Volltext Seite (XML)
258 die kleinlichen Merkmale der Parteien und Personen sich in dem Schallen des Hintergrundes bewegen. Kein Wirbel des Spotles oder der epikuräischen Gleichgültigkeit hemmt den Slrom jenes düsteren Enthusiasmus, welcher die Gemälde des Dichlers mit belebender Fluch erfrischt; seine beredten Seiten scheinen dem Andenken der Liebe, der Ehre, der Religion und der unwandelbaren Treue ge widmet zu scv». Aus seinem späteren Werke „Paul Clifford" blickt ein fast zu studirter Kontrast mit „Pelham" hervor, eine zu große Benutzung der Quellen des Interesses, welche ans den niedrigsten Ver hältnissen des Lebens entspringen; kurz, zu viel von dem pikanten Geschmack eines Mendoza, Quevedo oder Prevost. Es ist, als ob ein Mann, der sich darüber ärgert, daß er in einem vornehmen Wirthshause für drei Guineen gespeist hat, sich, um den Fehler wieder gut zu machen, in einen Keller stürzt, wo man für zwei Penny zu Mittag ißt. Die Erzählung bewegt sich zu lange in den Schlupfwinkeln des Lasters und redet zu oft die Sprache desselben. Politische Charaktere unter dem Gewand von SiraßenrLubern auszu- stcllcn, scheint uns, so geschickt es auch ausgesührt ist, wie Addison's Vergleichung der Englischen Könige mit heidnischen Gottheiten, mehr Scharfsinn als richtiges Gefühl zu verrathcn. Das eigentliche In teresse der Erzählung beginnt erst da, wo der Charakter des Clifford unter dem Einflüsse der Liebe erscheint. In „Eugene Aram," seinem letzten Werte, hat Herr Bul- wcr sich in der Mille gehalten; die Erzählung beweg! sich aus dem einfachen, gewöhnlichen Wege des Mittel-Lebens. Es ist eine Dors- Tragödie mit wenig Schauspielern, die aber Scencn enthält, welche unsere Neugierde erregen, uns im höchsten Grade spannen und an vielen Stellen unser Herz mächtig ergreifen. Wie im „Devereux", beruht das ganze Interesse mehr auf dem Dauernden und Allgemei nen, als auf dem Convcntiviiellen; es hat wenig mit den Sillen zu thun und ist hauptsächlich mit der Entwickelung eines Charakters beschäftigt, der wie durch Zauber auf das Schicksal aller übrigen wirkt und sie, gleich Trabanten, seine gefährliche Bahn mit durchlau fen läßt. Es ist unmöglich, auf diese nur ganz oberflächlich angedeutete Reihe von Werke» zu blicken, ohne die darin entwickelte große Man nigfaltigkeit des Talentes und die bedeutende Scbildcrungs- und Beob achtungsgabe anzuerkeunen. „Falkland," „Pelham," „der Bcrläug- nete," „Devereux," „Paul Clifford" und „Eugene Aram" haben jedes ein verschiedenes Ziel, und in jedem , wird es mit wenigstens mehr als gewöhnlichem Erfolge erreicht. Die schlaffe Gleichgültigkeit der gebildeten Gesellschaft unserer Tage; der Glanz der Vergangen heit, geziert mit historischen Namen und durch die Entfernung gemil dert; die düsteren Annalen der Armnth und der Schuld, die Erhaben heit der Gesinnung im Kamps mit Leiden und über dieselben siegend; die Fortschritte des Verbrechens in einem gefühlvollen, ehrgeizigen und leidenschaftlichen Gemüth und die darauf folgenden Qualen des Gewissens; diese, mit viele» anderen gettmgcnen Schilderungen, weiche jene Werke enthalten, in einem kräftigen und gewandten Stil vor- gctragen, bekunden die Mannigfaltigkeit und für Alles empfängliche Beschaffenheit seines Gemüthcs. Wie sehr bat er nicht Misere Samm lungen von Schilderungen merkwürdiger Personell bereichert? Wir zählen dazu Pelham selbst, Mordaum, Brandon, Merton Devereux, Bolingbroke, den Regenten Orleans, Tarleton, Isora, Isabella Mor daunt, Aram und so viele Andere. Wir können uns nicht dabei aufbalten, die Verdienste einzelner Scene» berauszuheben, deren es sowohl lauiiige als pathetische und furchtbare unendlich viele giebt; aber wir müssen im Vorbeigehen erwähnen, daß eine solche Stelle, wie die, wo Sir Willian, Brandon als Richler über seinen Sohn, dep er durch eigene Vernachlässigung in de» Auswurfder Gesellschaft getrieben hat, das Urtheil fällt, hinreichen würde, nm Herrn Bulwcr aus das Lob einer trefflichen Erfindung und nicht miiider wirksamen Ausführung den gegründetsten Anspruch zu verleihen. Wir haben seinen Romanen häufig den Vorwurf machen hören, daß die Anlage derselben in der Regel ina»gklhaft seh; — eine Be merkung, die zwar nicht ganz ungegründet, aber viel zu einseitig an- gewcndet worden ist. Seit dem „Verläugucten," dessen Plan wir als fehlerhaft anerkennen, hat Herr Bulwer, unserer Meinung nach, eine bedeutende Geschicklichkeit iu dieser Beziehung an den Tag ge legt. Wenn das wahrhafte Verdienst eines Planes darin bestellt, die Verhältnisse und Charaktere der vorkommenden Personen deutlich auseinanderzusetzen und das Interesse, welches sie erwecken, im Lause der Erzählung niemals erschlaffen zu lassen, so werden diese Bedingungen in „Devereux," „Paul Clifford" und „Eugene Aram" vollkommen erfüllt. Dennoch ist cs vielleicht wahr, daß Herrn Bul- wer S Stärke mehr in der Auffassung eines Cbaraklers und in der Schilderung einzelner Scenen, als in einer künstlichen Verknüpfung der Theile zu einem wirkungsreichen Ganzen besteht. Da ihm ein großer Vorrath charakteristischer und treffender Bemerkungen und die Macht einer glänzenden Sprache zu Gebote steht, so scheint es ihm wehe zu thun, wenn irgend etwas verloren gehen soll; und dadurch wird er zu Uebcrladungcn verführt und hemmt den Laus der Haupt- Begebenheit zu oft durch Skizzen, welche, obgleich an und für sich treulich ausgesührt, doch am Ende nur episodisch sind. (Schluß folgt.) Bibliographie. 8«!oonst series of lessons on tlre Aarne of cliess. (Zweite Reihe- solge von Vorlesungen über das Schachspiel.) Bon Lewis. Pr. 20 Sh. 1'he sbin^vreclc os kbe ffuno. (Das Schiffswrack der Juno.) Bon Mackav. Pr. 3 Sh. Nv Station ancl its stuties. (Meine Steilung und ihre Pflichten.) Boni Bers, der „Woche". Pr. 2^ Sh. Kucliments os tlre Irebrerv lanAuaA« (Anfängsgriinde der Hebräi schen Sprache.) Bon Noble. Pr. 5 Sb Kotes uz,on notes. (Noten über Noten.) Mit Kupferst. Pr. 3 Sh. 6recian antuznities. (Griechische Altcrthümer.) Von Paul.Pr.5SH. Aieroscopie eabinet. (Mikroskopisches Kabinet.) Bon Pritchard. Pr. s.8 Sh. Phe rastical. (Der Radikale.) Eine Selbstbioaraphie. Von John Galt. Pr. 5 Sh. On klie rnins os einnires. (Neber die Trümmer verfallener Reiche.) Bon Rowe. Pr. 7^ Sh. Holland. Oesclnecienis van Omsksulanch uik oiisio on Inlers ffnltrizvers LamenAssielcl. (Geschichte von Griechenland, nach älteren und neueren Schriftstellern bearbeitet.) Von G. N. van Kämpen. Vierter Theil. Amsterdam, 1831- Ruhig aus dem cingeschlagcnen Wege fortschreitend, liefert hier der gclchrie van Kämpen die Fortsetzung seiner mit großem Bestall ausgenommenen Geschichte von Griechenland. In diese,» vierten Bande handelt der erste Abschnitt von Alexander dem Großen; der zweite von den Ereignisse» unter den Nachfolgern Alexanders bis zur Erneuerung des Achäischen Bundes; der dritte von de» Fort schritten der Künste lind Wiffciischasicii unter und nach Alexanders Regierung; der vierte von der Republik der Achäer bis zum Falle des Kleomenes; der fünfte von Philipp II. von Maccdomcn und von den Achäern in ihren Beziehungen zu den Actolicrn und Römern bis zur Zeil der Erniedrigung der Erstgenannten; der sechste Abschnitt endlich stellt Roms Sieg über Makedonien und den Achäischen Bund, so wie den Untergang der Freiheit von Griechenland, dar. Um eine Probe von der Darstcllunqsweise des Bers, zu geben, lassen wir hier eine Stelle folge» (H. ijg), ric vo» dem Zustande der Schauspielkunst und der Musik unter Alexander den. Großen handelt: „Es möchte nicht uninteressant seh», hier aus einer Stelle des Plularch zu zeigen, wie Alexander die Künstler und Dichter, die, durch den Ruhm seiner Thate», durch seine Macht und höchst wahr scheinlich auch durch seine,, Reichchum angelockt, seinem Lager zu- strömlcn, schützte und belohnte. In seinem Hauptquartiere befanden sich die beiden tragischen Dichter Thessalus und Anthenodorus, von denen der Erstere von Alexander besonders ausgezeichnet wurde. Indessen ließ der Macedonies die beiden uni de» Vorrang sich strei tenden Dichter, wie cs sonst in Athen vor dem versammelten Volk und vor de» von demselben erwählten Richtern zu geschehen pflegte, vor sciiiem Heere mit einander wetteifern; die Könige von Cppcrn machte,, die Cboragcn, und die berühmtesten von Alexanders Feld herren die Preisrichter der Dramen. Scv cs nlM, daß Alexander die von ihm selbst schon vorher getroffene Wahl zu verbergen gewußt hatte, oder seh cs, daß dic tapferen Kunstrichter ein ungewöhnliches Maaß von Mnlb mid'Sclbstständigkeit befaße» — genug, Ambcno- dorus und nicht Thessalus trug den Preis davon. „„Mich verdrießt das ungemein," ries der, König aus, „„ich möchte lieber mcm hal bes Königreich verloren^ als gehört haben, daß hem Thessalus der Preis nicht wird."" Indessen ließ er den Ausspruch unangetastet. Dem Lustspicldichter Lvko» gab er für einen beißenden satirische» VcrS ei» lachendes Honorar von zehn Talenten. Die Musik wurde von dem berühmten Timotheus im Lager des Hcldcn mit Glück getrie ben- Der Flöte,ibläser Antigonides wußte durch seine Töne das Herz des Königs dermaßen zu treffen, daß dieser darob die Waffen ergriff und vo» Streitlust erglühte. Dem Lauienspiclcr AristoniniuS, der »»ter seinen Truppen heldenhaft niilstritl und fiel, ließ er in Delphi ein metallenes Standbild, mit Laute und Lanze in der Hand, errichten, wodurch er, wie Plutarch bemerkt, nicht allein den Mann, sonder» auch dic Musik, als ciiic Anspornung zum Hcldenmuth, ehre» wollte. Inzwischen hatte er doch nicht das Glück, daß seine großen Thaten, so lange er lebte, wie auch »ach seinem Tode, von irgend einem Dichter nach ihrem Werthe besungen worden sind. Agis, Klcon, Chörilus und Andere waren bloßcsBer- scmacher, die seine Hcldemhalen mit der niedrigste» Schmeichelei be sangen, und die er belohnte, ohne sic zu bewundern. Er möchte, sagte er einmal, lieber der Thersites eines Homer, als der Achill eines Chörilus sey». Alle Werke dieser Heldensänger und dramatischen Dichter sind verloren gegangen, und, wie mir scheint, Hst der Scha den, den die Welt dadurch erlitten hat, nicht allzu groß." Für diejenigen, welche van Kampciis Werk noch gar nicht ken nen, sey hier nur noch die Bemerkung hinzugefügt, daß cs im Gan zen weniger zu einer populairen Unterhaltung als zum ernsten Studium der Geschichte bestimmt ist. (Detterl. Uaanciscl" ) Bibliographie. , D< LrijAszevanFenen. (Die Kriegsgefangenen.) Historisches Gemälde aus dem I. 1831. Amsterdam. Lijx.onclvre ^.antesIceninAsn etc. (Spezielle Notizen in Bezug auf dic Familie van Speyk.) Von I. P. van Tondercii. Am sterdam. Pr. 25 Cts. Do Ilomn Uns VnGelnncis ete. (Der Rubin des Vaterlandes, be hauptet im I. 1831.) Gedrängte Erzählung der jüngsten Ereig nisse im Königreich der Niederlande. Ein Denkmal für dic Ju gend, von C. van der Bijver. Amsterdam. Kserl-Mtis Iloläeuäaclsn »e I^nii. (Nicdcrlands Heldentbaten zu Lande, von dk» frühesten Zeiten bis auf unsere Tage.) Von I. Boeschä. Leeuwardcn.