Volltext Seite (XML)
114 gründliche Vorübung alles das angeeignet haben, was zu diesem schwierigen Amte nötig ist. Und wenn man einen Domini kaner auf der Kanzel erblickt, so kann man überzeugt sein, daß er seine Sache in seiner Richtung gut machen wird. Denn geistig schwächlichere oder für das Prediger-Amt nicht vor züglich befähigte Mönche läßt man keine Kanzel betreten; diese werden zu andern Ämtern verwendet. So erscheinen die Dominikaner-Prediger auf der Kanzel nicht als jene traurigen Figuren von Predigern, die ihre abgeschriebene und mühsam eingelernte Predigt vor dem gähnenden Publikum auf eine Art und Weise hersagen, daß die Zuhörer oft mit Angst dem Ver laufe der Predigt folgen und froh sind, wenn „der da oben“ endlich fertig ist. Die Vorschriften der Dominikaner-Regeln die Prediger betreffend lauten folgendermaßen: „Dem Prior steht das Recht zu, einen Bruder zum Predigen zuzulassen oder nicht. Die Brüder, die zum Predigen zuge lassen werden, müssen in sittlicher und wissenschaftlicher Beziehung durchaus erprobt sein. Wenn sie auswärts, d. h. in einer anderen als der Ordens-Kirche, predigen sollen, müssen sie wenigstens das 25. Lebensjahr zurückgelegt haben. Bevor einem Bruder das Amt eines Predigers übertragen wird, muß er ein gewissenhaftes Studium in der heiligen Beredsamkeit absolviert, den nötigen Prüfungen sich unterzogen und diese mit gutem Erfolge bestanden haben; außerdem muß er mindestens drei bis vier öffentliche, d. h. vor allen Kloster brüdern gehaltene Probepredigten zur Zufriedenheit gehalten haben. Eine vom Provinzial beorderte Kommission, bestehend aus fünf tüchtigen Predigern, hat darüber zu entscheiden, ob sich der betreffende Kandidat zum Prediger eigne oder nicht. Wird er approbiert, so hat er einen Schwur zu leisten, daß er sich stets an das Bekenntnis der heiligen römischen Kirche und an die durchaus verläßliche Doktrin des hl. Thomas von Aquin halten werde. Die Prediger sollen mit Begeisterung ihr Amt verwalten, sie sollen, eingedenk des Wappens des Ordens, selbst als treue, wachsame Hunde des Herrn das Haus Gottes bewachen, den Weinberg des Herrn und jene, die in diesem Weinberge arbeiten, schützen. Gegen Häretiker und Ketzer