Enthält: zahlreiche Anstreichungen und Anmerkungen Karl Mays im Text und auf dem fliegendem Nachsatz, auf Titelseite neben Verfasser handschriftlich von May mit Tinte: "(Hessen)"
Kapitel XVI. Der Dramatiker aks Srzieher. Jndeß, wir leben nicht bloß bühnentechnisch in einer Zeit des Ueberganges, und die Frage, welch eine Art oder Unart von Kultur sich aus dem heutigen Durcheinander abklären könne, wird zu häufig mit unsrer Dramatik in Beziehung gebracht, als daß sie hier ganz unberücksichtigt bleiben könnte. „Ich will nicht sagen, daß es ein Fehler ist, wenn der dramatische Dichter seine Fabel so einrichtet, daß sie zur Er läuterung oder Bestätigung irgend einer großen moralischen Wahrheit dienen kann." So dachte Lessing. Auch erduldete zwar solche Stücke nicht, die nur um einer aufdringlichen Tendenz willen zurechtgemacht erschienen; die moralische Wahr heit sollte dem Zuschauer nachträglich aufgehn als ein mehr beiläufiges Ergebniß des Geschauten, wie eine runde Frucht aus einem Mantel fällt. Wenn ihm „nicht das bloße Er dichten, sondern das zweckmäßige Erdichten" einen schöpferischen Geist bewies, so hatte er dabei nur die künstlerische Voll kommenheit dramatischer Figuren im Sinn, die vor der Kritik die schärfsten Proben der Wahrscheinlichkeit und des Gefallens bestehen sollten. Dagegen galt auch ihm um so nachdrücklicher der Satz: „mit Absicht dichten, mit Absicht nachahmen, ist Das, was das Genie von den kleinen Künstlern unter-