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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumerations- Preis 22j Sgr. (f Thlr.) vierteljährlich, 3 Thaler für das ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen Ler Preußischen Monarchie. für die Man xränumerirt auf Liese« Beiblatt der Allg.Pr. Staats- Zeitung in Berlin in der Expedition «Mohren-Straße Nr. 34); m der Provinz so wie fm Auslände bei den Wohllöbl. Post - Acmtern Literatur des Auslandes. 27. Berlin, Montag den 4. März 1833. Nord-Amerika. Achille Murat über die Vereinigten Staaten von Nord- Amerika.*) Der Sinn für Wissenschaft und Literatur, der mehrere Glieder der Familie Bonaparte auszeichncl, gehört mil zu den Eigenschaften, die am meisten an ihnen zu schätzen sind. Die Bruder Lucian, Joseph und Louis, haben alle drei dieses Verdienst, und hier zeigt sich in der zweiten Generation das nämliche Streben nach jenem friedlichen Ruhme, den hohe Geistesbildung und Liebe zu den Wissen schaften zu erringen vermögen. Wir find in der letzten Zeit so sehr mit Werken über Amerika, seine republikanische Regicrungsform, Religion, Gesetze, Verwaltung, Staats-Haushalt :c. überschwemmt worden und sind auch in die Beurlheilung derselben zum Theil so tief eingegangen, daß wir uns bei der Anzeige dieses interessanten Buchs nur auf Lokal-Gegenstände beschränken wollen, die eine etwas verschiedene Ansicht darbictcn; so werden wir Wiederholungen vermeiden und Mannigfaltigkeit erzielen, wiewohl wir bekennen, daß dadurch den wichtigsten Erörterungen des Verfassers ihr Recht nicht widerfährt- Er sagt in scincr Vorrede: „Ich bin gewärtig, daß meine Briefe (das Werk ist in Briesen abgesaßi) mir vielen Tadel zuzichcn werden. Oberflächliche Reisende werden finden, daß ich nicht treu geschildert habe. Diese mögen bedenken, daß ihnen das Land nicht so genau bekannt sevn kann als mir, der ich nicht allein mehr als neun Jahre darin gelebt habe, sondern mich auch in jeder Art von Geschäften versuchte. Ich habe dort geheiralhet, habe eine Familie und viele lbeure Freunde daselbst, deren Achtung den höchsten Wcrtb für mich hat. Ich bereiste einen großen Theil des Landes, ließ mich in den Wäldern nieder, wo ich ein neues Volk entstehen und durch alle Grade der Civilisation schreiten sah. Ich bin Rechisgelehrter, Pflanzer, Offizier von der Miliz. Auch andere Acmter habe ich nach den Umständen bekleide!, entweder im Auftrage der Regierung, oder durch die Wahl meiner Mitbürger. Unter allen in diesen Briefen abgehandelten Fragen ist nicht eine, die ich nicht täglich und oft öffentlich erörtert hätte. Kurz, ich bin ein wahrer Amerikaner geworden, an Herz und Sit ten, und werde immer stolz sehn auf den Titel eines Bürgers der Bereinigten Staaten und aus die Beweise von Achtung und Anhäng lichkeit, die ich überall von dieser Nation.erhalten habe, einer Na tion, die zu den vernünftigsten und gefühlvollsten gehört, und die weniger als irgend eine in der Welt sich blenden läßt, — und was hätte sie auch blenden soüen? — Ich war arm, allein und verbannt." Folgende Schilderung eines Theils der Union ist, -in Hinsicht auf den gegenwärtigen Zustand der Dinge, besonders merkwürdig. „Süd-Karolina, Georgien, Alabama und Mississippi bilden das, was man eigentlich den Süden nennt. Der Landbau ist ihr Haupt- Erwerbszweig. Das Land erzeugt Baumwolle, Zucker, Neis, Mais, lauter Artikel, die Sklaven-Arbeit erfordern und genug abwcrfcn, um sie von jeder anderen Verwendung ihrer Kapitalien abzuhaltcn. Der vortreffliche Boden und das herrliche Klima kommen dem An- baucr so sehr zu Hülfe, daß er weit besser seine Rechnung dabei findet, die Neger auf dem Felde als in der Faktorei zu gebrauchen. — Obgleich die Charaktere auf einem so großen Strich Landes noch- wendig verschieden scpn müssen, so find doch die Hauptzüge einer gemeinschaftlichen Abstammung nicht zu verkennen. Ihr offenes Wesen, ihre Grvßmnth, Gastfreiheit und liberale Gesinnung sind zum Sprüchworl geworden und bilde» den vollkommenen Gegensatz zu dem Charakter der Yankcc'S (der Bewohner der nördlichen Pro vinzen), und zwar sehr zum Nachcheil der Letzteren. Inmitten die ser Gruppe ragt Süd-Karolina durch einen Verein von Talenten Hervor, der in den Vereinigten Staaten ohne Gleichen ist. Die Gesellschaft IN Charleston ist die beste, die ich aus meinen Reisen, diesseits und jenseits des Oceans, angelroffcn habe. In Hinsicht auf guten Ton und feine Sitten läßt sic nichts zu wünschen übrig, und, was mehr werth ist, als bloße Abgeschliffcnhcit, man trifft hier »inen Zusammenfluß wahrer Talente,'und zwar ebne Zusatz von Pedanterie. Dieser Staat gicbt in allen Angelegenheiten von gc- mcinschaftsichem Interesse den Ton an. Die Siaals-Wirlhschasl der anderen genannten Staaten, außer Georgien, ist „och zu wenig atts- gebildet, um ihrer zu erwähnen. Was Georgien betrifft, so muß ich t ,,ui--. mor-Ne et uuiiNune äee lteu- t ui- ü. t ^meetkzoe tbi Ufut XckilIeIVInO.it, dituven dlnonei noni>rülre dau; l'qrwee Lelxe, ei-rievant krince ^eux Liciles. I'sns, 1832 " ' mit Bedauern sagen, daß der Parlcihaß in diesem Lande allen Glau ben übersteigt, und nur von Kentuckp wird cs hierin übertroffen. In letzterem strcitcl man jedoch um Prinzipien, während cs sich hier nur um Personen handelt. Der jetzige Gouverneur hat die Sache so weit getrieben, daß das Uebel-bald zu groß scpn wird, um dauern zu können. — Die anderen Staaten bilden den Westen. Unstreitig der größte und reichste Theil Hec Union. Er wird bald der volk reichste scpn, wenn er cs nicht schon ist. Macht, Luxus, Bildung, und in ihrem Gefolge die Künste, werden dann nicht fange ausblci- bcn. Die Quellen ihres Wohlstandes sind Ackerbau und Manufak turen; doch letztere vorzugsweise. Der Volks-Charakter trägt das scharfe Gepräge eines rohen Instinkts kräftiger Freiheit, die "oft in Zügellosigkeit ausartct, einfacher Moral und barscher Sitten, die oft an Rohheit und cpnische Rücksichtslosigkeit gränzcn. Diese Staalcn sind noch zu unreif, um über ihre politischen Ansichten viel sagen zu können, die größtentheils von Engherzigkeit und Unwissen heit zeugen. Die überall reichlich ausgcstaiteicn Universitäten ver sprechen eine Generation besser unterrichteter Staats-Bürger beran- zuzichen, die durch die Fehler ihrer Väter selbst zu helleren Ansich ten gelangen werden." Die Schilderung des VersaffcrS von dem Anbau neuer Land- Distrikte ist nicht allein merkwürdig, sonder» sehr charakteristisch und anziehend. „Wenn ein Landstrich verkauft werden soll, so sorgt die Regie rung zuvörderst für Organisations-Behörden. Der Gouverneur, ge wöhnlich ein ausgezeichneter Mann, langt mil seiner Familie und feincn Ncgcrn an. Die Richter stellen sich ebenfalls ein, und hin ter ihnen her die Anwälte mit ihrem raubgierigen Gefolge. Alle diese amtliche Personen haben Familien und Freunde, die sich gleich falls hicr nicdcrlaffcn wollcn. Die gcsetzgcbcnte Versammlung kommt in einem Gehölz zusammen. Eine Hütte wird von Bohlcn zusam- mcngcschlageu, etwas größer, aber übrigens eben so kunstlos wie gewöhnlich, und in dieser hält die Versammlung ihre Sitzungen mit eben so viel Würde und ost mit eben so viel Talent, als in dec Hauptstadt. „„Was kann aber"", wird man fragen, „„die Gesetz gebung in einer so neuen Gesellschaft zu thun haben, von der gleich sam nur erst das Gerippe cMirl?"" — Gar mancherlei. Sic be stimmt, wo die Haupflkadt und auch wohl noch andere Städte stehen sollen, theilt das Gebiet in Grafschaften, organisirt die Friedens- Gerichte und die oberen Gerichtshöfe, macht Civil- und Kriminal- Gcsrtze (denn diese Versammlung ist bereits, wiewohl unter der Ober- Aufsicht des Kongresses, souvcrain) und hält bei dem Kongreß um Alles an, was ihr ersprießlich dünkt. Diese erste Session des Verwaltungs-Raths gereicht dem Landstrich schon zu bedeutendem Nutzen; doch, was ihm sein wahres Bestehen gicbt, ist dcc Verkauf des Bodens. Der Präsident läßt, wenn cs ihm gut dünkt, bekannt macheir; daß zu cincr gewissen Zeit, an den, und dem Ort, Land öffentlich verkauft werden soll. Ein Registrator und ein Einnehmer werden vom Präsidenten ernannt; der Tag der großen Auction naht endlich heran, ein höchst wichtiger Tag für das neu entstehende Völkchen. Sobald die Bekanntmachung erschienen ist, füllt sich die Gegend mit Fremden. Einige suchen Land zu eigenen Niederlassun gen; Andere für Sohne oder Schwiegersöhne; noch Andere sind bloß Spekulanten, die kaufen, um wieder zu verkaufen. Diese Alle zer streuen sich ins Land, mit dem Zickel in der Hand, nach den ange- gcbcncn Gränzlinic», untersuchen den Boden, machen sich Notizen, Alles in tiefer Stille, und weichen einander aus. Einige von ihnen haben vielleicht von einem Aufseher das vermeintliche Geheimniß eines besonders guten noch Niemanden bekannten Flecks gekauft. Kleine Grundrisse, mit gchcimnißvollcn Figuren darauf, zirkuliren unter der Hand. Man Hörl von nichts sprechen, als von Land, von dessen Eigenschaften, von de» vermuthlichen Preisen tp. Die Jnlriguc und die schamloseste Stbclmcrci zeigen sich j„ vollem Glanze. Unterdessen Hal die entstehende Hauptstadt, wo der Verkauf stallfin den soll, seil der letzten Ratbs-Session schon eine gewisse Gestalt bekommen. Ein Plan wurde angenommen; Lie Straßen sind abge- stcckl worden, die Bauplätze aus Kredit herkaust, die Slrllc zu einem Kapitol oder Nalbbaus ist angewiesen. Eine Menge Volks harrt schon des Verkaufs, der Gerichtstage, der Versammlungen des ge setzgebenden Ralhs. Gasthofe rrbrdcn sich. Den größten Theil des Jahres leer, find sbe bei dieser Gelegenheit gestopft voll. Es wird für 30 Personen gedeckt. Zwei oder drei große Stuben, die man kaum Scheunen nenne» würde, ncbmcn >» einem Dutzend Betten eine dpvpcltc Zahl Gäste auf. Wer keinen besseren Platz finden