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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumeration«- Preis 22^ Sgr. f Thlr.) virrteliädrlich, 3 Tbaler für da« ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. für die Man vränumcriri anr dieser Beiblatt der Allg.Pr. Staat»- Zeitung in Berlin in der Expeditton iMohren - Straße Nr. 34); in der Provinz so wie im AMande bei deir Wohllöbl. Post-Äennern. Literatur des Auslandes. 66. Berlin, Freitag den 29. Zuni 1832. O st i n d i e n. . Das heutige Delhi und der jetzige Groß-Mogul. Aus Capilain Mundy's Reise.") Am 31. Januar (1828) kamen wir in die Gegend von Pctpcr- gendsch, drei Meilen von Delhi. Aus diesem.Platze, geweiht durch das Blut vieler unserer Landsleute, wurde vor 25 Zähren die Schlacht bei Delhi geschlagen. Hier überwand Lord Lake, nach der Einnahme von Alligher, mit 4500 Mann die Heeresmacht des Ssindia unter dem Französischen General Perron, Lie sich auf 43,000 Mann In fanterie und 6000 Reiter belief; 68 Feldstücke wurden dem Feinde abgenommen. Nach diesem Siege zog der Britische General in die Stadt und setzte den unglücklichen des Augenlichts beraubten Schah Allabm wieder aus den Thron seiner Väter. Am ersten Februar schlugen wir am Kaschmir-Thore von Delhi unser Lager auf, und am nächsten Tage schlenderten wir durch die Stadt. Die Haupt-Moschee, obgleich an Feinheit der Ausführung nicht mit der in Agra zu vergleichen, übertrifft diese letztere weil in dem Großartigen ihrer Verhältnisse. Das große Viereck war, als wir durchgingen, mit Hunderten frommer Beter, Lie ihrer Länge nach da lägen, bedeckt. Diesen erstauncnswürdigen Bau errichtete der große Kaiser Aureng Jeb; und in seinem Hciliglhum murmelte der Fürstliche Heuchler, mit Lumpen frommer Büßer bekleidet, Ges bete für den Sieg der Heere, die seine drei unglücklichen Brüder nebst ihren Familien verfolgen und morden sollten, nachdem er sei nen hochbejahrten Vater Schah Dschehan zu Agra cingckerkert hatte. Zm Verlauf unseres Spazierganges zeigte nuan uns auch eine kleine Moschee, wo der berühmte Persische Eroberer HmLosians, Nadir Schah, verweilte, nachdem er (1730) Delhi eingenom men hatte, und von wo er, entrüstet über einen Schuß, der aus einem benachbarten Hause nach ihm geschehen war, mit gezücktem Schwerdte das Zeichen zu allgemeiner Niebcrmetzelung der Einwohner gab, in welcher über bundert Tausend Menschen das Leben verloren. Die Beute aus der Stadt ist auf 80 Millionen (nach unserem Gelbe) berechstet worden; der Mongolische Kaiserthron, au« gediegenem Golde und Juwelen, war allein 12 Millionen werth. Nadir'e Nach folger, Abdallah, machte etwa 20 Zähre später Delhi einen Besuch, der eben so verderblich, aber nicht so einträglich für ihn selbst war- Von Neuem wurden an 100,000 Menschen geopfert und Lie Stadt elngeäschert. Den 3.-Zebrüar brach der Chef unserer Expedition mit dem Britischen Residenten zu Delhi und dem Stabe auf, um den Groß - Mo gul zu besuchen. Mirza Selim, der jüngste Sohn des Kaisers, führte uns nach dem Palaste, der innerhalb der Mauern des Forts liegt. Beim Eintritt in den Bezirk der Königlichen Wohnung passirten wir mehrere enge und kothige Alleen, bis wir an ein gewölbtes Thor kamen, das zu niedrig war, um unsere Elephanten einzulasscn. Wir mußten absteigen und zu Fuße gehen'. Bald gelangten wir an die gewölbte Pforte, die in das Quadrangulum führt, ist welchem der Diwani-Chaß (die Alle des geheimen Staatsrathes) sich befin det. Indem wir durch den großen rochen Vorhang schritten, der de» Eingang verhüllt, machte die ganze Gesellschaft einen liefen Bückling zu Ehren des erlauchten Monarchen, der noch unsichtbar war. Als dann bewegten wir uns auf ehrerbietigen Umwegen über den Hos- raum dem Gebäude zu, wo der Thron stand. Auf dem Korridor mußten der Englische Resident und seine Assistenten Hüte und Schuhe oblegen; aber Lord Combcrmcrc und sein Gefolge behielten, einer Uebereinkunsl gemäß, ft lange die Ceremonie dauerte, ihre Stiefeln und Hüte. , . - . - Der geheime Staaisrath ist ein prächtiges, offenes Gebäude, ans weißen Marmorsäulen ruhend, Alles zierlich eingelegt und ver goldet. Die Decke soll in glücklicheren Tagen mit Sübcr ausgclegl gewesen seyn; es wurde aber von den allgemeinen Verwüstern In diens, den Marotten, geplündert. Ringo uni den Kranz liest man noch die (jetzt wenigstens unpaficnde) Inschrift: „Wenn cs ein Paradies auf Erde» giebt, so >st cs dies, nur dies!" Der Thron, das Centrum des Gebäudes einnehmend, erhebt sich etwa drei Fuß über den Boden und wird von einem Baldachin aus Goldstoff, mit kleinen Perlen durchwirkt, beschattet. Es sichren keine Stufen zur Fronte des Throzis, da der Eingang von hinke» ist. 0 stauch'- !>en IN'! nenoll -ketcbe- IN Znilis. (Zu finden in Berlin in der A. Asher'l'chen Bitchhandlung) Wir fanden den heutigen Repräsentanten des Groß-Mogul mit ge kreuzten Beinen aus demselben sitzend und von Polstern unterstützt. Er ist ein schöner Greis von würdevollem Aeußercn, und sein weiße? Bart stießt über die Brust. Zu seiner Rechten stand sein jüngste? und liebster Sohn, Selim; zur Linken aber der muthmaßliche Thron. folger, eine unaiisehnlichc Figur und, im Vergleich mit dem jünge ren Bruder, dürftig gekleidet. Es war unmöglich, ohne ein Gemisch von Hochachtling und Mitleid den Nachkommen eines Babur Akbar Schab Dschehan und Aurcngzeb anzuschaucn, der jetzt nur noch ' Schalten eines Monarchen ist; besonders in Erwägung des Umstan des, daß dieser Fürst, ohne Europäische Einmischung und Intrigucn, stall der abhängige Pcusionair einer Hand voll Kaufleulc zu scyn, vielleicht noch immer das Scepter der reichsten und ausgedehnteste» Herrschaft führen würde! Der alte Monarch, eingedenk seiner Würde, gönnte unserem Ches kaum einen Blick, als dieser ihm das herkömm liche Ehrengeschenk von 50 goldenen Moher's (800 Rupien) über reichte. Er erhob nicht einmal seine Augen auf die übrige Gesell schaft, während wir einzeln huldigend vorschrilten und Jeder unscre3 gol denen Moher's (48 R.) präscntirtcn. Seine Msenr war nicht eben hochmüthig, sondern er affcktirte eine schläfrige würdevolle Gleich gültigkeit, indem er das Geld ans unseren Händen empfing und sei nem Schatzmeister übergab. Als der König Lord Combermcrc's Gabe annahm, setzte er einen Turba», ähnlich dem seinigdn, auf dessen Haupt, und Se. Herrlichkeit wurde, im Fortgehen das Antlitz ehr erbietig dem Throne zuwendcnd, in ein äußeres Zimmer gebracht, um mit einem Ehrenkleide angethan zu werden. Nach etwa fünf Minuten kehrte er wieder, in einem schimmernden Gewände aus Musselin und einer Tumka, verbeugte sich und bot ein zweites Ec- schcuk an. Dann wurde der Stab von den Garderobe-Meistem in das grüne Zimmer geführt, wo wir mit Hülfe der Letzteren eine unangenehme Viertelstunde damit zubrachtcn, uns in silberdurchwirkte Musselin-Röcke zu stecken und Stirnbänder von demselben Stoff um unsere aufgestülpten Hüte zu wiiiden. Niemals habe ich eine so lächerliche Gruppe gesehen, wie wir sie bildeten, als die Toilette fertig war. Dann wurden wir durch den rothcn Vorhang und durch Häufen von Zuschauern und nachher wieder in den Diwani-Chaß geleitet, wo wir von Neuem einzeln vor Sr-Majestät erschienen, um eiiie Tiare aus Gold und falschen Juwelen zu empfangen, die er eigenhändig auf unsere Hüte setzte. Dafür mußte Zeder von uns wieder einen goldenen Mohcr entrichten. Die ebrcnwerthe Ostindische Compagnie zählle, beiläufig bemerkt, für uns Me, und unsere gol denen Moher's erhielte» wir vo» dem Residenten. Es war ein schö ner Zahltag für den verarmten alten Sultän, dessen ganzes Einkom men sich aus zwölf Lak Rupien oder 120,000 Pfund Sterl, jährlich beläuft. Die Einkünfte seines Ahnherrn Akbar waren etwas besser. Mit Einschluß der Präsente und Grllndstcucrn von l Kronbeamlen bet trugen sie ungefähr 50 Millionen Pfd. Sterling! Als wir uns beurlaubten, verkündigten die Herolde mit Stcnior- Stimmcn die Titel, welche der Kaiser Seiner Exccllenz dem Cbes- Commandcur bewilligt hatte. Unter anderen hochtönenden Anhäng seln zu seinem Namen empfing er die folgenden: Kämpe des Staats,. Schwerdt des Reichs, Herr der Welt, Schlach ten-Herkules u. s. w. Außerdem erhielt Seine Herrlichkeit ein Siaais-Palankin und die Königl. Kesselpauke, welche, wo ich nicht irre, das Siecht über Leben und Tod bedeutet. Wir traten ab, immer noch das Omssi'tt kN! areloro beobachtend, ehe wir durch den Vorhang zum Allerhciligsten schritten. Die Ccremoiiic, obgleich interessant und neu, ist dennoch widerlich und unerguicklich. Aber cs wäre hart, dem armen, alten, gefallenen König dics kleine Gaukelspiel zu verwei gern, odcr dem Nachfolger Tamcrlan's den Schatten nicht zu gön nen, während wir die Macht besitzen. Den vierten Februar machten wir uns am frühen Morgen auf, um das berühmte Monument Kautcb Minar zu sehen, welches im 13tcn Jahrhundert erbaut sepw soll. Die Entfernung von der Stadt beträgt an 12 Meilen, und die Straßen, welche dahin führen, sind alle gut und sehr interessant, weil viele merkwürdige Grabmälcr und andere bedeutende Ruinen hart daran liegen. Dic Säule von Kauieb soll die höchste in der Welt sep». Sic würde schon ganz verfallen sch», wofern nicht die Compagnie dies herrliche Stuck Bau kunst in ihren Schutz genommen und gegen 300 Stufen, welche zum Gipfel führen, wieder hergestellt hätte. Bon diesem Gipfel aus über schaut man nach jeder Richtung ein Meer von ungeheuren Ruinen, durch deren Mitte der Dschemna gleich einer gewaltige» silberne» Schlange sich windet. Die Mausoleen von Humainn und Scs-