Enthält: zahlreiche Anstreichungen und Anmerkungen Karl Mays im Text und auf dem fliegendem Nachsatz, auf Titelseite neben Verfasser handschriftlich von May mit Tinte: "(Hessen)"
Kapitel H. Mas rst ein Dramatiker? Um diese Frage richtig beantworten zu können, muß man sich vor Allem klar machen, daß der Buchdruck von Dramen, obwohl nothwendig, um ihren Wortlaut fcstzustellen und Andern zugänglich zu machen, doch nur ein trauriger Nothbehclf ist, um sie zu genießen und zu bcurtheilen. Dazu sollen Dramen nicht gelesen, sondern gehört und geschn iverden, weil sie eben, als sie entstanden, nicht sowohl geschrieben, als vielmehr ge formt und aufgebaut wurden. Wer immer nur von dramatischer Schreibweise spricht, hat den wirklichen Sachverhalt entweder selbst nie durchdrungen oder er wird zum mindesten viel dazu beitragen, daß Andre ihn mißverstehn. Wenn darum in den folgenden Blättern der Terminus „Dramatik" fällt, wird ein für allemal die Kunst verstanden, die von der Bühne her auf uns wirkt und zu ihrer Dar stellung sich der menschlichen Körper bedient, ja aus den Mienen und Bewegungen der Schauspieler uns oft mehr enthüllt als aus den Worten, die an unser Ohr schlagen. D. h. die Dramatik gehört den bildenden Künsten an. Nicht ausschließlich; aber sie steht ^vermittelnd auf der Grenze zwischen der Dichtkunst, die sich mit gedruckten Worten begnügen darf, und der Plastik, deren Leiber stumm und ohne Bewegung sind. Ja man darf sagen: die Dramatik ist ge steigerte Dichtung und Plastik zugleich. Sie faßt beide zu-