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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pranumerations- Prci« 22j Tgr. z; Thlr.j vierteljährlich, 3 Theiler für das ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man xränumerirt auf dieses Beiblatt der Allg.Pr. StaatS- Zcitung in Berlin in der Expedition «Mohren - Straße Nr. 34); m der Provinz so wie im Auslande bei den Wohllöbl. Post - Aenitcrn. Literatur des Auslandes. j). Berlin, Montag den 21. Zanuar 1833. Polen. Die Entstehung der romantischen Poesie in Polen. Bis an das Ende des achtzehnten und auch noch in den ersten Dezennien des neunzehnten Jahrhunderts stnd die Polnischen Dich ter gewissen unveränderlichen, aus Frankreich derstammcnden und mit Unrecht klassisch genannten Regeln gcwiffeuhast treu geblie- be». Wie in Deutschland zur Zell GvllschedS, wurden nur diejeni gen Dichtungen für poetisch gehalten, die in den vorgcschriebencn Formell sich bewegten, und gleich dem genannten Leipziger Profes sor, 'verdammten auch die. Polnischen Aristarchen Alles, was die Gränzlinie jener zu einer ausschliesslichen Theorie erhobenen Regeln zu iibcrschrcilcn wagte. Die Klassiker, wie sie sich mindestens selbst nannten, übten in ihrer Schule eine Art von Zunftzwang, dem sich jeder, der auf den Namen eines Meistere Anspruch machte, unterwerft» musste, und der besonders streng aus dramatische Werke angeivandt wurde, wo die Einheiten der Zeit, des Ortes und der Handlung für so nothlvendig galten, daß jede Abweichung, wie man sic zuerst im Shakespear und später in den dramatischen Arbeiten der Deutschen erblickte, als das Zeichen einer barbarischen Poesie erschien. Darum entbehren aber auch selbst die besten Trauerspiele der in ihrer Art vollendetste» Polnische» Dichter jenes Interesse, das nur die dramansche Fülle des Lebens mit allen seinen Bewegungen, die in jene willkürlichen Regeln unmöglich hincinzuzwängcn stnd, dem Zu schauer vor der Bühne gewähren kann. Der talentvolle und gelehrte FckiüSki laßt darum scholl die jetzige an eine lebendigere Kunst gewöhnte Generation ohne Thcilnahmc, und seine Barbara Ra dziwill, die, was den Wohllaut der Sprache und die Vollendung des Verses betrifft, als eines der vorzüglichsten Werke der dramati schen Poesie der Sarmalcn angesehen werde» kann, ermüdet und läßt den Leser wie de» Zuschauer kalt. ES war vorausznsehen, daß, eben so wie eS in Deutschland ge schehen war, auch in Polen früher oder später eine Emancipalion von diesem Negelnzwange staltfinde» würde; eS war aber auch eben so leicht vorhcrzusagen, daß eine solche Neuerung alle Gottschcde in Harnisch bringen und daß cS eines Lesstng'schcn Geistes bedurft» würde, um den Verketzerungen der Schule'mit Erfolg zu widerste hen. Dieser Geist hat sich glücklicher Weise gesunden, und so groß die Macht auch war, die sich gegen ihn erhob, er hat den Sieg da- vongctragcn und somit seinen vollen Berus dargcthan. Adam Mickiewicz war cS, der die neue Lehre durch Wort und That cinführtc; sein kritischer Heereszug war durch ein mächti ges poetisches HülfS-Corps unterstützt, und während er die Anhän ger am Alte» durch Argumentationen angriss, eroberte er die Sym pathie der Jüngeren durch seine Verse. Mit Recht wird er daher auch der Reformator der Dichtkunst in Polen genannt. Je unglei cher der Kampf im Anfänge erschien, um so mehr mußte er das Interesse für den jungen Kämpfer erregen, der allein gegen ein Heer von Veteranen der sogenannten klassischen Schule, zum Theil Män ner von Verdienst und großer Gelehrsamkeit, dastand. Aber je schwieriger der Sieg, um so ruhmvoller wurde er auch für ihn, der am Ende einen Theil seiner frühere» Gegner in seinen eigenen stets anwachsende» Reihen erblickte. Jetzt erheben sich mir noch hier und da einzelne Stimmen der Klassiker, aber sic verhallen ohne Anklang, und wo in Polen jetzt die Muse — schüchtern noch und erschreckt vom kaum überstandenen blutigen KricgS-Tumull — sich blicket, läßt, da erscheint sie in dem romantischen Gewände, das Adam Mickiewicz ihr zuerst geliehen hat. Die Werke dieses Dichters, von denen bereits mehrfache Aus gaben (in Wilna, Warschau, Posen und Paris) erschienen, sind bis jctzl in fünf Bänden herauSgekommcn, von denen drei seine kleine ren Gedichte (Balladen, Sonette u. s. w.) enthalten, der vierte das bisher noch unvollendete größere Gedicht Dziadv umfaßt, in-welchem Mickiewicz die alten Litthauer und namentlich daS^ sonst von ihnen gefeierte „Fest der Todten" mir ergreifendem Darstellungs-Talente schildert, und der fünfte Theil endlich einen historischen Roman: Konrad Wallenrod enthält, in welchem die Hcldcnlhalcn des Großmeisters dieses NamcnS gefeiert werde,,. Uebercinstimmend ist jetzt das Unheil, daß Mickiewicz der vater ländischen Sprache einen neuen Reiz zu verleihen wußte. Der süße Wohllaut seines Verses schmeichelt dem Ohr, wen» er von weibli- Uchen Lippen, und belebt durch seine Frische, wenn er von einem rei nen männlichen Organe Lem Zuhörer ertönt. Die Tieft seiner ^Ge danken und die kühne Originalität seiner Bilder sichern ihm nicht bloß unter den Dichtern seiner Landsleute, sondern auch unter denen aller Nationen einen ehrenvollen Platz. Wir müssen bei dieser Gelegenheit auch eines zweite» Namens gedenken, eines jüngeren Dichters, der dem älteren Meister mit Er folg nachgcstrebt hat. Anton Eduard von Odynicc, eben so wie Mickiewicz ein Litthauer, hat auch so wie dieser besonders die Lit- thauische Sagenwelt in seinen Gedichten wiedergegebcn, wodurch die Polnische Literatur einen neuen charakteristischen Zug erhalten hat. Die melancholische Tiefe, die die Erzeugnisse dieses Dichters auSzeich- net, gicbt namentlich seinen Balladen einen eigenen Reiz, dem ähn lich, der uns in den Ossianischen Gesängen anzicht. Schließlich mag es uns gestaltet sehn, eines anderen noch sehr jungen Mannes, Namens Stawacki zu erwähnen, der vor kurzem seine poetische,i Erzeugnisse in zwei Bänden herauSgegebcn hat und darin einen so unverkennbaren Beweis seines Talentes niederlegte, daß wir mit Recht erwarten dürft,,, er werde sich würdig der Reihe der neuen romantischen Dichter Polens anschließen. Bibliographie. (Beschreibung von Pulawh.) Von August Krciowicz. Lemberg. Litw» z>»,I 8tt,!>»<>,». (Die Schlacht bei Stubno.) Bon Stanis laus Iaszowski. Zweiter Tkeil. Lemberg. Xblür zrisarrncv ftolslcicb. (Sammlung Polnischer Schriftsteller.) Theil VI. Polnische Chronik von Piclski. Warschau. 2ft,6r zrocvins/.ncvuN <iia mkochrio^ zftei nbojö)'. (Sammlung von Glückwünschen für junge Leitte beiderlei Geschlechts.) Von August Krelowicz. Erster Theil. Lemberg. iXaußa z,ral<t)02na o z;c>rr«lniuol> llrecvniun^cli. (Praktische Anweisung in Bezug aus die von Holz konstruirtcn Brennereien.) Vom Major Kasperowski. Lemberg. , Frankreich. Chateaubriand und seine Werke. Von einem Englischen Kritiker dargestellt. (Schluß.) Wir erwähnten oben ans tadelnde Weise der Gräuel, welche am Ende der „Nalchez" zusammengchäust werden, und die von einem verderbten Geschmack zeugen, den die Franzosen nur zu leicht Eng lischen Schriftstellern vorwerfcn. Ein strafbares Weib wird in eine» Pfuhl geworfen, der von Klapperschlangen wlmmclt, Mordthaten folgen rasch auf einander im Geleite von Verbrechen, die wir nicht nennen wollen. Die letzten Feilen enthalten eine Stelle, weiche die Moral der Geschichte jnsammensaffcn soll, und die wir nicht mit Stillschweigen übergehen können: „ES gicbt Geschlechter", wird da rin gesagt: „welche das Schicksal zu verfolgen scheint. Klagen wir die Vorsehung nicht an. Rönö ist bis zu seinem Tode der Gegen stand unnatürlicher Leidenschaften, die Amalie dem Himmel und Ondurö der Hölle zuführen. Rönö trifft die doppelte Züchtigung für Liese strafbaren Triebe. Man bringt nicht Andere aus Abwege, ohne selbst eine gewisse Hinneigung zum Bösen zu haben, und wer, selbst ohne seinen Willen, die Ursache eines Unglücks oder Verbre chens wird, ist nie unschuldig vor dem Auge Gottes." „Klagen wir die Vorsehung nicht an." Allerdings! aber wir wollen auch nicht, was eben so schlimm märe, ihre Rechtfertigung durch solch ein Dogma, wie dieses, versuchen. Wie! wer, selbst un willkürlich, ein Verbrechen veranlaßt, sollte deshalb vor dem Auge seines Schöpfers nicht unschuldig ftpn? Ist der Reichthum, der den Räuber in Versuchung führt, dem beraubten Eigenthümer als Ver brechen anzurcchnc»? Ist das Opfer, welches unter dem Messer des mitternächttichei, Mörders bluict, schuldig zu nennen, weil es die grauscnvolle Unthat veranlaßte? Wir können unser Erstaunen nicht bergen über die Darlegung eines so gefährlichen Grundsatzes, der daraus berechnet ist, das moralische Gefühl abzustumpsen und die Gränzlinie» zwischen Recht und Unrecht zu verrücken- „Oos Aurt^rs," weit vorzüglicher als die „Natchez," trägt ent- scbiedener den Charakter epischer Prosa, und die Erhabenheit des Stils ist mehr im Einklang mit dem Alterthum und der Würde des Stoffs. Die Geschichte fällt in die RegierungSzeit des Diocleiian und des Galerius, das Sujet ist die Verfolgung der Christen und