Enthält: zahlreiche Anstreichungen und Anmerkungen Karl Mays im Text und auf dem fliegendem Nachsatz, auf Titelseite neben Verfasser handschriftlich von May mit Tinte: "(Hessen)"
11 sich ausleben, und es wäre nichts bedauerlicher und schädlicher, als wenn die Leidenschaften reiner, die Irrungen gesunder Per- sonen aufhörten, als interessant und darstellenswerth zu gelten, damit die fürchterliche der Griechen nunmehr durch die „erbliche Belastung" ersetzt würde. Liegt somit in den zu fassenden Entschließungen dgs eigentliche Wesen des Dramas, ist eme'"Äoße B?gevenheit, wie sie einer Erzählung zum Vorwurf dienen mag, zur Darstellung durch ein Drama nicht genügend, so sind es die schon von Lessing (wenn auch in anderm Sinne) sogenannten „inncrn Ereignisse", denen Paul Heyse in seinem jüngsten Roman „Merlin" so energisch und voller Hoffnung ihren Platz fordert, noch viel weniger. Heyse verspricht sich in einer Tragödie, die den Täufer Johannes zum Helden hätte, von dem Ein druck des abgeschlagenen Kopfes auf Herodias und von der Erinnerung (!) an vergangene Tage, die sie dann ausströmen würde, eine „mächtige Bühnenwirkung"!! Wahrhaftig, man kann lyrische und dramatische Wirkung nicht peinlicher ver wechseln, das Wesen des Dramas nicht gründlicher mißverstehn. Der Monolog der Herodias würde so recht eine jener „schönen Stellen" werden, mit denen unkräftige Dramatiker ihr Publikum darüber hinwegzutäuschen suchen, daß in Wirklichkeit Nichts vorgeht. Gefühle, Seelenstimmungen, die zu keinem Entschluß führen, sind im Drama widrig und werthlos. Die That selbst aber ist nur" verwendbar zur i 1 Lösung einer entstandenen Spannung. Ohne daß eine Willens-Spannung angehäuft war, wirkt eine That nur plump und täppisch; sie geht Niemandem nahe. Dagegen kann die- jenige^äüf die der Zuhörer von Anfang an vorbereitet wurde, mit Vortheil bis ans Ende des Stückes hinausgeschobcn werden, während kleinere Entscheidungen in der Zwischenzeit dazu dienen, ein Uebermaß ongesammelter Elektrizität zu be-