Kopf bloß ein Haarstreifen, genau drei Finger breit, übrig blieb. Selbstverständlich war diese Prozedur ziemlich schmerzhaft, und es ging ohne ein paar Einschnitte und Schrammen nicht ab; aber man achtete nicht darauf, umsoweniger, als jetzt das Stillschweigen nicht mehr beobachtet zu werden brauchte; über dies wußten die Novizen, daß ihre lieben Angehörigen im Sprechzimmer schon auf sie warteten. Nach der vollendeten Rasur eilten sie darum sofort hinunter, und es folgte ein freudiges Wiedersehen und Begrüßen. Ein splendides Festessen zu Mittag vollendete die allgemeine Fest stimmung, in der sie bis zum sinkenden Abend in Gesellschaft ihrer lieben Eltern und Angehörigen verblieben. Nicht einmal der Abschied von den Lieben kam ihnen diesmal schwer an; sie wußten, daß das Schwierigste jetzt überstanden sei, und überdies fühlten sie sich in ihrem neuen Stand so gehoben, daß sie ihre scheidenden Lieben noch trösten konnten. Auch diese fühlten sich natürlich sehr geschmeichelt und geehrt. Als Leonardus von seinem Bruder Abschied nahm, sagte dieser ganz leise, ohne daß es die andern hören konnten: „Du, Gottfried, Klärchen ist in der Kirche ohnmächtig ge worden und mußte nach Hause gebracht werden. Sie läßt Dir viel Glück wünschen in Deinem neuen Stande. Auch bat sie mich, Dir zu sagen, daß sie von einem Bruder Leonardus nie etwas wissen will, daß sie aber den Gottfried in ihrem ganzen Leben nicht vergessen wird.“ Bruder Leonardus erblaßte. Schnell aber schlug er ein Kreuz, wie es die Heiligen getan, deren Lebensgeschichte er gelesen und murmelte: „Apage Satana — Weiche von mir, Satan!“ Dann verschwand er mit den anderen im Kloster. Als die Novizen wieder allein waren, galt es noch eine wichtige Arbeit tun. Sie mußten nämlich umziehen; keine Nacht durften sie mehr in ihren bisherigen Zellen zubringen. Sie benutzten diese bisher als Gäste; da sie aber von jetzt an dem Orden angehörten, so mußten sie auch eigene Zellen be ziehen. Im zweiten Stock oben befand sich das Noviziat, d. h. der Ort, an welchem sie ein ganzes Jahr zubringen mußten, bevor sie sich ins Studium begeben durften. Dieser