Enthält: zahlreiche Anstreichungen und Anmerkungen Karl Mays im Text und auf dem fliegendem Nachsatz, auf Titelseite neben Verfasser handschriftlich von May mit Tinte: "(Hessen)"
Kapitel V. (Vier Griffe. „Die Ehre" von Hermann Sudermann war ein überaus glücklicher Griff. Der Kontrast zwischen Vorder- und Hinterhaus unserer Großstädte mitsammt den heimlich spielenden Wechselwirkungen von Anzengruber im „Vierten Gebot" längst behandelt, war in Berlin noch neu und interessierte sehr. Sudermann, wie der Volksmund sagt, hatte hier „das pras", und Anzengruber, der übrigens den Ruhm dieser Erfindung wieder an Nestroy scheint abtreten zu müssen, von dem schon 1838 eine Poffe „zu ebener Erde und erster Stock" betitelt 'wurde, kam hinter ihm drein. Vor Allem war es die Figur des „Bonvivant" (des Grafen Traft), die nach altbewährtem Pariser Muster gezeichnet, innerlich vollkommen unmöglich, aber literarisch gut ausgestattet, dem Stück die Gunst der Zuschauer gewann. Nicht blos, weil auf der Bühne Nichts so sehr gefällt als eine überlegne Persönlichkeit, die mit guter Laune Alles zum Besten lenkt, sondern weil die Paradoxien, die Graf Traft verschwenderisch über „die Ehre" ausstreut, den Besuchern der Premisre so recht aus dem Herzen kamen. Sudermann kannte diese Kreise genau. Persönlich unan tastbar, vom besten Willen beseelt, aber ohne sichern Geschmack und vielfach ein Kind seiner Laune, lebte und webte er cin- gesponnen in die dialektischen Zaubernctze der Neuberliner des