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96 statt, bei welchem natürlich ein jeder den heiligen Geist anrief, damit er ihm seine eigne Absicht durchsetzen helfe. Es muß gewiß jedermann, besonders aber demjenigen, der die Intriguen der Mönche näher kennen gelernt hat, als gottlose Blasphemie erscheinen, wenn jene bei dergleichen An lässen den heiligen Geist anrufen, trotzdem die einzelnen Parteien schon wochenlang vorher in ihrem eigenen Geiste agitierten und oft listige und unlautere Kunstgriffe anwendeten, um ihre Absicht zu erreichen. Daß es bei der genannten Provinzialswahl recht scharf zuging, konnte man schon daraus ersehen, daß sie den ganzen Tag dauerte. Erst gegen Abend nach mehreren resultatlosen Wahlgängen wurde der schon anfangs erwähnte „Reformator“ der österreichischen Klöster zum Provinzial gewählt. Für die übrigen bei der Wahl nicht beteiligten Brüder kam dabei hauptsächlich der erfreuliche Umstand in Betracht, daß während der Zeit, wo die hohen Gäste sich im Kloster auf hielten, der Bruder Koch und der Bruder Kellermeister ihre Leistungen für das allgemeine Wohl sehr bedeutend steigern mußten, wobei natürlich alle Brüder auf ihre Rechnung kamen. Die Kleriker legen die feierliche Profess ab und empfangen später die Priesterweihe. Ein jeder Kleriker des Dominikaner-Ordens muß drei Jahre nach seiner einfachen Profess eine zweite, die feierliche Profess ablegen. Während dieser drei Jahre kann ein Kleriker austreten und in die Welt zurückkehren. Für solche Fälle, wie vorhin schon erwähnt, hat der Provinzial die nötige päpstliche Vollmacht, die abziehenden Kleriker von der Einhaltung der bei der einfachen Profess abgelegten Gelübde zu dispensieren. Durch die feierliche Profess aber wird der Kleriker gebunden für immer. Von der Einhaltung der in der feierlichen Profess gemachten Gelübde gibt es keinen Dispens mehr.