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— i — nähert sich die Dramatik der Strategie. Shakespere gleicht Morphy in der Uebcrsichtlichkeit und Gedrungenheit seiner f f Exposition. Beiden^ gleicht Napoleon m Vorbereitung und . . Einleitung seiner Schlachten. Es wäre nun zwar unverantwortlich, einem dramatischen Anfänger die Vermuthung nahezulegen, daß er dichterischer Qualitäten entbehren könne, weil seine künstlerischen ihm so sehr viel wichtiger und nöthiger seien. Doch soviel ist durch Hunderte von Beispielen nachgcrad erwiesen, daß Alles, was den echten Lyriker ausmacht: tiefes Gefühl, Reichthum und Wohllaut der Bildersprache, für den Dramatiker in zweiter und dritter Linie steht, während wieder, was viele berühmten Er zähler glaubten entbehren zu können und dessen Mangel weder dem Ruhme Sterne's bei den Briten, noch Jean Pauls bei den Deutschen geschadet hat: eine gut gegliederte, spannende Fabel, die voll Kraft und Nachdruck zu einem mit Ungeduld erwarteten Ende hindrängt, für den Dramatiker ganz unerläßlich, ja recht eigentlich von entscheidender Bedeutung ist. Glaubt Jemand, seine dichterischen Eigenschaften berechtigten ihn, sich an Dramen zu versuchen, während er doch einer gewissen Breite bedarf, um seine Figuren sich ausleben zu lassen, und ihm die Gabe der schnellen Entwickelung, der scharfen Charakteristik, des unaufhaltsamen Fortschrittes versagt ist, so können seine Ge schöpfe mit Engelzungen reden, seine Stücke werden matt bleiben, ja sie wären bester nie geschrieben worden. Die Liebe zum Kleinleben, die sorgsame Beobachtung, die Fülle der Einzelheiten machen den Schilderer; der Verstand für das Wichtige, die inhaltreiche Kürze, die glückliche Knappheit machen den Dramatiker. Geht nun ein Neuling an seinen ersten Versuch, so ist das, womit er gewöhnlich beginnt: die äußere Nachahmung des Dialoges, das Allerunwichtigste. Stücke, die bloß von ihrem Dialog leben wollen, ermüden tödtlich und sind die schlechtesten, die es giebt. Zwar erlangte Sheridan's