Enthält: zahlreiche Anstreichungen und Anmerkungen Karl Mays im Text und auf dem fliegendem Nachsatz, auf Titelseite neben Verfasser handschriftlich von May mit Tinte: "(Hessen)"
160 — Menschen beschämt, als in jener herrlichen Komödie,*) deren Heldin Helena sich also vernehmen läßt: „Oft ist's der eigne Geist, der Rettung schafft, Die wir beim Himmel suchen. Unsrer Kraft Verleiht das Schicksal Spielraum; nur dem Trägen, Dem Willenlosen stellt es sich entgegen," — hier sucht Dowden das eigentliche Glaubensbekenntniß seines Dichters. Ich möchte heroorheben, daß Helena ausdrücklich sagt: „oft ist's der eigne Geist", nicht etwa: stets. Trotzdem bemängelt auch Dowden dem Dänenprinzen die Neigung, „den Antheil, den der bewußte Wille und die Fürsorge des Menschen an den Ereignissen haben, auf ein Minimum herabzusetzcn." Er ist somit im entscheidenden Punkt doch auf Seiten Flathes und Kreyssigs, und obwohl er die Vorlesungen von Karl Werder kannte (denn in einer Anmerkung erwähnt er sie als „glänzend") steht in dem ganzen Buche kein Wort von der Aufgabe Ham lets und ihrer ungeheuren Schwere. Wie ist das möglich? Ward schon je eine Tragödie geschrieben, und selbst die schlechteste dürfte sich solcher Sinnlosigkeit nicht zeihen laßen, in welcher die Ermordung eines Schuldigen vorkäme, ohne daß die Schuld für das Stück und für die handelnden Personen zur Evidenz gebracht worden wäre? Muß man denn immer vergeßen, daß cs nur ein Geist ist, der zu Hamlet spricht, daß ganz Dänemark diesem ins Gesicht lachen würde, sobald er sich auf einen solchen Zeugen beriefe? Vergessen, daß der hartge- sottne König sich eher die Zunge abbeißcn würde, als gestehn? Das ist ja einer der allerfcinsten Züge im Stück, daß der Dichter den Verbrecher nur im Selbstgespräch bekennen läßt. Wir, die Zuhörer, sind wiederum eingeweiht, ganz wie bei der Erscheinung des Geisies, aber diesmal ist es selbst Hamlet nicht. Von Evidenz kann gar keine Rede sein. *) „Ende gut, Alles gut."