszudrücken pflegte. „So, mein Junge — na, dann will ich dir was sagen. Welche Meinung ich von deiner GeschästspraxiL habe — nach Art der Fuhrknechte will ich dir's sagen, und wie wir's in der „Goldenen Krone* mache« würden, wenn einer mit solchen Vorschlägen käme — dal* Hatte kräftig und in weitem Bogen auSgespuckt, de« Fuß gehoben, wie zu einem Tritt, und die Lür krachend hinter sich ins Schloß fallen lassen. Nö . . ., der Lindlieb sollte nicht denken Rothe Vater und Rothe Sohn, das war zweierlei. Die »Goldene Krone* ließ er ebensowenig mit Dreck bewerfen wie den Ltndlieb selbst. Wäre ja noch schöner. Was wußte denn so ein Lausejunge von der „Goldenen Krone*, von den Lind liebs, von dem alten Steingau? In den Fingern kitzelt, es ihm, seinem Herrn Sohn ein Schnippchen zu schlagen. Der sollte die Lindliebs nicht von HauS und Hof jagen dürfen. Der durfte die „Goldene Krone* nicht in die Hände kriegen. War ja keine Lebensfrage für ihn. „Aber für uns, Ltndlieb, was, für unS?* Rothe klopft, ihm auf die Schulter, blickt« durch« Fenster, fah Marianne, di« immer noch auf der Bank faß, mit Are« Üol»«». ernsten Gesicht. Das war eine ... Donner ja ... die hatte der liebe Gott extra auf die Welt geschickt, damit man sich ausruhen konnte von denen, die waren wie sein Herr Sohn . . . Wie die sich reingeschickt hatte in das Schwere, wie die aus dem Dreck rausgegangen war, so schlackenrein, wie pures Gold, mit Händen, so sauber, daß man kaum noch wagte, seine alte Tatze reinzulcgen. Wie die fühlte, was die Lindliebs waren und was die „Goldene Krone* bedeutete . . . Ja . . . für die da lohnte stch's, ein übriges zu tun. Und darum brauchte sich der Gustav Lindlieb nicht um die Zinsen zu sorgen. Die Hypothek löste er ab, legte noch was drauf und ließ alles stehen, zinslos ... bis di« Ma rianne das Geschäft wieder in Schwung gebracht hatte, bis es wieder gemütliche Abende gab in der „Goldenen Krone* und er nicht nur im Traum am runden Tisch saß und seinen Skat mit dem Lindlieb kloppte; bis das Haus wieder schmuck und blank dastand wie einst zu des Lind liebs Vater und Großvater Zeiten. Kein modernes Hotel — bewahre . . . Die Zimmer frisch hergerlchtet, aber mit altem Thüringer Hausrat angefüllt. Er hatte seine Quellen. Wußte, wo man's herholte. Balgen würden sich die Leute um so eine Thüringer Bettstatt . . . und eine Stange Gold würden sie zahlen, die vornehmen Damen, wenn sie ihre Kleider in gemalte Schränke und Truhen legen dürften, die einst den Staat reicher Bauern beherbergt hatten. „Hab' was gelernt von meinem Herrn Sohn, Lind lieb, kann der Marianne betstehen mit Rat und Tat, wenn's Ihnen zuviel wird, weiß, daß es eine Grenze gibt für das Protzentum. Ist ja auch Protzenium, wenn sie die Einfachheit mit Gold aufwiegen, uns soll's recht sein, Ltndlieb. Wir bieten dem Grand Hotel Trotz, paffen Sie auf. Wollen sehen, wer überS Jahr mehr Gäste abweisen muß, die da oben oder wir, der Ltndlieb heißt's, Lindliebs „Goldene Krone*, was? Die Marianne schafft's, die schafft's, Lindlieb, der trau ich's zu.* Gustav Lindlieb richtete sich plötzlich aus seinem Sessel aus. Stand auf beiden Füßen. Ohne Stock. „Ra sehe« Sie, nun stehen Sie schon auf den Beine«. Ist mir ein Fest, wenn wir zwei alten Steingauer dem Berliner eine Rase drehen. Und wenn's auch mein Sohn ist, der stirbt nicht daran, der nicht.* Gustav Lindlieb streckte den Arm aus, stammelte etwas — machte einen Schritt, dann noch einen. Marianne saß immer noch regungslos auf der Bank. Der herbe Märzwind wehte ihr den ersten knospigen Frühltngsduft ins Gesicht, jagte die Wolken wie zwei große, weiße Schwingen über die Sonne. Schön würde eS sein, wenn erst alles in prangendem jungen Grün stand, und schön würde es sein, zu schaffen — neu aufzubaueu, die Schuld zu tilgen, die sie auf sich lasten fühlte. ^Lindliebs „Goldene Krone* .. .* Vie lächelte still. Es war etwas dran am Ramenpvlz «nd bett» Vor recht der Große» der Erde allein (Schluß folgt.) Da hörte sie plötzlich einen Schrei. Und dann gellte ihr NaMe durch den Garten. Sie schnellte auf und lief ins Haus. Der alte Rothe trat ihr auf der Schwelle der Gaststube entgegen — faßte sie an beiden Armen, mit zitternden Händen. .. , „Er hat's nicht tragen können . . . Marianne . » . da« Glück hat er nicht tragen können, der Lindlieb . . .* „Was sagen Sie . . .* Sie starrte ihn an — begriff nicht gleich — dann riß sie sich los und stürzte in die Gaststube. Lustige Kringel malte die Sonne auf den Estrich, auf das wachsgelbe Gesicht des Gustav Lindlieb. Er lag am Boden. Tot. Die Äppen halb geöffnet in seligem Lächeln ... * * Eine Beerdigung wie die von Gustav Lindlieb hatte selbst der alte Pfarrer von Steingau vor zwei Jahren nicht gehabt. Gewiß hatte Lindlieb es vergessen, wie prunkvoll er sein Leichenbegängnis bei dem Beerdigungsverein bestellt hatte. Nichts fehlte. Nicht der von sechs Pferden gezogene schwarze Katafalk, mit Krone und Federbusch, nicht die Gesangvereine, die Kellnerinnungen und Deputationen der Gastwirtsverbände, nicht die Fackelträger und nicht die endlose Reihe von Trauerkutschen. Ganz Steingau folgte dem Trauerzuge, und auch aus Talheim waren die meisten gekommen, selbst die Gäste des Grand Hotel — die gierig nach jeder Abwechslung fahndeten. Frau Ulrike ging zwischen ihren Töchtern als erste hinter dem Sarge. Sie weinte nicht. Die ungeahnte Großartigkeit dieses in guten Tagen bestellten Gepränges erschütterte sie so gewaltig, daß sie kaum recht zum Bewußtsein ihres Verlustes kam. Doktor Rupert Menck hielt am offenen Grabe eine Rede. Franziska fand, daß er gut aussah in seinem elegant ausaearbeiteten Mantel und dem spiegelblanken Zylinder, mit dem Bändchen des D . . schen Hausordens im Knopf loch. Dieses Bändchen gab ihm etwas Offizielles und Würdevolles, das Franziska mit Stolz erfüllte. Merkwürdig, daß er — der der ganzen unseligen Ge schichte mit dem Herzog am fernsten gestanden — der ein zige war, der etwas „davon -«habt hatte*. Er sprach übrigen- lang und gut. Aber was «r sagte, tonnt« Geltung haben für jeden Vater, jede« Bürger, jede« anständigen Menschen, jede«, der eine Frau hinterließ und zwei Töchter, jeden, der Kämpfe bestanden hatte im Leben und vor der Zeit ab- berufen worden war . . . Den Gustav Lindlieb erkannte keiner . .. Nur wenig« Worte sprach der alte Apotheker. „Kannst rubig schlafen, Gustav Lindlieb, dein Name soll unvergessen bleiben im alten Steingau — und was ich dir versprochen, deiner Tochter Marianne will ich eS hatten, um der frohen Stunden willen, die die „Goldene Krone* mir ge- schenkt — um der Jugendzeit willen — die mich au- ihren Nische« leise anruft. Magst ruhig schlafen, Gustav Lind-