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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. PränumerattonS- Prn« 22j Ssr. Tblr.I vierreljährtich, 3 Thaler für dnr ganze Johr, ohne Er höhung, in allen Zheiien der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man »ränumerirt auf diese« Beiblatt der Allg.Pr. StaatS- Zcitting in Berlin in der Expedition (Mohren - Ttraß! Nr. 34); in der Provinz so wie im Auölande bei den Wohllöbl. Post - Aemtern. Literatur des Auslandes. 74. . Berlin, Freitag den 21. Juni 1833. Nord-Amerika. Amerikanisches Theater. William Hallam war im Jahre 4752, nachdem Garrick sich zu- rückgczozcn, Eigcnthümcr des Theaters von Goodmausficlds in Lon don geworden. Da« Publikum aber konnte seinen Vorgänger nicht so schnell vergessen, das Haus blieb leer, und Hallam mußte banke rott machen und seine Vorstellungen schließen. Er warb nun eine vollständige Schauspieler-Gesellschaft an und eppcdirte sie unter dem Geleit seines Bruders nach Amerika. Auf der Uebcrfahrt in der „reizenden Sally" ergötzte sie die Matrosen durch zahlreiche Proben; sic trat mit chrem Debüt am 5tcn September 4752 in der Haupt stadt von Virginien auf und durchzog nun eine Grafschaft nach der anderen. Dies dauerte bis zum Ausbruche der Revolution. Den ersten Stoß gab ihr der Kongreß zu Pcnnsvlvauicn im Jahre 4774; er wies alle Arlen Verschwendungen, die von England derkamen, zuruck, und die Habncnkämpfe, Spiele, Paraden und Schauspiele wurden aus den Vereinigten Slaaicn verbannt. Die Englischen Schauspieler begaben sich nach den Antillen; während des Aufenthalts cmxs Theiles des Englischen Heeres in Boston surrten die Lfsizicrc ein Strick des Generals Bourgoync aus, „die Einschließung von Boston" genannt, als ein Sergeant auf die Buhne kam und einen Angriff der Aufruhrer anküudigte. Er .-.»achte seine Sache sehr natürlich, und das Publikum dczeiz'c durch lr-ucs Bravorufen feine Zufriedenheit, ohne zu ahnen, daß der Ser geant die Wahrheit gesagt und die Gefahr nahe scy. Rach wiedcrbergestclllcm Friede» geschah im Kongreß ein An trag zur Unterdrückung dcS Lasters und der Uosittlichkcil; man schlug sogar eine Klausel vor, durch welche jede theatralische Vorstellung aus ewige Zeiten aus den Bereinigten Staaten verbannt bleiben sollle. Allein diese .Klausel fiel durch; ihre vornehmsten Gegner wa ren der Held von Slony Pont, General Wayne, und der Staats mann Robert Morris, welche das belehrende, unschuldige Vergnügen, das das Schauspiel gewahre, als ein nützliches Büttel zur Verbesse rung der Sitten und Gewohnheiten der Nationen betrachteten. Um sonst versicherte Herr Smilcv, daß Vergnügungen dieser Art die Volker ihren politischen Verpflichtungen abwendig machen, und daß der Kardinal Mazarin in Frankreich die Akademie der Künste nur deshalb errichtet habe, damit die Franzosen für die Staalsgcschäste unfäbiz wurden; umsonst erklärte Hr. Wbitehaü, Urheber des An griffs aur das Tbealcr, die Schauspiele für unsittlich. Hallauvs Truppe begann ihre jährlichen Rundreisen mit gewohntem Glücke, und selbst Amctikanische Schauspieler traten auf, da der Geschmack für die Bühne zunahm. Herr Dunlap, aus dessen neuestem Werke") oir Gegenwärtiges mitlheiirn, war einer der ersten Bewerber um dramatischen Ruhm. Die Stimmung zu Gunsten der Schauspiele wurde allgemein. Massachuseis, wo man am hartnäckigsten die Lockungen des Theaters verschmäht harre, hob im I. 4793 ein Gesetz des Jahres 4750 auf, welches jede theatralische Vorstellung verboten batte. Die Bühne in Boston ward mit einem Prolog von Thomas Payne eröffnet. Es wurden Singspiele gegeben, deren Stoff den Ereignissen aus dem Freiheitskriege entlehn! war. Herr Dunlap gicbl die Geschichte der verschiedenen Direktoren, Schriftsteller und Schauspieler, hie zwischen England und Amerika gewechselt wurden, und thcilt von mehreren dcnelbcn anziehende Anekdoten mit. Wir beschränken uns aus die Darstellung des Thcatcrbrandcs zu Richmond im I. 4814, die der Autor dramatischer beschreibt, als vielleicht seine sür die Bühne be stimmten Dichtungen gewesen sind. „Man Halle ein neues Stück lind eine Panlomime zum Bene- des Herrn Placide angckündigt. Der Saal war ungewöhnlich voll, das Stück und die Hälfte der Pantomime waren gespielt, der -p.cilc-und letzte Akt begann, und Alles war heiter und sröblich. Die noch muntere Neugierde erwartete nach lebhaftem Vergnügen dessen noch mehr, das Orchester spielte lustig drein, als man plötzlich einige Verwirrung auf der Bühne bemerkte und sogleich.Funke», wie von einem Feucrrcgen, hcrabffelcn. Einige erschraken, Andere hielten dies für einen Theil der Darstellung. Einen Schauspieler trafen brennende Materialien, die herabsiclen, andere sah man die Dekora tionen losrcißcn und umwcrscn; mehrere Personen riefen oberhalb dcS Theaters, daß keine Gefahr scy, aber fast in dein nämlichen Au- 't vk ehe itmerlran illerttre, i x ^l'ltain Dunlilp, anthor nf rite me- llwtr« »k ltc-vrxc krcüeric llovtce t« v vol. iu s, üvucton, ttcmN-v. 18ZZ, genbiick rannte Hopkins Robinson nach dem Vordergründe der Bühne, und nach der von der Flamme ergriffenen Decke zeigend, schrie er: der Saal brennt! Alles ward Entsetzen und Angst. Robinson half mehreren Menschen von den Logen nach dem Theater herab, welches das schnellste Nellungsinitlel war. Das Geschrei Feuer! und das zerreißende Rufen der Frauen und Kinder erfüllten das Haus; Alles drängte sich nach den Ausgängen, und dies war die Veranlassung zu dem grausamen Tode vieler Personen." „Die Eiugangslhüre zu dem Parterre und den Logen konnte in der Breite nicht mehr als drei Menschen fasse»; sic war aber von dem Ei»ga»ge i»S Parterre nicht fern, so daß dieser Theil dcS Saales ziemlich leicht geleert werde» konnte. Um aber von den Logen nach diesem Ausgange zu kommen, mußte man eine lange winkelige Treppe hinab- und dann wieder hinaussteigen. Die Gat- lcrieen halte» eine» besonderen Ausgang, und die, welche daselbst waren, entkamen. Aber Tod upd O-näl war für die unglücklichen Besucher der Logen, die in ihrem Schrecken übersahen, daß das schnell geleerte Parterre ihnen eine» Ausweg darbot; sie drängten sich Alle nach dem krummen engen Gauge, durch welche» sie herein- gekommen waren. Einer von denjenigen, welche zuletzt das Parterre verlassen halte», bemerkte, daß cs völlig leer bleibe, u»d sah von der Straße aus keiiien der Logenbesucher, die noch nicht hatten hcr- auskommcu köniic», durch den Haupt-Eingang kommen. Ei» zufäl lig ins Parterre hiuabgeworfencs Ehepaar wurde auf diese Art ge rettet; aber Alle, die so schrecklich umkamc», hätte die Geistesgegen wart, von de» Logen herabzuspriiigen, gerettet. Allein sie drängten sich in den engen Gänge» zusammc»; die Treppen waren versperrt, ein bkeniiender Rauch umbülllc Alles, und von alle» Seiten drangen die Flamme» ei». Ein schwarzer erstickender Qualm halte die Lichtcr auSgclöschl, und verzweifelndes Geschrei nahm vollends Allen die Besinnung. Man kämpfte, um die Ocffnungen, welche die Luft cin- licßcn, zu erreiche», u»d glücklich waren die, welche an ein Feilster gelange» und eine» Augenblick den freien Wind einathmen konnlen. Die Leute aus der Straße, die sie an dcn Fenstern bemerkte», schrieen ihnen zu, herabzuspringc», und streckte» die Arme aus, um sic aufzusange»; Mäiwcr, Frauen und Kinder stürzten sich aus dem ersten und dem zweiten Stock berab; Einige kamen unverletzt davon, Andere wurden im Fall verstümmelt oder getödtet; Unglückliche, deren Kleider brannten, sprangen schreiend aus dem Fenster, um eine kurze Linderung zu gewinnen, und fanden unter Schmerzen den Tod." „Wcr malt die Qualen der Unglücklichen, die, unfähig die Fenster zu erreiche», in de» langen Durchgänge» eingekerkert blicke»! DaS Geschrei derer, welche an die Fruster der höhere» Etage» gelangt, die Unmöglichkeit, hcrunterzuspringcii, sahen, war fürchterlich;'mehrere von denen, welche die Straße gewonnen hatten, kamen so'gräulich verbrannt an, daß sic nach wenigen Stunden dcn Geist aufgaben, andere wurden bei dein Hcrausgchcn an der Thüre zerquetscht und zertreten. Unbeschreiblich war der Schmerz derer, welche ihre An gehörigen und Freunde in Lieser schrecklichen Nacht im Schauspiel- Hause wußten. Halb wahusinnig raunten Einige nach dem Platze, ucbst der Masse Menschen, die von allen Seiten herzustvömlen. Die Sturmglocke erklang als Todteiigeläut in den Ohren-der unglücklichen Eltern, die ihren Söhnen und Töchtern diesen Abend den Besuch des Theaters vergönnt halten." „Als mein Vater", erzählt Herr Heinrich Placide, „mich nach meinem Hause brachte, sahen wir Herr» Greene, von Anstrengun gen erschöpft an ein Stacket gelehnt und diese traurige Scene be trachtend, denn das Ganze war nur noch eine schwarze Masse rau- che.ndcr Trümmer. „„Gott scy gelobt"", ries Greene, „„ich habe Nancy heule ins Schauspiel zu gehen verböte»; sic ist in Sicherheit, gelobt ist Gott!"" Nancy war seine einzige Tochter, ein reizendes junges Mädchen und noch in der Pensions-Anstalt von Mistreß Gibson. Diese Dame war mit ihren Hausgenossen in die Komödie gegangen, und Nancy Greene bat ihren Vater um die Erlaubniß, sie dahin begleiten zu dürftn. Er schlug es ab und fugte unglück licherweise dcn.Grund hinzu: „„Es wird voll genug seyn und Nancy einen Platz einnchmen, der sonst von einem Anderen bezahlt werden würde."" Diese Worte besiegelten das Schicksal seiner unschuldi gen Tochter. „„Ich werde Ihr Billet bezahlen"", entgegnete ihre Pflegerin, „„deshalb werde» wir Sie nicht zu Hause lassen."" Mistreß Gibson und ihre junge Pcusionairin waren unter den Schutt- Hausen begraben, die der Vater mit Danksagungen an dcn Himmel sür die Rettung seiner Nancy betrachtete; zu Hause ersuhr er, daß er keine Tochter wehr habe."