Enthält: zahlreiche Anstreichungen und Anmerkungen Karl Mays im Text und auf dem fliegendem Nachsatz, auf Titelseite neben Verfasser handschriftlich von May mit Tinte: "(Hessen)"
— 38 — den selben Essex und Hamlet, für König Claudius und Leicester, die Königin Gertrud und des Essex Mutter, kurz für den Konflikt eines lautern öffentlichen Charakters mit einer von Fäulniß durchsetzten Kamarilla uns Hermann Conrad erst neuerdings nachwics.*) In „Minna v. Barnhclm" am ehesten schmecken wir das „Fritzische" heute noch durch. Daß das Lager zu Pilsen die Franzosenzeit widerspiegelt mit ihrer un ersättlichen Plünderung fremden Wohlstandes, ihrer über- müthigen Scheidung zwischen dem, „was zur Armee gehört — und was nicht"; daß zu Wallenstein selber Napoleon Bona parte als ein, sich nur in ungleich größeren Dimensionen dar stellendes, zeitgenössisches Vorbild dem Dichter die Anregung und einige der feinsten Züge lieferte, das hab ich selber erst von Karl Werder gelernt. Wenn Gordon im vierten Akt sich äußert: „Durch unsre Mitte ging er stillen Geists, Sich selber die Gesellschaft; nicht die Lust, Die kindische, der Knaben zog ihn an; Doch oft ergriffs ihn plötzlich wundersam, Und der geheimnißvollen Brust entführ, Sinnvoll und leuchtend, ein Gedankenstrahl, Daß wir uns staunend ansahn, nicht recht wissend, Ob Wahnsinn, ob ein Gott aus ihm gesprochen". . . so ist das nicht der junge Wallenstein am Hof von Burgau, sondern Napoleon auf der Kriegschule zu Brienne. „Die Hermannschlacht" ward geboren aus der Schmach des geknebelten und niedergetretencn Vaterlandes, der „Prinz von Homburg" aus der prophetischen Zuversicht, daß Brandenburg nicht also vergehen könne. Mit wie scharfen Skorpionen schon in „Emilia Galotti" die lüsterne Tyrannei deutscher Duodezpotentaten ge geißelt wurde, das ganz zu erfaßen, fehlte zu Lessings Zeiten nur die Presse und eine vorgeschrittene öffentliche Meinung. -i- * *) „Preuß. Jahrbücher" Febr. und Juli 1895.