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1 aen »«teKto eS uicht. D« , «tf de« Fischsegwru komm' nur... (Fortsetzung folgt.) Spendet für die allgemeine Auer WinternvlhUfe 1931 Klaus StSven zerbrach zwei, ehe er einen Tropfen auf die Zunge bekam. Herr Stöben lieb ihm keine andere Tafle bringen. Großvater Stöven aber langte in die Westentasche und holte seine Zwiebel heraus. „Die geht aus die Sekunde, Jung'. Eine Uhr ist wie eine Frau. Nur gut behandeln ... gleichmäßig. Nicht schütteln." Klaus wurde sehr rot damals. Heute unter dem spritzenden Nachregen, unter de« Windstötzen, während er nach Mariann« auSspähte — mutzte er daran denken. Er stand, ohne sich zu rühren. Als er ste von unten heraus kommen sah, von dem trüben Laternenlicht her, das sich mühsam durch die nie selnde Nacht durchkampfte und die Einfahrt deS Post- Hoses notdürftig erhellt« — da schlug ihm da- Herz bis in den HalS. Sie gewahrte ihn erst, als sie ganz nah vor ihm stand. Es gefiel ihm, datz ste nicht erschrak. Er nahm ihre beiden Hände, die eiskalt waren, in seine Hände, die brannten. Da zuckle ste zusammen, und ihr Kopf unter der Gummikapuze fiel tief auf die Brust herab. Er fragte — und obwohl er ste noch nie geduzt hatte — war es ihm ganz natürlich, daß er du zu ihr sagte: „Du hast Abschied genommen, Marianne?" Ihre Augen ruhten aus seinem Gesicht. Nur die Um risse konnte ste erkennen und eine gelbe Strähne» die ihm setzt bis auf die kräftige Nase herabslel. „Nein", sagte ste. Der Wind blies ihren Mantel auseinander, wehte eine Helle Spitze von ihrem rosenroten Verlobungskleid bis an seine Lippen. Die Spitz« duftete nach Sommer... nach frischgemäh- ten Wiesen, nach sonnengedörrten Blumen, nach Sehn sucht, Erfüllung... Klaus StSven kämpfte alle- mögliche 'runter. Dann fragte er weiter: „Gibt es einen, den du liebst?" ^„Ja", sagt« Marianne undzogihre Händ« nuS den seinen. „Und wir sollen uns verloben. Wie denkst du eS dir?" „Verzeih'... es kam alles so überraschend... ich hatte nicht die Geistesgegenwart, mich zu wehren. Aber setzt bitt« ich dich: Geh' du hinein in den Saal und sage, daß eS anders geworden ist, daß du nicht willst, sage..." Marianne hörte plötzlich ihre eigene Stimme, uns das Du, das ihr so glatt über die Lippen kam, schien ih» unwirklich wie ein Maskenscherz. „Und was dann, Marianne — wenn ich da- gesa» habe?" Eine heiße, schirmende Zärtlichkeit erfüllte ihn. Er sah ein weißes Zimmer mit zierlichen kleinen Seidenmöbel«, winzigen goldenen Täßchen, fliederfarvigen Schleifen an den spitzenbesetzten Vorhängen. In dies Zimmer konnte er Marianne führen, auch wenn ste seine Frau «ich« werden sollte. Dies Zimmer hatte Frau Stöven für ihre Schwiegertochter eingerichtet, wenn sie als Braut ste besuchen käme. In diesem weißen, zier lichen Schächtelchen würde Marianne zu sich selbst zurück kehren — würde sich ruhig und ungehindert entscheiden. „Verlobt ist nicht geheiratet, Marianne," sagte er, Rigo, -er kühne Springer. Ein halsbrecherisches Erlebnis, erzählt von Pilot Deltzig. Nun hatte der alte Wolter endlich seinen neuen Fall schirm fertig. Wir Piloten bewunderten die Festigkeit des Stoffes, die Haltbarkeit der geklöppelten Leinen und vor allem — die einfache Bedienung. Nichts weiter brauchte man zu tun, als abzuspringen und nach drei Sekunden Fall durch einen Ring an der linken Schulter den ganzen Fallschirm aus dem Schutzsack, der auf dem Rücken befestigt war, heraus- zuziehen. Und noch etwas ganz Wunderschönes hatte sich der alte Wolter ausgedacht: Die Fallgeschwindigkeit des Schirmes ließ sich regeln. Der am Schirm hängende Pilot konnte durch eine Zugleine die Lufttlappe oben im Fallschirm vergrößern und verkleinern, also sich schneller oder langsamer durchfallen lassen. Kurz, die ganze Konstruktion war sinnreich und einfach: Abspringen — drei Sekunden Fall abwarten — Ring zieh«: — ausschweben — landen. Das kann ja ein kleines Kind behalten. Ztur unbedingt die drei Sekunden Fall abwarten, damit der sich öffnende Schirm nicht vom Flugzeugschwanz erfaßt wird. Nachdem der zwei Zentner schwere Sandsack „Iakob" als tote Last dreimal aus einer tausend Meter hoch fliegenden Junkers-Maschine wundervoll sanft zur Erde geschwebt war — jedesmal hatte die kleine Sprengbombe auf „Iakobs" Bauch nach drei Sekunden Fall den Ring gerissen und da durch den Schirm geöffnet —, da wollten nun wir Piloten selbst einmal uns von dem Wunderschirm zur Erde tragen lassen. Wer von uns dreien sollte nun der erste sein? Das Los entschied. Rigo hatte das zweifelhafte Glück, sich mit dem großen Tuch nebst dazu gehörenden sinnreicher Konstruktion als Erster aus dem Flugzeug stürzen zu dürfen. Aber Rigo, der lange Bayer, wurde sich der Zweifelhaftigkeit eines Glückes nicht recht bewußt. Ex war der echte Fall- chirmpilot, kaltblütig, stark und etwas schwer von Begriff. Letzteres ist ein großer Vorteil für diesen Beruf, denn ein Um Himmelswillen, „Iakob", ist dreimal glatt gelandet uni nun? Rigol Ich denke an das stets fahrbereite Sanität» auto neben den Flugzeughallen . . . Immer kleiner wird der Punkt . . . Da — ganz plötzlich, wie eine Fahne flattert der Helle Schirm auf, er spannt sich, wird rund, schwebt. Erleichtert atmen wir auf. Der Schirina hält. Sekunden später, schneller als wir denken, steht Riga wohlbehalten auf dem Platz. Der Schirm öffnete sich im letzten Augenblick und bremste den wahnsinnigen Sturz. Wir sehen Rigo seine Anschnallgurt« abreißen. Wir landen. Bald hätte es noch einen Kopfstand vor Freude gegeben. Der Wind bläst den nun seiner Last beraubten, einsackenden Fallschirm in die Telegraphendrähte. Wir rennen auf Rigo zu, der gemütlich lachend uns er- wartet. „Himmel, hat so ein Bayer Nerven!" sage ich zu Karl. Rigo kommt uns strahlend entgegen. „Rigo, Junge, gratuliere! Was war denn aber bloß los? Warum ging der Schirm nicht gleich auf?" „Ja, das ist doch so a Sach mit so an Ringl", meint er. „Wie i heraus bin und immer so umeinander fall, da faß i an mei rechte Schulter, und der Ring is net da! Z saß links, i faß an den Bauch und an mei Knie, faß mei Haxen, der Ring is furt. Mariajosef, denk i! I faß noch amal die Reih um, und da, is der Malefizring oben auf der Schullern, er is balt naufrutscht, denk i. Und wie i nun den Ring pack, da zähl i einundzwanzk, zwoundzwanzk, dreiundzwanzk — und zieh — aufi war er!" „Idiot, bei vierundwanzig wärst Du reif fürs Krema torium gewesen!" brüllt Friß Groth. Gustav LindNeb zeigte auf die angelehnte Tür. , „Kannst den ganzen Kram gleich «tnkampfern und wieder auspacken in zwanzig Jahren." Frau Lindlieb streckte die Hand beschwörend aus. „Nicht so laut — ste hört alles." In Frau LindliebS Zimmer wurde nie laut gesprochen. Der Kopf dort oben aus den getürmten Kissen hatte Ohren wie ein junger Jäger. Und in die kleinen Augen kam manchmal ein seltsamer Ausdruck. Dann wurde «S Frau Lindlieb unheimlich zumute. Marianne aber wandt« stch «ur mit schlecht verhehltem Widerwillen ab. Seit sie wußte, was „Tod" ist, fragte ste jeden Morgen: „Lebt ste oben immer noch?" Und ste lebte viele Jahre... Zweimal im Jahre küßte Frau Lindlied die ver knöcherte, gichtische Hand, die wie eine Bogelklaue aus der Bettdecke lag, küßte ste vor dem Notar, der zweimal jähr- lich aus der nahen Residenz herüberkam, um zu bestätigen, daß die drei Krakelzeichen auf dem gelben Kanzleipapier die Namensunterschrift der Demotselle Marianne Schnee bedeuteten. Gustav Lindlieb stand dann, wo er jetzt eben stand, und griff hastig nach dem noch tintenseuchten Blatt. Der Grifs brachte ihm jedeSmal fünfzehnhundert Laker. Fünfzehnhundert Taler, die er brauchte. Er küßte nie die gichtische Hand. Er dankte nie. Am selben Abend, mit dem Notar zusammen, reiste er nach M. Und wenn er Heimkani, warteten Handwerker mit gespreizten Fingern und tellerförmigen Händen. Mit jedem Jahre wurde die Erhaltung des Hauses teurer. Der Ver fall fraß weiter unter der neuen Kalkschicht, und die Hvpothekengläubiger verlangten höhere Zinsen. Verzichten konnte Gustav Lindlieb auf die dreitausend Taler nicht. Frau Lindlieb aber hielt sich für eine gute Partie. Sie tat sich auf das edle Blut etwas zugute, das arg verdünnt in ihren Adern floß. Und ste hoffte aus den Pendelschlag des Schicksals, der die Zukunft ihrer Tochter hochschnellen würde. Das Geld der Stövens genügte ihren Erwartungen nicht. Das war gut für Franziska. Aber Marianne... So schüttelte sie den immer Wohlfristerten Kopf und murmelte, den Blick auf die Tür gerichtet: „Ste hat's nicht verstanden, und was noch schlimmer ist, ste hat sich überlebt." Gustav Lindlieb stand plötzlich sehr gerade da. „Ich muß frisches, sauberes Geld im Hause haben. Ich bin es müde, mich um Groschen zu bücken, die ich im Rinnstein auflese.' Mochten sich die Weiber seidene Kleider und goldenen Krimskrams für das Geld kaufen... Daß sein Haus da von lebte, daß im Laufe der Jahrzehnte bald alle morschen Ziegelsteine von diesem Gelde bezahlt worden waren — das konnte er nicht verwinden. Und wenn sich Marianne was einredete... jetzt, da war noch da und Manns genug, einzuschreiten. Sein Haus gab er nicht dazu her.., das Haus, dem er Vorstand. So kam das Verlöbnis zustande. Frau Lindlieb, sehr stattlich in einem braunen Samt kleid, einen altertümlichen, schön geformten Schmuck mit Halbedelsteinen um einen königlichen Nacken, suchte Herrn Stöven von seinem ungeduldigen Befremden über Ma riannens Ausbleiben abzulenken. Auch die Gäste wurden unruhig, tuschelten. Franziska rief den Vater ab, unter dem Vorwande, er möchte noch einmal die Reihenfolge der Weine ansagen. Maus Stöven aber trat aus der Doppeltür des hell- erleuchteten Flurs, dem durch einige Korbstühle, Tischchen und künstliche Blumen das Aussehen einer Hotelhalle ge geben war, und stellte sich breitbeinig aus den nassen, auf- geweichten Weg, der in gerader Linie durch ganz Steingau führte, parallel mit der Buchenallee, die aus der gegen überliegenden Seite die Straße säumte und das unten ge legene kleine Postgebände mit der auf der Anhöhe ge legenen Jdaquelle verband. Die „Goldene Krone" lag so ziemlich in der Mitte. Mensch mit Gedankenschnelligkeit und einiger Phantasie würde wohl nicht so selbstverständlich sein« ganze Persönlichkeit an einen großen Lappen hängen. Wir schnallten nun Äigo den Fallschirm auf den Rücken und unterrichteten ihn nochmals genau. Uni ihn aber nicht mit Nebensächlichkeiten abzulenken, sagten wir ihm nicht, daß er nach dem Absprung die drei Sekunden abzuwarten habe, um aus dem Bereich des Flugzeuges zu kommen, sondern nur: „Rigo, Du springst und zählst drei Sekunden ab, so: einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig, verstanden, Rigo? Und dann, bei dreiundzwanzig erst, ziehst Du den Ring, nicht früher, verstehst Dir?" Rigo überlegte und dann wiederholte er: „Ja, i woas, wie beim Handgranatenwerfen zähl i, einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig — Rtüg ziehn! Na, alsdann, los, gehn mir aufi!" Wir pre digten ihm nochmals: In tausend Meter Höhe herausspringen, zählen, ziehen, Schluß! Rigo, Karl und ich steigen in die Kabine der großen Junkers, Fritz Groth sitzt am Steuer. Wolter ruft uns viele Hals- und Beinbrüche zu. Alles in bester Ordnung. Schnell zieht Fritz Groth den „Möbelwagen" auf tausend Meter hoch. Riga steht im Türrahmen der Kabine, wir hinter ihm. — So, fetzt! Hier muß er raus, damit er richtig in der Mitte des Platzes landet. „Rigo, raus!" Rigo, die Fiiegerbrille schon vor dem Gesicht, dreht sich um, lacht, zeigt sein« Zähne, dann geht er in die Kniebeuge und schleudert sich mit kurzem Satz hinaus, ins Leere. Wir sehen ihm nach. Er saust am Flugzeug entlang — und dann hinten abwärts. Schnell fällt er, wir können ihn deutlich verfolgen. Er über- schlägt sich mehrmals. Jetzt hängt er mit dem Kopf nach un- ten und saust so -er Erde zu. Die Erscheinung wird immer kleiiwr, immer punktartiger. Doch, was ist das? Der Schirm hätte sich längst "öffnen müssen. Zu Tode erschrocken schrei ich Karl etwas zu, doch der Motorenlärm verschlingt die Wort«; der Wind saust und dröhnt. Fritz Groth dreht sich um, schaut nach unten und drückt im steilen Flug di« Maschine Rigo nach. Karls Hand krallt sich fest in meinen Arm. Wir halten den Atem an. Kl«» Stöve« guckt« d«n M- runter. Kurz«, kalt« Windstöße ft h««d, die welße seid««» E» war «mpkindlich kalt, hatte er «der« Kälte au-geh oben tn Norwegen. Eine SrztehungSfahrt hatte das sein sollen, wie Herr Stöven sagte. Fast wär« e» eine Todo-sahrt ««Word««. Aber Klau- brachte mit, wa- der Vater gewollt hatte: Un erschrockenheit und einen Körper, der Entbehrungen nicht nachgad. Schade wär - um die Hellen fünfzehn Fahre ge- wesen, wenn di» Vogen sich über dem Segler und über Klaut geschlossen hätten. Herr Stöven mußte wohl so etwas gedacht haben, al ber Junge wieder vor ihm stand, mit den eckigen Backen- knochen, den glänzenden blauen Augen und de« weichen Sippen über den kurzen, festen Zähnen. Aber mehr al- einen Händedruck gab'- nicht zu« Wiedersehen. Man mußte nicht gleich zeigen, wa- man für S—tücke aus den Jungen hielt... Frau Stöven brachte starken Tee i« winzig kleinen, durchsichtigen Schalen. Zu Hause ater beobachtet« st« Marianne u«b fand st« verändert. Die Herren waren abgereist. Bald setzt« der Vinter «in. Marianne schrieb sehr viele Bries«. E- fiel nicht weiter auf, wetl ste. seit ste zu Hause war, eine umsangreiche und gänzlich unkontrollierte Korrespondenz führte. Eine- Tage- sagte Herr Lindlieb während de- Mittag essen-, da» tn der stillen Zelt in Frau Ulrike- Stube ein- genommen wurde, bei sanft angelehnter Tür de- Prunk- zimmer»: „Herr Stöven au» Kiel hält bei uns um deine Hand für seinen Sohn Klau» an." S» fiel Franziska aus, daß eine gewisse Feinheit tn dieser Form de» Anträge» lag, und daß die Eltern mit Be wußtsein diese Feinheit betonten. Daß die Lindlieb» weit über Stelngau hinaus al» etwas Besonderes galten, hatte ste immer mit Befriedigung empfunden. Aber ste hatte diese Besonderheit nie für sich selbst in Anspruch genommen und den wesentlich anders gearteten Ton der Eltern ihr selbst gegenüber al» selbst verständlich hlngenommen. „Wenn du den Antrag annimmst, dann wollen die Herren Stöven in acht Tagen hier sein und Verlobung feiern!" Marianne zog ihre Serviette durch den silbernen Reif und sagte: „Wie denn... schon in acht Tagen?" Ihre Stimme brach ab. Sie war sehr blaß. „Ja, mein Kind, ich denke doch... Die Sache zieht stch ein gut halb Jahr hin..." Marianne senkte ein ganz Nein wenig den Kopf. Die fahle Wintersonne legte sich kalt aus ihren glatten, dunkel blonden Scheitel, der die Linien ihres schönen Profils unterstrich. Um ihre kühn geschwungenen und doch schmalen Lippen erstarrte ein Lächeln, wie eS ihr Vater hatte, wenn er nicht wollte, daß man seine Gedanken erriet. Sie sahen einander sehr ähnlich tn diesem Augenblick, Baler und Tochter. Aber dann hob Marianne die Augen. Und e» war ein anderes Gesicht. Bon so tiefem Blau waren die Augen, datz ste schimmerten wie dunkler Seidensamt. Sie schienen alles tn stch aufzusaugen und hinter dichten Wimpern zu verbergen, was an widerstrebenden Gefühlen nach Aus lösung schrie. Frau Lindlieb erschrak plötzlich. , „Es zwingt dich niemand, Marianne..." Herr Lindlieb rückte seinen Teller ab. In seinem gelb lichen aufgeschwemmten Gesicht zuckte es. „Doch, Ulrike. Wir zwingen ste. Wir müssen ste zwingen. Wir müssen darauf bestehen. Wir müssen glück lich sein, daß uns die Möglichkeit geboten wird..." Marianne stand aus. Sie warf den schmalen Kopf zu rück, mit dem schweren, im Racken gesteckten Haarknoten, und stellte stch hinter ihren Stuhl, dessen Lehne ste ergriff, mit schlanken und doch festen Händen. Frau Lindlieh stützte die Stiru in ihre Hand. „Klaus Stöven weiß viel. Er paßt auch bester zu Franziska. Es wäre dasselbe — ein halbes Jahr später." Franziska schoß das Blut ungebänvigter Empörung in die Schläfen. Was war das? Die Mutter warf ste beide abwechselnd in die Arme eines fremden Mannes. Ein mal die eine, dann die andere — wie es ihr in den Kram paßte. „Ich muß sehr bitten..." „Geh' hinaus!...", gebot der Vater. Aber Franziska ging nur bis zur Tür. Ihre achtzehn Jahre ließen stch die Strenge einer Kleinkinderpädagogik nicht gefallen. Niemand beachtete ste. „Ist es dein Ernst?" Tonlos war Mariannens Stimme. Aber ihre Augen ließen nicht von dem gebeugten Rücken des Vaters. Alle LindliebS — Vater und Großvater — hatten einen ge beugten Rücken gehabt. „Unser Stand steht uns auf dem Buckel geschrieben", pflegte Gustav Lindlieb zu sagen. Marianne schloß die Augen. Der Anblick tat ihr weh. „Na, Kind...wie? Kriegen wir noch was...? Oder willst du deine Zukunft wissen? Geb da hinein!..."