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— 115 — insonderheit der Hof, sind auf des Königs Seite. Der Text sagt von Hamlets Mutter nicht „Wittwe", sondern viel deut licher noch: Dir' imperial MntrsW, d. h. die Königin war eine ok lrsr ovn ri^lit", sie war die Rechtsnachfolgerin des Verstorbnen, konnte über ihren Besitz und ihren Thron verfügen wie, konnte heirathen wen sie wollte, selbst ihren Kammerdiener, und es ist von Seiten Flathes eine grobe Ent stellung des Sachverhaltes, beim Könige, ihrem jetzigen Gemahl, von „angemaßter" Höhe zu sprechen. Das könnte man von einem Usurpator, was dieser König nicht war. Hamlet würde sich Etwas anmaßen, wenn er die Legalität dieses Königs an zweifelte. Zum einzigen Zeugen hätte er dabei einen Geist, einen Schatten, den außer ihm Niemand im Lande gesprochen hat, eine höchst zweifelhafte Autorität! „Der Adel, der Hof, die sammtlichen Würdenträger des Reiches, — sagt Karl Werder, — müßten sie nicht herfallen über Hamlet als über den schändlichsten, frechsten, unverschämtesten Lügner und Ver brecher, der, um seiner eignen Ehrsucht zu genügen, einen Andern, den König, völlig beweislos des äußersten Frevels bezichtigt, um diesen Frevel an ihm begehen zu können? Einen Menschen, der sich auf solche Weise in den Besitz der Macht setzen will, den sollten sie geneigt sein als ihren König anzuerkennen — den notorischen Königsmörder?" Und weiter: „Wir sind im Geheimniß, sitzen als Publikum im Rath der Götter. Aber die Dänen wissen es nicht!" Und Dänemark ist nun einmal Hamlets objektive Welt; mit ihr hat er sich abzufinden. Seine Aufgabe besteht also nicht in einem resoluten Dolch stoß, wie Kreyssig ihn fordert; auf nichts Ungeschickteres könnte er verfallen. Will er den Vater rächen, muß er vor Allem den König überführen. Und um ihn überführen zu können, ihn, den glatten Schurken und Heuchler, der Alles eher thun wird als gestehn, — dazu braucht er nicht den Tod, sondern 8* !