Von alledem lesen wir in Gen. 1 nichts Ausdrückliches mehr. In den priesterlichen Kreisen, aus denen Gen. 1 in seiner jetzigen Gestalt hervorgegangen ist, konnte man die ausdrückliche Wieder gabe einer so krassen mytholoaiichen Vorstellunm wie sie in dem Kampf Jahves mit der Tehom vorliegt, nicht mehr ertragen. Dazu waren die religiösen Anschauungen in dieser Zeit und in diesen Kreisen eben doch schon zu sehr geläutert. Insofern können wir auch mit Recht sagen, daß Gen. 1 hinsichtlich seines religiösen Wertes eine ungleich höhere Stufe einnimmt, als jene anderen Stellen des Alten Testaments, an denen von der Weltschöpfung in der Form des Jahve-Tehom-Mythus die Rede ist. Aber rein historisch betrachtet ist für uns diese letztere Form in mancher Hin sicht wertvoller, weil sie uns die ursprünglichere israelitische Vor stellung zeigt. Denn in Wirklichkeit liegt die Sache so: Gen. 1 hat jenen altisraelitischen Jahve-Tehom-Mythus zur Grundlage. Darum auch die mancherlei recht altertümlichen Züge, die wir trotz des im übrigen recht späten Gewandes in Gen. 1 bemerken konnten. Es bietet uns aber den alten Mythus in einer Form, in der alle diejenigen Punkte nach Möglichkeit ausgeschieden sind, die sich mit der reineren Gottesvorstellung dieser späteren Zeit nicht mehr ver trugen. So mußte vor allem gleich zu Eingang der Kampf Jahves mit der drachengestaltigen Tehom unterdrückt werden. Vollständig ist diese Unterdrückung aber doch nicht gelungen. In der Nennung der Tehom und in dem Bericht von der Trennung der oberen und unteren Wasser durchHe Hiinmelsfeste hat sich eine zwar leise, aber doch noch sicher genug zu erkennende Spur des ursprünglichen Tat bestandes erhalten. Richten wir nun, nachdem wir den biblischen Schöpfungsbericht von Gen. 1 in seiner jüngeren und seiner älteren Gestalt an uns haben vorüberziehen lassen, unseren Blick auf den babylonischen Schöpfungsmythus. Schon vor der Wiederentdeckung des baby lonischen Altertums durch die Ausgrabungen des letzten halben Jahr hunderts wußten wir durch Nachrichten bei griechischen Schriftstellern von einem eigentümlichen Schöpfungsberichte der Babylonier. Die betreffenden Angaben, wie sie sich namentlich bei dem Kirchenvater Eusebius finden, gehen zurück auf das Werk eines babylonischen 'Priesters Berosus, der um das Jahr 280 v. Ehr. in griechischer Sprache drei" Bucher über sein Heimatsland Babylonien schrieb, die später leider verloren gegangen sind, so daß wir nur das davon besitzen, was sich in gelegentlichen Auszügen bei Eusebius, Jose-