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... und dm Menschen em gefallen Es ist das Eigentümliche und Seltsame des Weih- nachtssestes, daß auch der Skeptiker nicht unberührt daran vorüber zu gehen vermag. Auch ihm sagt es etwas, ob er cs will oder nicht Vielleicht ist es nur die Jugenderinne rung, vielleicht' ist es eine wehmütige Trauer, nicht mehr wie einst an dem reichen Erlebnis teil zu haben. Oder es ist der Gedanke, daß von jenem ersten Weihnachtstage aus, den er vielleicht gar leugnen möchte, eine neue Zeit für die Menschheit hereinbrach Wie dem auch sei, irgend wie berührt Weihnachten jeden Menschen. Aus eine seltsame, geheimnisvolle innerliche Art, so als käme eine längst vergessene Sehnsucht in sein Herz, ein Verlangen nach Glück, nach Seligkeit des Geistes. Und mancher wird nachdenklich. Er grübelt über das Zeitgeschehen und über sich ielbst. Weihnachten, wird es nicht heute noch in einzelnen nor dischen Ländern Jul-Fest genannt, genau so , wie unsere Ahnen in dunkler Vorzeit ihr Wintersonnenwend-Fest be zeichneten? Und bedeutete der tiefe Sinn der altgermani schen Wintersonnenwende nicht ein Bekenntnis für die Wiedergeburt des jetzt in Erstarrung weilenden Lebens? Es war das Zeichen des Glaubens, daß die Natur und auch die Menschen selbst sich erneuerten. Man gab dieser Ueber- zeugung dadurch lebendigen und symbolischen Ausdruck, hast die Herren Knechte und die Knechte Herren wurden, und zeigte damit, daß alle Menschen vor dem Leben gleich seien. Bei solch tiefer und sittlich hoher Auffassung vom Leben ist es kein Wunder, daß auch das Weihnachtserlebnis, sobald die Botschaft bekannt und ver breitet wurde, gerade beim germanischen Menschen tief gründige Wurzeln schlug. Gerade in Deutschland konnte sich der Weihnachtsgedanke verinnerlichen und, unabhän gig von den für Kinder und Erwachsene freudigen Be gleiterscheinungen des Beschenkens, zu einer schöpferischen Idee werden Wer den Christnachtglauben ganz in sich ausgenommen und begriffen hat, der glaubt auch an eine Wiedergeburt des Geistes, der glaubt auch an einen schöpferischen Willen, der über den Menschen steht und sich durch die Menschen offenbaren wird. Der glaubt auch an die Kraft des Guten, die das Böse überwinden kann und wird. Es ist kerne Ueberheblichkeit und keine Phrase, wenn man sagt, daß die Zeit, die wir durchleben, unter dem Zeichen böser Mächte steht. Böser und unduldsamer Wille hat die Welt ins Elend gestürzt. Dies Elend aber ist so riesengroß, wie es vielleicht noch nie von den Menschen erlebt wurde. Denn es ist heute nicht so, wie es oft schon im Laufe der Zeiten war, daß Mangel am Notwendigsten die Ursache der Not wäre. Auch Pest und Krieg und Tod, die anderen apokalyptischen Neiter und Gefährten des Hun gers, vernichten heute nicht die Völker Es gibt heute auf dem weiten Erdenrund so viel für die Nahrung und Klei dung der Menschen, daß alle ihre Wünsche leicht erfüllt werden könnten. Es fehlt auch nicht an den schaffenden Händen. Millionen und Abermillionen arbeitskräftiger, arbeitshungriger Kopfe und Fäuste gibt es Aber sie sind zur Untätigkeit verurteilt. Tatenlos, hilflos müssen diese alle zusehen, wie ihre Familien und sie selbst im Elend zu verkommen drohen. Das ist die Tragödie dieser Zeit, daß ihre Menschen im Ueberfluß darben müssen. Schon seit Jahren schwillt diese Welle der Not an, wächst wie eine Lawine, droht riesenhaft, wie ein gigantisches, gespenstisches Ungeheuer, die Welt aus ihren Angeln zu heben und Chaos zu verbreiten. Nicht einzelne sind es Mehr, nicht jene allein, von denen man sagt, daß das Un glück sie verfolge, nein alle sind mit in diesen Strudel gerissen. Neben allen schreitet die nebelgraue Gestalt der Sorge und der Ungewißheit. Und weil es alle sind, über denen das Schicksal seine Geißel schwingt, darum schweißt sich jetzt auch eine neue Gemeinschaft der Menschen zusammen. Eine Notgemein- schaft im wahren Sinne des Wortes, die der Not die Spitze abbrechen will. Wer mit aufmerksamen Blicken durch diese Tage gegangen ist, der wird gar oft Zeichen werktätiger Liebe von Menschen untereinander beobachtet haben. Ganz im Stillen keimt hier eine neue Erkenntnis auf: Das Böse kann nur durch das Gute be kämpft und überwunden werden. Die Not kann erst bann ein Ende haben, wenn alle in großer Ge meinschaft dagegen aufstehen und zu helfen suchen, wo sie das Schicksal hingestellt hat. Das Elend wird erst dann ein Ende finden, wenn wir der alten Wahrheit gerecht werden, daß wir vor dem Leben alle gleich sind, daß wir alle das Recht auf das Leben haben und alle die Pflicht, dem Mit menschen mit der Tat beizustehen. Dennoch, was wäre alles Bemühen, fehlte ihm die Liebe? Es müßte Stückwerk bleiben und eine Gemeinschaft werden, die der erste innere Zwist wieder vernichtete. Wenn wir heute jenes Geburtstages in der armseligen Krippe bei Bethlehem gedenken und das Bild des ach so hilflosen Christkindes voll Mitgefühl vor unse rem geistigen Auge erstehen lasten, dann müssen wir doch immer an das spätere Leben des Erlösers denken. Dann wird uns bewußt, daß das größte und schönste Wort, mit dem er die ganze Welt eroberte, das Wort von der Liebe war. Das höchste Gebot war ihm die Liebe. Damit allein leitete er den neuen Abschnitt in der Welt geschichte ein, und seit dieser Zeit war das Gebot der Liebe maßgebend für alle Handlungen des Menschen. Oft wohl nur zum Schein, oft nur zur trügerischen Verhüllung von Macht- und Haßgelüsten. Aber kein Großer, kein Staats mann und kein Feldherr hat es in all den Jahrhunderten /^//^ //E m/AaMA AM AM/ich Anruf — AM 6/0 Ach'm IKA Äem AsMeus, geh uns auf? AM M? ÄM, /m Ammei uuö mA A-AuM« W AuuMMwASouneuM MA Mäe DA noch emma/ weehe/r, A gewagt, seine Taten ohne den Schein der Menschenliebe zu tun. Sie blieb wegweisend für die ganze Geschichte der Menschheit. Und wo das Wort der Liebe mißbraucht wurde, da wurde es auch erkannt. Früher oder später mußte es sich immer zeigen, daß die Werke, die ohne Liebe getan waren, keinen Bestand hatten, daß sie das Werk des Bösen waren. So ist es auch heute. Auch jetzt zerbricht das Werk der Uebermütigen, die mit der Liebe Mißbrauch trieben, sie als Deckmantel für ihren Machthunger benutzten. Was sie schufen, bauten sie auf dem Haß und auf der Lüge. Drum muß ihr Werk zerfallen. Drum muß eine neue und bessere Welt erstehen und sie wird auch entstehen. Dann wird die Christnacht-Botschaft endlich Wahrheit werden, die den Frieden auf Erden verkündet all denen, die guten Willens sind . . . Die gehobene, den Alltag vergessende Stimmung der selig-fröhlichen Weihnacht, die vom Beginn der Adventszeit bis zum Aufflammen der Kerzen am Christbaum Alt und Jung in ihren Zauberbann gefesselt hält, hat in den alten, frommen Adventsliedern und Weihnachtschorälen, die ihr entsprechende musikalische Form gefunden, die in schlichter Innigkeit die Sehnsucht nach der Geburt des heiligen Kin des und nach der Erlösung der Menschheit zu rührendem Ausdruck bringt. Ein großer Teil dieser Weihnachtslieder ist aus dem alten Volkslied unmittelbar hervorgegangen. Diese Volkslieder wurden zu geistlichen Liedern umgebildet und lassen infolgedessen den alten, naiven Volkston weiter klingen, dem Text und Melodie ihren Reiz herzgewinnen der Ursprünglichkeit und anschaulicher Frische verdanken. Was die Zeit der Entstehung dieser alten, volkstüm lichen Weihnachtsmusik anbetrifft, die aus der Kirche den Weg in das deutsche Haus gefunden hat, so dürfte das nie derrheinische „Nun sei uns willkommen, hehrer Christ, der du unser aller Herre bist" wohl als das älteste anzusehen sein. Die klare, heitere Melodie dieses Chorals wurde ver mutlich am Ende des sechzehnten Jahrhunderts niederge schrieben und nachgewiesenermaßen in der Christnacht im Aachener Münster von der Gemeinde gesungen. Die lange Reihe dieser alten Weihnachtschoräle beschließt das viel- gesungene „Stille Nacht, heilige Nacht", dessen liebliche Melodie der Salzburger Lehrer Gruber im Jahre 1818 nie derschrieb und das sich im Laufe eines Jahrhunderts über all eingebürgert hat. Mit dem Herders „Stimmen der Völker" entnommenen „O, du fröhliche, 0 du selige, gna- venbringende Weihnachtszeit", dem eine sizilianische Melo die Flügel verliehen hat, gehört es zu den meistgesungenen deutschen Weihnachtsliedern. Alle diese alten Lieder und Choräle haben ihren Ur sprung in der Weihnachtsmusik des Mieren Mittelalters, namentlich des 14. und 16. Jahrhunderts. Sie in ihrer Reinheit wiederhergestellt zu haben, ist das Verdienst des Leipzigers Karl Riedels, der den Schatz unserer volkstüm lichsten Weihnachtsmusik, den man unter dem Schutt der Jahrhunderte begraben wähnte, zu neuem Leben erweckte. Es ist nicht schwer, Zusammenhänge zwischen Vineta, der versunkenen Stadt und dem Christfest herzustellen. lleber Vineta kam ihrer Sünden halber jählings das Strafgericht. Mit allem, was es barg, versank es eines Tages jählings in der Ostsee. Kein Haus, kein Stein mehr erinnert an Vinetas Geschichte. Wenn aber die Weihnachtszeit herbeikommt, dann hören die Seeleute, wenn sie an der Stelle im Meere vor überkommen, ein gar liebliches, geheimnisvolles Läuten, — Glocken aus einer versunkenen Welt. Spiegelt sich in der Vinetasage nicht ein Stück unserer persönlichen Geschichte wieder? Verbirgt sich nicht einem jedem in der Seele eine versunkene Welt? Das ganze Jahr über mag sie unbemerkt schlummern und kaum ver nehmlich hervortreten. Wenn es aber Weihnacht wird, wenn die Glocken der geweihten Nacht Freude und Froh locken der ganzen Menschheit singen, dann beginnt diese versunkene Welt, die so lange stumm und still war, mit einem Male aufzuleben. Mögen uns auch sonst noch so sehr die Sklavenketten härtester Arbeit an den rauhen, uner bittlichen Tag gebunden haben, wenn es Weihnacht wird, dann wird diese versunkene Welt plötzlich mit all ihren lieben Bildern wach, alte, sonnige Erinnerungen steigen wieder auf, wie flutendes Sonnenleuchten, das die grauen Uebel verscheucht, wie Sonnenglanz, vor dem alle Düster keit weichen muß. Heimweh und auch Wehmut geht durch die Seele. Der Greis wird wieder zum Kinde und wandelt im Geiste die Wege der frühen köstlichen Jugend, die Wege durch die alte, liebe Heimat . . . Und hinein in die wehmütige Er innerung läuten die Christnachtsglocken ihre jauchzende Botschaft: Euch ist heute der Heiland geboren! Der Heiland! . . . Mögen sich die Leiden und Bitter niste, die wir erlebt haben, noch so arg in Gegensatz stellen zu den Erinnerungen an die sonnige, fröhliche Kindheit, mögen noch so viele Stürme über uns hinweggegangen sein, wenn in der stillen heiligen Nacht Milliarden von Sternen die unendliche Liebe Gottes verkünden, dann hat Verzagtheit keinen Platz mehr im Menschenherzen. Wir alle fühlen in dieser Nacht, der keine andere gleicht, die Seligkeit aus einer anderen Welt, den überirdischen Glanz, der auch damals die arme Hütte von Bethlehem verklävt hat. Tiefer als je an einem anderen Tage des Jahres atmet die Welt den Frieden, jenen wundersamen Frieden, der sich noch heute nach fast zwei Jahrtausenden der Welt als Gottesgeschenk mitteilt. Dann beginnen sich auch wieder Stimmen in uns zu regen, die längst verstummt schienen, der Glauben an die Schönheit der Welt. Das Vineta unse res Herzens spiegelt sich aus der Tiefe empor an die Ober fläche, und bringt auch Freude denen, die um uns sind. Oede liegen Wald und Feld und Garten. Weihnachten ist die blumenärmste Zeit. Aber, klingt uns nicht das Lied entgegen: „Es ist ein Nos' entsprungen, aus einer Wurzel zart. . ."? Ja, selbst in dieser winterlichen, harten Zeit schenkt die Natur uns eine Blume, die Christrose. Eine alte Legende erzählt von ihr, sie habe in der Weih nacht bei der Geburt Christi geblüht und dürfe deshalb alle Jahre wieder um die Weihnachtszeit ihre Blüten kelche entfalten, zum Zeichen des ewigen Lebens, das der Menschheit in dieser Stunde wieder geschenkt ward. Man nennt sie auch „Nies wurz" oder „Christwurz", während der lateinische Name „NsUsborus Niger" lautet. Ihre zu Pulver zerriebene Wurzeln üben einen starken Niesreiz aus, und man glaubte früher, daß man damit sogar Scheintote wieder zum Leben erwecken könnte. Heute wird die Christrose allerdings nicht mehr in der Medizin verwandt. — In Len Ostalpen Bayerns kommt die Christrose ziemlich häufig vor, sonst wird sie meist in Gärten gepflegt, um in der schönen Weih nachtszeit als freundlicher Schmuck auf dem Tisch zu er freuen und den Menschen als Künder geheimnisvoller Lebensquellen der Natur ein besonderes Geschenk zu sein.