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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumerations- Preis 22j Sgr. Thlr.s vierteljährlich, 3 Thaler für da» ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man pränumerirt aus diese» Beiblatt der Allg. Pr. StaatS- Zeitung in Berlin in der Expedition iMohren - Straße Nr. 34); in der Provinz so wie im Auslande bei den Wohllöbl. Post-Acmrern. Literatur des Auslandes. ^1^62. Berlin, Freirag den 24. Mai 1833. Persien. Selbstbiographte eines Persischen Dichters.') Der morgenländische Selbstbiograph, dessen interessantes Werk uns jetzt in zwei Sprachen vorlicgt^ cinstamnite einer Persischen Fa milie, dir schon manchen durch Gelehrsamkeit und Frömmigkeit aus gezeichneten Mann geliefert hatte, und ward im Jahre 1103 der Hedschra (1692) zu Jspahan geboren. Seine Sluoie» begann er schon in einem Aller von vier Jahren; die ersten Gegenstände der selben waren Arabische Grammalik und Logik. Zu gleicher Zeil legte er sich auf dir Dichtkunst, anfangs ohne Miiwiffen seines Lehrers und seines Baiers, nachmals aber trotz ihrer Verbote. Vom achten bis ins zehnte Jahr beschäftigte ihn eine Wissenschaft, die uns sehr überflüssig erscheinen dürfte, die aber in den Augen des Muselmanns hohen Werth hat, nämlich die Art, den Koran zu lesen oder zu Lc- klamiren, worin er es recht weit brachte. Daneben las und studinc er, unter der Leitung seines Vaters, grammatische, logische, philoso phische und jnristischr Werke und übte sich in Ausarbeitungen über Themala aller Art, die ihm ein berühmter Gelehrter ansgab, der sich drei Jahre lang seine Unterweisung und zugleich die Bildung seines Herzens angelegen scvn ließ. Weit entfernt, seinem Hange zur Poesie eulgegenzuarbeiien, crmulhigte ihn Ler wackere Scheich, diese Kunst zu kultiviren, und gab ihm auch den poetischen Beina men Häsin, der Melancholische, mit dem er sich selbst tu al len seinen Schriften bezeichnet. Muhammed Ali, der keine Gelegenheit zum bigenlobe vorüber- geben läßt, bemerkt, daß,er trotz seiner Siizüten, denen er ost einen Theil seiner Nächte widmete, alle Pflichten der Religion, mit skru- pclhafter Gewissenhaftigkeit, selbst die »linder unerläßlichen, erfüllt, und daß er immer einen freien Geist und ein ruhiges Gemisch be wahrt habe. Indem er diese glückliche Lage mit derjenigen vergleicht, in der er sich damals befand, als er, nachdem er alle Wechsel de« Schicksals erfahren und in einem fremden Lande Zuflucht gefun den, die Geschichte seiner ersten Lebensjahre beschrieb, ruft er aus: „Ich kann das Glück, welches ich damals genoß? jetzt nicht schildern, und was ich davon gesagt, rechtfertig! das Sprüchwort:'„„Dic Er- innerung an vergangene Freuden ist der einzige Schatz, der dem Unglücklichen bleibt "" Wehe mir! hätte ich ahnen können, daß ich mich eines Tages in dem Zustapd der Niedergeschlagenheit, des erstorbenen Herzens, der eisigen Kälte finden würde, unter dessen Last ich gegenwärtig seufze! Konnte ich wobl denken, daß dieser Gaumen, der Alles, was fähig war, ihn zu befriedigen, mit Köst lichkeit würzte, so viele Bitterkeiten, so viele tödtliche Gifte der här testen Drangsale kosten müßte!" VerS. „In der Stunhc, die der Nachtruhe geweiht ist, har eine Fluch von Gist aus den Zäh nen einer Schlange über mein ganzes Wesen sich ergossen. " In Lener glücklichen Epoche seines Lebens entspann sich einst ein Streit zwischen ihm und einigen seiner Mitschüler über das Ver dienst eines Dichters. Sein Vater, der eben zugegen war, machte einige kritische Bemerkungen über die Verse, die man ciiirl Halle, und schlug ihm dann vor, denselben Gcdankcn in Verse zu bringen, denn, fügte er hinzu, ich weiß recht wohl, daß Du Deiner Neigung zum Dichten treu geblieben bist." Muhammed Ali improvisirle hier auf ein paar Distichen, die von der ganzen Gesellschaft nm rauschen dem Beisall ausgenommen wurden. Sein Vater selbst sagte ihm: „ollißl lern iclkehZknt keln-nr ^uskon «löste,» (jetzt gebe ich Dir die Erlaubniß, zu dichten).") Muhammed Ali verfolgte noch die Bahn seiner Studien, als sein Vater mit ihm eine Reise nach Lahidschan machte, wo dessen Elter» wohnten. Unser Amor entwirft in vieler Beziehung eine sehr vortheilbastc Schilderung von der Provinz GHilau; doch ge sicht er, daß die Pest unter den Städiebewohncrn ost große Ver wüstungen anrichtet. Er schreibt diesen Umstand der Nähe des Kas pischen Meeres zu und glaubt beobachtet zu haben, daß die Feuch tigkeit der dortigen Luft, die nicht erlaubt, unter freiem Himmel zu schlafen, gemeinhin der Gesundheit der Fremden nachtheilig seh. Sei» Aufenthalt in Lahidschan dauerte beinahe ein ganzes Jahr. *) 1't«' vf kkei'kk Hlokr»mrn^<j xXIi Ilarin, >vritt<kn Kv »»imsielf. (Das Leben de« Scheich Muhammed Ali Häsin, von ihm selbst geschrieben und nach zwei Persischen Manuskripten üdcrsent, mit historischen, qeoara vhischen und anderen Anmerkungen.) Vpn E. C Belfour London, 183». Der Persische Text desselben Werkes wurde ebenfalls in London sim I. 18ZI gedruckt. ") kobeer Kasten heißt wörtlich Gedichte spreche n, wie üioere oarlllioa. Nach Jspahan zurückgekcbrt, bekam unser Sclbstbiograpb Lust, die Lehren der verschiedenen religiösen Sekten, welchen die Einwoh ner dieser großcu Stadt «»hangen, von Grund aus zu studiren. „Diesem Wunsch zufolge", sagt er, „machte ich die Bekanntschaft einiger christlichen Gclcbrlcn und ihrer Padri's, dir in Jspahan sehr zahlreich waren, und erprobte das Wissen eines Jeden. Unter ihnen befand sich ein sehr ausgezeichneter Mann, der Awanu« (oder Aden us) hieß; er sprach gut Arabisch und Persisch und war in der Logik, Kosmographie und Geometrie sehr bewandcrt- Er batte mehrere muselmännische Bücher gelesen und wünschte einige Materien zu ergründen; allein die Furcht, sich Blößen zu geben, und das geringe Ansehen dieser Leute bei den gelehrten Muselmän nern vereitelten seinen Wunsch. Lr schätzte sich sehr glücklich, mich kennen zu lernen, und als er nach eimger Zeit von meinem Charak ter und meiner Unparteilichkeit überzeugt war, bewies er mir Freund schaft und aufrichtige Zuneigung. Er lehrte mich das Evangelium kennen; ich studiric die Kommentare dazu, ward mit den Glaubens- Lehren dec Christen gründlich vertraut und las eine große Menge ibrcr Bücher. Auch Er von feiner Seite sprach mich dam, und wann um genauere Auskunft an; ich demonstrirre ihm wiederholt und mit verschiedenen Argumenten die Wahrheit des Islam, so daß er nichts mehr zu entgegnen hatte und verstummte. Aber es scheint nicht, daß die göttliche Gnade ihn auf den rechten Weg leitete, und er starb als Christ." Mil geringerer Schonung spricht Muhammed Ali von den Juden in Jspahan. Er wendete sich au Einen linier ihnen, mit Namen Ba^e Scbaib (oder Scho alb), der für den gelehrtesten galt. Unser Autor sagt, diese Inden sepen schon seit Moses Zeiten in Jspahan ansässig, was feinen historischen Kenntniffen wenig Ehre macht. Nachdem er die Besorgnisse des Rabbi beschwichtigt und ihn mehrmals in seiner Wohnung besucht balle, überredete er ihn, sein eigenes Haus zu beziehen, ließ sich von ihm in der Thora unter richten, die ihm der Rabbi in einer schriftlichen Uebersctzung gab, und machte sich mit allen (heiligens) Büchern der Juden bekannt. „Allein ich erkannte", sagt er, ,,daß diese Menschenklaffe unwissend und ohne Urtheilskrast ist; ihre Dummheit und Verstocktheit sind gränzeiileS." Mit nicht weniger Eiser und Unparteilichkeit studirte Muham med Ali die Dogmen der verschiedenen muselmännischen Sekten. Er las ihre Bücher, und so oft er einen Menschen von einer Dieser Sekten sand, schloß er sich demselben an und ließ sich von ihm seine Lehrmeinungen allscinandersetzen. „Gott weiß es", sagt er, „wie viele Konscrenzen und Lnslufsionrn ich in dieser Ari Untersuchungen mit Menschen von verschiedenen Ansichten gehabt habe." Wahrend dieser Forschungen las er öffentlich über verschiedene Bücher und schrieb-Glossen und Randnoten, auch kleine Traktate über mancherlei Gegenstände. Die Gelehrten ermunterten ihn, sort- zusabrcn. „Dank dem göttlichen Beistand", ruft er aus, „von die ser Zeil an bis beule hat man niemals in meinen Schriften irgend einen Jrrlhum oder Fehler bemerkt." Man kann dem Verf. wirklich keine erkünstelte Bescheidenheit verwerfen. So weit die Entwickelungs-Geschichte Muhammed Ali'S. Sein ferneres Leben ist wild bewegt, und ost war er durch die inneren Kriege, welche damals Persien zerrütteten, gezwungen, seine» Auf enthalt zn ändern. Es scheint auch, daß er viel Unbeständigkeit in seinem Charakter batte und sich nicht lange an demselben Orte ge fiel. Das Dichten blieb sein vornehmster Berns, obgleich er auch in anderen Fächer» viel arbeitete. In drei verschiedenen Epochen ver einigte er seine zerstreuten Gedichte in einen Diwan. Unter Di- wan, in dem Sinne, wie cs auch Goethe genommen hat, versteht man nämlich «ne Sammlung von Oden, Elegieen und anderen kur ze» Gedichten, die alphabetisch geordnet sind, und zwar nach dem jenigen Buchstaben, welcher den Reim bildet. Auch Gedichte von größerem Umfänge bat er geschrieben, z. B. eine Ari historischen Roman ch Versen, mit dem Arabischen Titel: Peklceiek «I äs<-h!hcn'), Geschichte der Liebenden, aus ungefähr 4000 Distichen beste hend, und ein Gedicht ähnlicher Art, betitelt: „die Weinschenken." In dem letzteren hatte er sich den Bufkan oder Garten, ein mo ralisches Gedicht des berühmten Saadi, zum Muster genommen. Nachdem er die Einnahme Hamada»'« durch die Türkische Armee unter Acbmed Pascha und die Niedermctzclung seiner bcldcnmäthi- gen Bewohner geschildert, erzählt uns der Vers., daß er sich ins 's Die Titel Persischer und Türkischer Werke sind größten»-«!« gant -Arabisch abgesagt.