Volltext Seite (XML)
WSä'cnMch erscheinen drei Numniern. Pr-.numcr>U:enS- Prei« 22i Sgr. Thlr.) -lcrteliäbrtich, 3 Thain für da« ganze Jahr, »hnc Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man prLnumcrirl aus diese« Beiblatt der Allg.Pr. Staats- Acilunz in Berlin in der Ebpcdincn (Mohren - Strage Nr. 34); in der Provinz so wie im Äuslaude bei de» Wohllöbl. Post - Aemtern. Literatur des Auslandes. 106. Berlin, Montag den 1. Oktober 1832. England. Der Bosphorus. Aus einem Englischen Skizze n-Buchc. Der Reisende, der so glücklich gewesen ist, an den Usern des Bosphorus vorbcizuscgcln, wird noch oft mit gemischten Gefühlen des Bedauerns und des Vergnügens an jene zauberische Fahrt zuriick- dcnkeu. Diese prachtvolle Slraßc, welche sich von dem Hafen von Konstantinopel bis zur Spitze des Schwarzen Meeres erstreckt, kann unge fähr 20 (Tngl.) Meilen lang sepn, und ist säst an keiner Stelle brei ter als 1 (Engl.) Meile. Die alte Griechische Sage war, das; man den Gesang der Bogel auf dein gegenüber liegenden User hören könne. Auf diese Weise sind zwei große Erdthcüe durch ein Meer getrennt, das schmaler ist wie viele Flüsse, die nur Gränzcn zweier Landstriche sind. Dabei ist cS sclisam, daß nirgend vielleicht der Charakter jener zwei großen Abthcilungen unserer Erde so auffallend hcrvortritt, als an den Usern des Bosphorus. Die Europäische Seile, bis etwa vier oder fünf Meilen vom Schwarzen Meere, ist fast ununterbrochen mit wunderlichen und zierlichen Gebäuden bedeckt: da sind schone Dörfer, glanzende Sommer-Palaste, reizende Krosts mit Arabesken verziert. Der grüne Hintergrund der Scene ist eine schimmernde Wand icr- rassenarlig gebauter Gärten, die sich aus einer Keile von Hü geln erheben, deren annmihsvolie Windungen mit Erpressen- und Kastanien-Wäldchen gekrönt sind. Hin und wieder öffnen sich dem Blick reizende, und liebliche Thaler, reichlich mit Gehölz versehen und von antiken Wasserleitungen durchkreuzt. Aber in Asien wachsen die Hügel zu Gebirgen und die Haine zu Wäldern. Alles verkündet ein unermeßliches reiches und fruchtbares Land; doch in der allgemeinen Erscheinung desselben liegt etwas Klassisches, Altcrtbümlichcs und sogar GehcimnißvollcS. Eine tiefe Ruhe herrscht auf den weniger kullivinen und weniger bevölkerten Ufern, und die Adler, die über dem luftigen Gipfel des gigantischen Grabes schweben, scheinen sich bewußt, daß die Grabstätte von Heroen unter ihnen liegt. Ich erinnere mich, Zeuge eines der seltsamsten und erhabensten Schauspiele gewesen zu sepn, als ich an einem milden Herbst-Abend in meinem Boot von Thcrapia nach Pera zurückkchrle. Ich be gegnete einem Heer von Delphinen, die aus dem Wege vom Aegäi- schen nach dem Schwarzen Meere durch den Bosphorus kamen. Sic ruderten recht« durch das Wasser, und ich berechnete, daß sic in kur- zcn Zwischenräumen ungefähr einen Naum von 3 bi« 4 Meilen be deckten. Es war sehr schwierig, ihre Zahl zu schätzen; aber cs muffen natürlich mehrere Tausende gewesen sehn. Die Erscheinung dieses Heeres war großartig, und es brachte eine ungeheure Bewegung her vor. Das Schnauben, Springen und Spritzen und die wilden lär- mcndcn Bewegungen dieser Tbicrc werde ich niemals vergessen. Da cs schon spät war, ßo sahen wir kein anderes Fahrzeug mehr, und meine Nudcrcr, aus Furcht umgestürzi z.u werden, hielten an, um sich mit ihren Rudern zu vertheidigen. Ich haue meine Pistolen bei mir und konnte meine Iagdlust vollkommen befriedigen; denn ob gleich die Delphine Alles ausbolcn, um uns zu vermeiden, so kamen doch immer ganze Haufen in die Schußnähe. Immer, wenn einer getroffen war, entstand eine allgemeine Verwirrung in der ganzen Linie; alle plätscherten dann mit vermcbrtcr Schnelligkeit, tauchten ihre runden Kopfe in's Wasser und schlugen mit ihren spitzigen Schwänzen in die Luft. Nach dreiviertelstiindigem Anhalten war endlich das mächtige Heer bei uns voriibcrgcscgelt, und meiner Be rechnung nach, mußten sie gerade in Svnivlcgade« augckommcn sepn, als ich in das gastfreie Hoicl der Britischen Gesandtschaft in Pera cintrat. 13>n new (HI I-Ias. (Der neue Gil Blas, oder Pedro von Penaflor.) Vom Verfasser von „Spanien im Zahrc 1830." 3 Bände. London, 1832. Was mag der Verfasser (Herr Inglis) sich dabei gedacht haben, als er dieses Werk den neuen Gil Blas nannte? Ist welcher Hin sicht gleicht cs dem alten Eil Blasi I» Witz, Weisheit oder National-Porlraitirungen? Sicherlich in keinem dieser Stucke. Es war gar keine Nothwcndigkrit vorhanden, dem Leser den Vergleich aufzudringen; »»d oben weil der Verfasser dies getban hat, wird Jedermann, der das Buch liest, unwillkürlich die wirklichen Verdienste desselben verkennen. Wenn er den Gil Blas bei Seite gelassen hätte, so würde sein Pedro von Penaflor mit einem kritischen Sci- icnhicb, aber auch mit herzlichen Lobsprüchcn durchgcgangen sepn; aber so wie cs ist, hat cr nur zu dem Scitenhicb Anlaß gcgcben. Pedro ist ein vollkommener Spanischer Straßenräuber, ein bläßer Spitzbube, der vor nichts zuriickschrickl, der besonders die Abenteuer liebt, die ihn in die größten Verlegenheiten stürzen, und der, gleich Eil Blas, aber nicht mir dem hundertsten Thcil seiner Erfindungs gabe, sich anscheinend mit keinem anderen Zweck in Verlegenheiten verwickelt, als um seinen Witz zu üben, wie cr sich wieder aus den selben befreit. Mvrdlhaten und Intrigucn, Räubereien nnd Betrü gereien liefern die Haupt-Materialien zu dem Werke; während die Zwischen-Ereignisse, deren sehr viele sind, in der kalten, kurzen, gleich gültigen Art abgeserngt werden, die Spanischen Romanen dieser Art eigen' ist. Das Buch ist in der Thal sehr Spanisch; aber c« beschäftigt sich fast durchgängig nur mit der Oberfläche der Charaktere, und dringt selten in den Kern derselben. Die Caballeros sind alle ein und die selben, kleiden sich aus gleiche Weise, tragen große Schwcrdicr, ma chen sich kein Gewissen daraus, bei dem geringsten Anlaß den sterb liche» Fleck eines Menschen mit der Spitze ihres Dolches anfzusuchcn, haben ein hochmüthigcs, trotziges Ansehen und sind ganz unglaub liche Prahlhänse. Was einer von ihnen thut, lhun sic so ziemlich Alle; cS ist kein Schalten von Unterschied zwischen ihnen. Dasselbe ist mit den Heroinen in dem Buche der Fall; sic sind alle gleich un schuldig und verschlagen, zärtlich und unversöhnlich, so verliebt in ihre Liebhaber, daß sic sich nicht darum kümmcrn, was aus ihren Mannern wird, und stet« bereit, für dieneuefre Laune ihres abgenutz te» Herze»« die gcschworncn Eide zu verletze» u»d ihren Pflichten untreu zu werden. Sic sind die fügsamsten Weiber von der Welt. Sie schmolle», singe», tanzen, weine», lachen und morde» mit gleicher Ungezwungenheit, und stets mit dem Anschein der Notbwcndigkcit. Aber obgleich dieses Werk auf den Gil Blas gepropst, und vo» dem, man möchte sage», Idiom'des Nalional-Cbaraklcrs keine Spur darin zu finde» ist, so ist es doch der Aufmerksamkeit nicht ganz un- wcrlh. Es kann nicht gelesen werden, ohne daß man einen gewisse», wenn auch mangelhaften und unbestimmte» Begriff von den Spani sche» Sitte» und von dcui alltägliche» Draina des Spanischen Leben« erhält. Jeder, der mit Aufmerksamkeit liest, wird leicht wahrneh- mcn, daß der Verfasser nicht Herr seines eigenen Planes ist, nnd daß er nur skizzirt, wo cr glaubt ein auSgcsührtcs Gemälde zu lie fern. Aber doch sind die Seltsamkeiten in Pedro'« Leben untcrhal- tcnd, wozu die häufigen Veränderungen de« Schauplatzes und der Ereignisse und auch sogar die abgeschmackten Uebcrgänge von der Tragödie zur Posse da« ihrige beitrage». Den Geist Le Sage'« wird man allerdings vergeben« suchen; Herr Inglis besitzt ihn nicht. Es ist aber Talent in dem Werke, und da dasselbe sich unter günstige ren Umstände» entwickel» ka»», so wünsche» wir um so mehr, Zcug- niß davon gbzulegcn. — Wir geben deshalb einige Auszüge, um zu zeigen, wie Herr Inglis die Evisoden bebandclt. 1. „Die betrübte Geschichte des Valen eia ners; und warum er seinen Feind in den Straßen von Mur cia erschlug." „Ich bin in San Fclippo, in dem Königreich Valencia, zur Wclt gekommen, und ward zum Mediziner erzogen. Mein Vater starb, ohne mir das geringste zu hinterlassen, und da meine Mutter rbcnsalls todt war, so nahm mich mein Onkel, ein Arzt, i» sein Haus und behandelte mich wie scincii Sohn. Unter seiner Leitung lernte ich die Erkennung und Behandlung der Krankheiten, und er langte eine, ich kann wohl sagen, mehr als gewöbnlicl'c Grfctncklich- kcit i» der Kenntuiß von den Eigentluimlichkeiien der medizinische» Pflanzen, an dcncii ganz Valencia, aber besonders die Umgegend von San Fclippo cmcn solchen Ucberfluß bat." „Don Montcra — dies war der Name meine« Onkels — hatte cinc Tochter Namcn« Inez, und wir gewannen uns bald gegenseitig lieb. Es ist nicht meine Absicht, die Fortschritte unserer Leidenschaft zu schildern; wir waren Spiclgesäbrtcn ebc wir Liebende waren, und liebten uns schon als Kinder.' Ihr Vater, nicht mißbilligend, was ihm nicht unbemerkt bleibe» konnte, beschloß, al« cr krank wurde und sein Ende herannahen fühlte, sein Kind meinem Schutze aiizuvcr- traucn, und ehe cr dic Augen schloß, legte cr unsere Hände inein ander, und wir waren verbunden. Zwei Monate nach unserer Ver bindung verließ ich San Fclippo, uni in der Nähe von Enguera die medizinischen Kräuter zu sammeln, deren ich zur Ausübung meiner Kunst bedurfte; und da meine lheure Inez mich beschwor, sic nicht