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Wöchentlich »rschem«» drei Nummern. Pränumcranvn». VrciS 22j Sgr. (j THIr.) »irrte,jährlich, 3 Thaler für dar ganze Jahr, ohne Er hitzung, in allen Theile« der Preußischen Monarchie. Magazin für die Ma» rrZnumerin «ns diese« Beiblatt der «llg.Pr. EiaalS- Zttttmg in Berlin in der Expeditton (Mohren - Straß« Nr. 34); m der Provinz s» wie im Anilande btt dm WolMbl. Post - Lemiern. Literatur des Auslandes. Berlin, Mittwoch den 17. April i8»z. Frankreich. Die Frauen in Mexiko. Boa einem Französischen Reisenden geschildert. Lie Mexikanischen Damen sind im Allgemeinen klein, zeichnen sich aber durch eine» zierlichen Wuchs, niedliche Füßchen und sehr schönes Haar ans. Ihr Gang ist leichl und anmuihig, besonders in der Spanischen Tracht, die stc noch immer des Morgen» tragen. Ihre Zahne sind seilen schon, und gleich den Spanischen Frauen bringen sie sich durch den häufigen Genuß von Süßigkeiten srühzei- tig um diese schätzbare Zierde. Ihr Teint ist so weiß', aber auch so unbelebt wie Wachs. Vor Luft und Sonne nehmen sie sich mii der größten Sorgfalt in Acht. Die Bäder, welche sie ziemlich häufig nehmen, sind fast das einzige, wodurch sie sür die Reinlichkeit ihres Körpers sorgen, da ihnen die Priester nicht erlauben, sich anderwei tig mit dieser Sorge zu beschäsligen. Die CorselS komme» erst jetzt bei ihnen auf. Ihre Gesundheit wird wahrscheinlich durch Einfüh rung dieser Französischen Mode leiden, wenn auch ihre Brust an Schönheit der Form und Dauer dadurch gewinnen wird. Die Mexikanischen Damen werden nicht dazu erzogen, fleißige und gute Hausfrauen zu sepn. Die wenigen Arbeiten mit der Na del, die sie verstehen, dienen bloß znm Zeilverlrcid. Das kleinste Stück Arbeit erfordert bet ihnen sehr viel Zeit. Zur seinen Er ziehung gehör!, außer Lese» und Schreiben, das Französische und Mnstk. Der Tanz fst Lie einzige Kunst, die sie mit Leidenschaft und großer Vollkommenheit üben. Die schöne Welt in Mexiko Hal eine Meng« Tänzerinnen aufzuweisen, welche die .berühmtere» an unserer Oper verdunkeln würden. Die Zeil der Mexikanerinnen wird durch keine der Pflichten in Anspruch genommen, die den Frausn anderwärts obliegen. Für das Hauswesen sorgen ausschließlich die Großmütter und Tanten. Die Frau eine» Kaufmannes läßt sich nie in, Laden oder im Cvmtoir sehen und mischt sich aus leine Weise in die häuslichen Angelegen heiten. Die Sorge sür ihre Person, Toilette, AndachlS-Ucbungcn, Be suche, Spaziergänge, Einkäufe, Kränzchen und Jnirigucn beschäftigen sie, und damit bringen sie dell Tag hin. Die Mexikanerin gehl alle Tage in die Messe, und ihr Anzug besteht einmal' wie das andere aus einem schwarzen Kleide, mit einem kleinen gewöhnlich rothcn Shawl darüber, und der Mantilla. Dieser letztere Theil ihres Anzugs ist der kostspieligste, denn in Mexiko erkennt man eine vornehmc Dame an der Kosiharkeil ihrer Mantilla, wie bei n»S an ihrem Türkischen Shawl. Weiße oder fleischfarbene seidene «trumpfe und niedliche Atlasschuhe erhöhen die natürliche Nettigkeit ihrer Fuße. In ihrem schwarzen Haar tragen sic einen sehr hohen Kamm von Schildpatt. Durch dieses künstliche Mittel suchen sie ohne Zweifel ihre kleine Ge stalt etwas zu heben. Auf ihre Haare verwenden sic viele Sorge und Zeit. Sie waschen sich den Kops sehr oft mit Seisenwaffcr, um ibn reinlich zu erhalten. Nachdem dies geschehen, legen sie sich aus Matten und lassen die Haare zerstreut herabhängcn, damit sic trock nen. Dann beginnt das schwierige Geschäft der Kammerfrau. Sie muß den Kopf ihrer Gebieterin von gewissen kleinen Gästen befreien, die man vorsätzlich nicht ganz vertilgt, sondern man läßt immer ge nug zurück, um den Damen oft das Bergungen der Säuberung zu gewähren, weiche ihnen sehr zu behagen scheint. — Der zweite Theil des Tages erfordel eine neue Toilette; jetzt kommen die Französi schen Moden an die Reihe. Allein zum Unglück fehlt ihnen der seine Geschmack der Pariserinnen. Die Mexikanerin sicht mehr aus recht glänzenden Putz, als auf das, was sic am besten kleidet. Nach der Menge von Blumen, Federn und Schmuck, womit sic sich behän gen, sollte man sie eher sür lüdcrliche Frauenzimmer, als sür Damen von Stande anschcn. Die Kaschcmir'S haben hier kein Glück gemacht. Man zieht ihnen die ShawlS von gestickter Seide vor, weil sie leich ter sind. Diese tragen sie lieber über dem Kopf als über den Schul tern, wie sie eS mit ihrer Mantilla und dem Reboso gewohnt sind. Außer der Zeit, die sic dcr Andacht widmcn, oder dem Beichtvater, der seines BonbeilS wegen immer sehr nachsichtig ist, bringen sie die übrigen Stunden mit Besuchen oder aus ihrem Balkon hin. Ein Haupigcschäsl sür sic ist eS, ihre Kinder zu putzen, allein leider wird aus eine passende und bequeme Kleidung gerade am wenigstcn gese hen. Die armen Kleinen, in einen Anzug eingezwöngt, der alle'ihre Bewegungen hindert, bestreben sich, die Geberden und die Stellung ihrer Eltern qnzunchmen. Nichts ist lächerlicher, als diese Senora's , «o Miniatur« zu sehen, die, unter der Last einer dreifachen Garni tur erliegend, mit dem Fächer in der Hand, von einer anderen Puppe im Maniel oder in OffijicrS-Unisvrm geführt werden. Nach der Mittagstafel und der Siesta besuchen die Mexikane rinnen die Kaufmanns-Gewölbe und später die Promenade. In Ge sellschaft bezieht man sich erst gegen 9 Uhr. Die Gäste sind da nicht unter cinaudcc gemischt, sondern die Damen sitzen quf einer Seite, und die Herren bilden aus der anderen verschiedene Gruppen. Ein Fremder könnte glauben, hier herrsche die höchste Ehrbarkeit und die strengste» Sitten, allein, wenn die IntrigucN nicht so öffentlich be trieben werden, wie in Frankreich, so sind sic darum nicht weniger lhäng. Ein Blick ist zu einer Liebeserklärung hinreichend, die durch eine Bewegung mit dem Fächer angenommen oder znrückgewiesen wird. Dec Fächer ist eine Art von Telegraph, dessen sich die Frauen nnaushörlich bedienen, und dcr ihre Gedanken ganz vortrefflich aus drückt. Licbcsbricschen und Geschenke werden dann durch Putzhänd- lcrinncn geschickt, diese bringe» Alles zwischen den Parteien in Rich tigkeit. Die Nendez-vouS finden früh Morgens statt. Die Frau ist säst ganz in ihre Mantilla vermummt, wenn stc sich dahin begiebt. Eines Morgens begegnete ich aus dcr Alameda cincr Dame von mei ner Bekanntschaft in dieser sorgfältigen Verhüllung. Ich glaubte, sie grüßen zu müssen; allein noch an demselben Abend las sie mir den Text recht derb dafür. „Unbesonnener, sahen Sie denn nicht, daß ich tuzmüa (vermummt) warf Ich entschuldige Sie, weil Sie unsere Sitten nicht kennen, aber künftig, so ost Sic cinc Fran tuziack» sehen, hüten Sic sich wohl, sie auzurcden," — Ich ließ mir das ge sagt sepn. Das Konkubinat ist hier sehr selten. Mitunter wird ein junges Mädchen von einem reichen Manne unterhalten. Allein dir Schwie rigkeit ist, dass er nicht bloß sic, sondern auch ihre ganze Familie zu ernähren hat. UcbrigenS kommt jeder Liebeshandcl hier ziemlich theucr zu stehen. EittAbenlkiicr scheine noch so glänzend, die Eigen liebe wird sich doch immer hinterher gcdcmülhigt finden. Die Gräfin oder reiche Bürgcrssrau, die Sic d'en Abend vorher noch so zärtlich empfing, unterläßt dennoch am anderen Morgen nicht, Ihne» Geld abzuborgen, was man ohne Verletzung der gute» Lebensart nicht verweigern kann. Die (^narora zKammcrsrau), welche diese Un terhandlung führt, fordert eine Summe, die mit dem Stande ihrer Gebieterin im Verhältniß steht. Die thcucrsteu verlangen 10 oder 20 Unzen Goldes, die wohlfeilsten begnügen sich mit Einer Unze. Die Mexikanischen Damen genießen eben so vieler Freiheit, als die Fraiizöstschen. Die fleißige Aufwartung, die Achtung und Ehr- ecbictung, die man ihnen widmet, beweisen, daß sie noch eine Herr schaft besitzen, weiche die Frauen m Europa seil dem Ende des letz ten Jahrhunderts eingcbüßt zu haben scheinen. — Anfangs kann man den Mexikanischen Gesellschaften keine» Geschmack abgewiunrn; man muß sich an sic gewöhnen, so wie sie an uns. Ist dies aber erst geschehe», so findet man in vielen Häusern ein vergnügtes und herzliches Wesen, welches die gezwungene Unterhaltung unserer Pari ser Zirkel vergessen macht. Wenn eine Mexikanische Damc am Tage auSgcht, so läßt sie sich wohl begleiten, aber nie von ihrem Begleiter führen. Erst ge gen Abend gewährt sie diese Guiist. Sie erlaubt, daß man ihr die Hand reiche, um aus eiüer Straße in die andere zu biegen, um über cincn Rennstein zu schreiten oder eine Treppe hinanzusteigen. Man muß sorgfältig Acht haben, ihr den höheren Theil der Trot toirs zu überlassen. Aus den Abend-Spaziergängen unter den Gallerieen am Markle muß ihr Führer bei jedem Umkchrcn seine Stelle wechseln, damit sie immer au dcr Außenscilc der Gallerte hin gehe und nicht gestoßen werde. ' Die außerordentliche Zurückhaltung, welche die Frauen in öffent lichen Gesellschaften beobachten, steht in ausfallendem Widerspruch mit ihren freien Redensarten. Sie bedienen sich mancher Wörter, die das Ohr cincr Französin verletzen würden. Sic ncnncn jcdc Sache ganz unbefangen bei ihrem Namen und crröthen im Gcgcn- thcil nur über feine und versteckte Anspielungen. Ihre Spräche unter vier Augen drückt ganz die Gewalt der Leidenschaft aus, welche sic beherrscht; kosende und übertriebene Ausdrücke, die den Orienta len abgeborgl scheinen. Lükrvlia sie mi alma (Gestirn meiner Seele), Knlnioha cle ini vicla (Fackel meines Lebens), lnjo sto ml onrarnir (Sohn meines Herzens) sind gewöhnliche Ausdrücke verliebter Frauen und können cinc Idee von dcr galanten Sprache dcr Mexi- kancr geben. In den niederen Klaffen bat dcr Ebarakter dcr Frauen in mancher Hinsicht ein schärferes Gepräge. Dies kommt daher, weil