— 117 — beichte. Weil der Geistliche die Stelle Gottes vertritt, leider aber nicht allwissend ist, so muß man ihm alles so sagen, wie es Gott selbst weiß; wenn man eine schwere Sünde vor ihm verschweigen würde, so wäre die ganze Beichte ungiltig, ja man würde noch obendrein eine neue große Sünde begehen. Weil also der Geistliche bei der Beichte die Stelle des ewigen Vaters aller Menschen vertritt, deshalb heißt er: Der Beicht vater, und die zu ihm zur Beichte gehen, heißen: Die Beicht kinder. Als ein wahrer Richter muß der Geistliche während der Beichte sitzen, deshalb wird ein Stuhl für ihn gebaut und der heißt: Der Beichtstuhl. Dieser Beichtstuhl hat die Form eines Kastens, in dessen beiden Seitenwänden kleine, vergitterte Fensterchen angebracht sind. Vor diesen Fensterchen knien die Beichtkinder nieder, der Geistliche lehnt sein Ohr von innen an das Gitter an und in das Ohr hinein werden ihm die Sünden mit leiser Stimme mitgeteilt. Es wird abwechselnd bald das linke und bald das rechte Ohr des Beichtvaters in Anspruch genommen. Der Beichtvater hört ruhig alles an, was man ihm sagt, dann fragt er, was ihm gut scheint und beliebt, gibt die nötige Belehrung und Ermahnung, legt eine Buße auf, vergibt die Sünden, indem er die Absolutionsformel spricht und über die ganze unsaubere Sündengeschichte ein Kreuz macht und — das Beichtkind ist entlassen, es kommt ein anderes an die Reihe. Weder der Beichtvater, noch das Beichtkind dürfen etwas von dem verraten, was sie im Beichtstühle miteinander ge sprochen haben; besonders der Beichtvater würde eine sehr schwere Sünde begehen, wenn er mit den gehörten Geheim nissen Mißbrauch treiben wollte. Die Vorgesetzten jedoch be sitzen das Recht, zu beurteilen, was man unter „Mißbrauch“ zu verstehen hat. In Folgendem berichtet Pater Leonardus selbst über seine Erfahrungen als Prediger und Beichtvater. Auch wir wurden für das Prediger-Amt sehr gewissenhaft erzogen. Zwei Jahre lang mußten wir die Literatur und weit-