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196 pathetisch. Er „frozelt" die Alte ein bischen auf gut Wienerisch und weiß, daß unser Dasein, derartig aufgefaßl, immer noch am erträglichsten ist. Wenn wir ihn hören, müßen wir lachen; und wir können sicher sein, daß, was auch sonst Widerwärtiges und Beklemmendes auftauchen könnte, er sofort die Stelle herausgefunden haben wird, die, in den Vordergrund gerückt, die ganze Sache drollig erscheinen läßt. Sein Lachen nimmt dem Leiden der Welt den Stachel. Und worin liegen nun die technischen Nachtheile für den Dramatiker, der keinen Humor besitzt? Sie liegen in der Gefahr, im Stoffe stecken zu bleiben^ Anfänger, dem das Herz voll ist von Deinein Stoff, der Du ihn mit Allem, was er predigt, Deinem Publikum recht an's Herz legen möchtest, frage Dich wiederholt: wo ist seine komische Seite? Hast Du den Standpunkt gefunden, um sie zu sehn, so stelle Dich möglichst o^t dahin, Dich und alle Deine Figuren. ich Dir nannte, dann wird man Deine Leistung als eine oratio pro ckouao mit frostigem Achselzucken ablehnen. Man hat Deine Absicht bemerkt, man bezichtigt Deinen guten Willen der Uebertreibung, und Du hast Deinen Zweck verfehlt. Die Leidenschaft mag Dir die Feder in die Hand drücken; aber erst wenn Du durch innerliche Arbeit Dich von jeder Vor eingenommenheit befreit hast, so, daß Du über die ganze An gelegenheit auch zu lachen vermagst, erst dann wirst Du fähig sein, statt eines bloßen Pamphlets ein künstlerisches Gebilde zu liefern; nicht Menschen, denen^die Zettel aus dem Munde hängen mit Deinen Gedanken darauf, sondern Menschen, die ihr eignes Dasein führen. Der Zorn ist ein vortrefflicher Lyriker und ein guter Publizist, aber ein spottschlechter Bühnendichter. Wenn irgendwo, so will auf der Bühne die Rache kalt genoffen sein. Wer das nicht glaubt, der beobachte, wie schnell die Dramen verschwinden und wie wenig Eindruck