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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Prönumeralions- Prew 22j Sgr. stz Thlr.» vicricliShrlich, 3 Tbaler für da« ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. für die Man »rünumerirl auf dieses Beiblatt der AUg.Pr. Staat«. Zeitung in Berlin in der Expedition lMohren-Straße Nr. 34); in der Provinz so wie im Auslände bei den Wohllöbl. Post - Aenttern. Literatur des Auslandes. 11. Berlin, Freitag den 25. Januar 1833. China. Ueber.die nalurhifterischon Leistungen der Chinesen. Bon Ur. W. Schott. Die Chinesen haben, lheils ans Wißbegicrdc, «Heils aus Sire- den nach praktischem Nutzen, vielen Fleiß aus Beobachtung der Na» tur-Phänomene und Nalttc-Erzcugnisse verwendet. Sic sind nicht bloß unermüdete Sammler von Merkmalen; sic bemühen sich auch, vieles Einzelne unter allgemeinere Gesichtspunkte zu bringen, und selbst eine Art physiologischen Systems ist von ihnen geschaffen wor den, das mit ihrer Natur-Philosophie im engsten Zusammenhang steht. Aber so weit uns vergönnt ist, die Leistungen ihrer Natur forscher zu durchschauen, gebührt ihnen nur insofern lobende Aner kennung, als sie in den Gränzen der Äußeren Wahrnehmung geblie ben sind. Wie alle Speculation der Chinesen — diejenige ausge nommen, wo der unmittelbare Nutzen zu stark cinieuchtet — so ist auch ihr Philosophircn über die ewigen Gesetze der Körperwclt etwas rein Subjektives, nickt anders, als empörte sich ihr Stolz oder ihre Bequemlichkeit dagegen, aus diesem Wege von der Erfah rung sick leiten zu lassen. Das Ergebniß war ein Labyrinth abstrak ter Ficlioncn, das, bei der sarb- und gestaltlosen Phantasie des Chinesen, wohl kaum ästhetischen Werth haben dürfte und nur einen merkwürdigen Beitrag zu den Bcrirrungcn des menschlicken Gei stes giebt. Ls wäre demnach unserem Zwecke fremd, dieses Lustgcbäub, eines spekulativen Aberglaubens — i» den jedoch, beiläufig bemerkt, fast gar kein religiöses Element gekommen ist — im Ein zelnen zu beleuchten. Einige Grundzüge mögen hinrcichcn. Es giebt nach den Chi nesen zwei Prinzipe, die Quelle aller Operationen in der Kör perwell. Man könnte sie das Prinzip des Lebens und das der Materie nennen. Sie offenbaren sich unmittelbar als Bewegung und Ruhe, Expansion und Conlracuon, Anziehung und Widerstand.') Aus das Zneinandcrwirken und den vorherrschenden rcspektiven Ein fluß dieser Prinzipe gründen sich alle die mannigfachen, sichtbaren und unsichtbaren Eigenschaften der Naturwesen. Die Elemente, die Grade der Temperatur, die Farben, die Arten des Geruches Und Geschmackes — Alles steht in genauer Beziehung und ist bloße Mo- dificalion der zucknu natur». Um nun die Rechnung mit dem Ueber- flnnlichcn gleichsam abzuschließe», bat man die verschiedenartige» Offenbarungen der Grund-Prinzipe unter Zahle» gebracht, dere» Vergrößerung oder Verkleinerung eine Art von Majestäts-Verbre chen wäre. Wir kehren zu der Natur-Beschreibung zurück, ws der Chinese zu seinem Glücke nicht bloß viel objektiver, solider» auch viel weniger von seinen Altvordern abhängig geblieben äst. Er macht sich kein Gewissen daraus, die Ergebnisse der Beobachtungen seiner Vorgänger, auch wen» sic, gleich den scinigen, ans Autopsie gegrün det sind, einer Prüsung zu untcrwcrsen, sic zu vervollsiändigcn und zu berichtige». Aber nie fehlt cs ihm an Leichtgläubigkeit, besonders wenn es sich von Nalurwcsen handelt, die seinem Vaterlands fremd, oder zwar einheimisch, aber schwer und nicht ohne Gefahr zugänglich sind. Hier kam, ihm seine natürliche Furchtsamkeit und Scheu vor physischem Schade» eine» Strcich spielen, so, daß er lieber geistigen Gefahren entgcgcneilt und den ihm zugetragene» oder erträumten Unsinn mit seinem für Alles empfänglichen Systeme der Natur-Weis heit zu vereinige» sucht. Seine phantastische» Thierc, die mit unseren Drachen und Greisen verglicht» werde» könne», sind gleich sam Konglomerate wirklicher Tbier-Gattungen, denen ein abenteuerli che« System individuelles Leben eingchaucht hat. Eben diesem Sy steme widerstrebte nicht die Aniiahmc einer regelmäßige» periodischen Verwandlung Ihierischer Körper in andere, auch von der verschieden sten Art, wobei die gröbsten Begriffe von Wahl-Verwandtschaft zum Grunde liegen. Andere Mängel in der Natur-Beschreibung, als oberflächliche Vergleichung ähnlicher Natur-Produkte und Bcr»achlWgu»g der feineren Bestimmungen im Detail, erklären sich aus der Gleichgül tigkeit des Chinesen gegen eine wissrnschaftliche Classification der Na tur-Körper. Ihre apriorischen Begriffe macken ihnen jede systemati sche Untersuchung und Zergliederung entbehrlich, und so habe» sie *) Vgl- Abel Remusat's voffhume Abhandlung On «e u>« n-w "I »ci-nc-r -imonL-i U>« n->üont ul e»rt«ra -r a»uco»I, Oktober «Nb November IM) es rvrgczogen, recht praktisch zu klassifizirrn. Dieses Hi „eilen zum praktisch Nutzbaren, das sich in der Behandlung so über wiegend kund «Huk, und dessen Basis eine von der Erfahrung abge- spcrrtc Theorie bildet, konnte auf den unintcressirlcu Theil der Na tur-Beschreibung nur nachthcilig wirken und verwandelte die nalur- hisionschcn Werle, ihrem Haupt-Inhalt nach, in medizinische Noth und Hülssbnchcr, in denen cs für löblich erachtet ward, den Pro dukten auch eine besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Wohl darf inan den Chinesischen Aerzlen, den ausschließliche» Beherrschern aller Nalurgebicic, nachrühmen, daß sie von den mei sten bekannteren Nainrwcscn säst feinen ihrer vornehmsten Theile ungckostct und ungeprüft gelassen haben. Diese Sorgfalt erstreckt sich sogar aus die Exkremente. Auch ist, wenn man ihnen glauben darf, jeder dieser Theile, entweder einzeln aufgelöst oder in Mixturen cingcgcben, oder, „ach Umständen, äußerlich aufgestricheii, von wohl- lhätigcr Wirkung gewesen. Ihre .mangelhafte Chirurgie und öfter wohl auch eine mißverstandene Schamhaftigkeit nölhigcn sic, bei manchem Ucbcl, das man in Europa schwerlich ohne äußerliche Operation behandeln würde, nur innere Heilmittel anzuwenden. Zn dem medizinischen Anhang, der jedem Natur-Produkte beigegeben ist und die Beschreibung desselben ost an Größe übersteigt, kommt zu nächst die Wirkung des Körpers aus den Gaumen oder sein Ge schmack und der Grad seiner Temperatur zur Sprache; ferner, ob er giftige Substanzen enthalte oder nicht. Dann werde» die Uebel aus gezählt, in denen er mit Nutzen zu gebrauche», und endlich folgen Rezepte oder besondere Vorschriften für jedes einzelne dieser Uebel. Bon einem falschen Gefühle der Alk-Einheit im Spekulum geteilt« »nd im klebrigen nur an der äußere» Erscheinung sesthaliend, haben die Chinesen auch Alles, was sie für unmittelbare Wir kung und Offenbarung der Elemente halten, naturgeschichtlich behan delt und in das Fachwerk des physisch Nützlichen oder Schädlichen gebracht. Daher es uns nicht Wunder nehmen darf, wenn wir vor der Beschreibung der drei Reiche auch dem Wasser und Feuer, nach ihren atmosphärischm und tellurischen Wirkungen, besondere Abschnitte gewidmet sehen. Von der Lust ist vielleicht deshalb nicht insbesondere die Rede, weil der Chinese sic nicht abstrakt genug zu fassen vermag. Da« Wasser zerfällt ihm in himmlisches und irdi sches. Unter der ersteren Rubrik finden wir alle wässerige Luft- Erscheinungen, aber auch da« Gewitter. Zu dem Erd Wasser gehö ren die fließende» und stehenden Gewässer, mit Rücksicht ihres Ein flusses aus die Gesundheit. Das Feuer zerfällt in verborgenes und offen wirkendes Feuer, und cs sind eilf Arten desselben ausgezählt. Eine Art von Uebergang zu den Naturreichen bilden die Erhärten, welcher Artikel jedoch ganz andere Dinge enthält) als man erwarten sollte. Es ist hier bald von Haupt-Bestandtheilm gewisser menschlicher Fabrikate, z. V- dem pd-tbü oder der weißen Erde, die zu Porzellan-Gesäßen verarbeitet wird; dem Ruße, aus dem Tusch gemacht wird — bald von lhierischen Fabrikaten — z. B. den Kügelchen, die der Mistkäfer bildet, den Nestern gewisser Bögel und Insekten, ja sogar von dem Schlamme, der durch Mischung animalischer Exkremente mit Erde entsteht — sehr ernsthaft und wvhlmcincnd die Rede; bald endlich werde» solche Erd- oder Staub- arlcn, die sich in gewissen Theilen des Hauses, unter der Thürsckwelle, zu den Füße» des Beltes u. s. w. bilden oder ansetzcn, medizinisch ge würdigt. Aus dem Gesagte» erhrllt, daß wir i» einer Chineflscheii Na turgeschichte «Heils viel mehr, theils viel weniger zu suchen haben, als in unseren Europäischem Zm Wesentlichen sind aber alle Pen -, z a o'«') der Chinesen einander sehr ähnlich, rind es unterscheidet sie die größere oder geringere Fülle des Gegebenen weit mehr, al« Form oder Behandlung. Wie alle nützliche und wohlthätige Erfindun gen, so wird auch die Naturgeschichte von de» Chincsen selbst auf die heiligen Namen ihrer Vorzeit zurückgesührt. Der alte Kaiser Ho«ng-ti (ungefähr 2700 v. C.) prüfte schon, der Sage gemäss, die Eigenschaften von 100 Pflanze» - Arten und entdeckte an Einem Tage 70 Gifte. Diese Sage benutzte, wie cs scheint, der erste Sammler eine« Pen-zao, damit dcr gefeierte Name sein Buch em pfehle« möchte, wiewohl dasselbe mit Hoaiig-ti eben so wenig ge mein hatte, al« das ,,Buch der Weisheit" niil Salomo. Auch wird die Thalsache von aufgeklärten Chincsen theils ganz bezweifelt, «Heils ') Der Titel pön-iXo ist wohl am richtigsten durch vornehmste oder Haupt-Krauter !d. h. zu medizinischem Gebrauche) wiederzugeben Er ist uralt und von dem vornehmsten, wo nicht ausschließlichen Inhalt der ersten natur-eschichkliche« Traktate her-enommen