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tionalsozialisten durchaus damit einverstanden seien, daß die Persönlichkeit des Reichspräsidenten unter einen ver stärkten Schutz gestellt werde. Er begrüßt den neu einge führten Schutz der Wehrmacht, die Aufhebung der Sonder gerichte, die Wiederherstellung der Versammlungs- und Pressefreiheit sowie auch die übrigen Bestimmungen. Wesent lich sei, daß schon jetzt das Republikschutzgesetz außer Kraft trete. Auch die sächsische Amnestie baldigst in Kraft. Dresden, 21. Dezember. Wie wir erfahren, wird noch heute das gestern im Landtag beschlossene Amnestiegesetz im Sächsischen Gesetzblatt veröffentlicht werden, damit möglichst noch alle von dem Straferlaß betroffenen Gefangenen vor Weihnachten entlassen werden können. Das Justizministe rium hat heute die entsprechenden Anweisungen gegeben, um schnellste Durchführung der Amnestie zu sichern. Heute Kabinettsbeschlutz über Winterhilfe. Berlin, 21. Dezember. Das Reichskabinett tritt heute nachmittag um 17 Uhr zusammen, um über die end gültigen Winterhilfsmaßnahmen für die ein Be trag von etwa über 40 Millionen Mark vor gesehen ist, Beschluß zu fassen. Im wesentlichen dürfte es sich um die Verbilligung von Fleisch und Kohle handeln, während noch nicht genau feststeht, ob und in welcher Weise die Hilfsaktion auch auf Kartoffeln und Brot ausgedehnt werden kann. Die Frage der Jugendlichen-Spei- sungen wird ebenfalls erörtert werden. Das Reichskabinett wird sich heute ferner mit einer Reihe kleinerer Fragen be fassen. WWiMWOe BW MWuiM in der SoM-Mn? Berlin, 21. Dezember. Das im Ausland in russischer Sprache erscheinende Trvtzkische Oppositionsblatt „Bulletin der bolschewistischen Leninopposition" meldet, es habe auf Grund seiner geheimen Verbindungen mit Sowjetrußland von dort Nachrichten erhalten, nach denen auf Veranlas sung Stalins der Volkskommissar für Ernährung Groß rußlands Aismont, Leiter des Kraftfahrwesens in der Sowjetunion Tolmaschew, der gewesene Volkskommis sar für Landwirtschaft Smirnow und andere politische Persönlichkeiten Perl) astet wurden. Alle Verhaftete,, werden beschuldigt, versucht zu haben, Stalin zu stür zen und schleunigst einen neuen Kongreß der kommunisti schen Partei einzuberufcn. Rhtvw, der ehemalige Vor sitzende des Rates der Volkskommissare, und Tvmski, der gewesene Führer der russischen Gewerkschaften, sollen von dem Bestehen dieser Gruppe gewußt haben. Ferner soll eine weitere oppositionelle Gruppe aufgedeckt worden sein, die unter der Leitung Nemschenkos und Einsburgs gestanden und eben falls die Aufgabe gehabt habe, Stalin politisch zu beseitigen. Weiter sollen der ehemalige russische Botschafter in Row und ehemalige stellvertretende Vorsitzende des Rates der Volkskommissare, Kamenew, nach Minuiinsk am Jennissei und der ehemalige Vorsitzende der Kommunisti schen Internationale, Sinojew, nach Kustanay (Kir gisengebiet) verbanntwordensein. Der Mitarbeiter des Politbüros der Kommunistischen Partei, Sten, soll nach Akmolmsk verbanntwordensein,der Sekretär der Moskauer Parteiorganisation, Rjutin, im Ge- fangnis von Tscheljabinsk sitzen. Eine Bestätigung dieser Nachrichten aus einwandfreien Quellen liegt nicht vor, so daß die Verantwortung für die Meldung dem genannten Blatt überlassen bleiben muß. FrmzWes Lob W die Mine MM. Paris, 21. Dezember. Die Kleine Entente erhält von ihrem Pariser Lehrmeister ein uneingeschränktes Lob in 11) (Nachdruck verboten.) Während er tags darauf die von Margot angegebene Telephonnummer anruft, zupft er gedankenlos den gestrigen Tag vom Kalender — siehe da, in vier Tagen ist der Erste! Lendike ist sehr zufrieden, er hat An deutungen gemacht, die wie Silber und blaugrau be drucktes Papier klangen — der Posten des Ausfressers dürfte sich für Hendrich und Fehring nicht schlecht rentieren! Dann hört er die Stimme Margots — und das Büro um ihn ist versunken, er thront — „Von wo sprechen Sie eigentlich?" Fred besinnt sich: „Vom Geschäft aus." „Aber das ist doch leichtsinnig, Herr Reiling!" „Wieso denn?" „In drei Tagen werden Sie von den Leuten auf die Straße gesetzt." Fred schlägt sich mit der flachen Hand gegen die Stirn, daß es schallt. Margot fragt erregt: „Was war denn das eben?" „Ein Automat nebenan -- der Groschen ist gefallen — das klingt hier so komisch — natürlich — ich sitze ja in drei Tagen auf der Straße. Aber gerade deshalb macht es doch nichts aus, wenn ich hier nochmals telephoniere!" „Ihr Zeugnis!" „Ach, ich werde wahrscheinlich gar kein Zeugnis brauchen — übrigens habe ich ja nach der Ansicht der Leute hier sowieso so viel ausgefressen, daß mein Zeugnis danach aussehen wird. Ich habe eine andere Möglichkeit — darüber möchte ich sehr gern mit Ihnen sprechen, gnädiges Fräulein." „Aber selbstverständlich, wann Sie wollen!" Jetzt bildet er sich womöglich ein, es liegt mir wirk lich etwas an der Unterhaltung! Margot verbesserte sich: „Soweit ich Zeit habe." Fred schnalzt nur leise mit der Zunge, flüstert in den Apparat: „Um halb acht Uhr in dem neuen ZoocafS? Zweiter Stock?" „Stört Sie die Tanzmusik nicht?" WUMW Wer W Washington, 21. Dezember. Präsident Hoover ist nach Besprechungen mit Staatssekretär Stimson und dem Schatzamtssekretär damit beschäftigt, eine aus Vertretern der republikanischen und demokratischen Partei zusammen gesetzte Kommission für Schuldenrevision, Abrüstung und Wirtschaftskonferenz zu ernennen. Es hat bereits eine Füh lungnahme mit mehreren Politikern stattgefunden. Die Ernennungen werden noch vor Freitag erwartet. Roosevelt und Owen Poung arbeiten das Kriegsschulden programm aus. Washington, 21. Dezember. Aus Albany verlautet, daß Roosevelt mit Unterstützung Owen Poungs unab hängig von der von Hoover vorgeschlagenen Kriegsschulden kommission ein eigenes Programm aus arbeitet, das er sofort nach seinem Amtsantritt bekannt geben will. Roosevelt wird Owen Poung zum Sonderagen ten für direkte Verhandlungen mit den Schuldnerländern ernennen. Man zielt dabei auf eine Herabsetzungder Zollmauern hin, um den Handel zu beleben und den Schuldnerländern die Zahlung zu erleichtern. Amerikanisches Kaufangebot für Tahiti. Paris, 21. Dezember. Die französischen Meldungen aus Washington lauten übereinstimmend dahin, daß das Schul denproblem vor dem 4. März nicht grundsätzlich werde gelöst werden können. Dieser Aufschub wirkt aber durchaus nicht beruhigend, da man in Frankreich mit Mißtrauen alle An zeichen für eine vorteilhaftere Lösung verfolgt, die etwa England ereichen könnte. Im „Echo de Paris" entwickelt Pertinax folgende Ansicht: Unter Hoover werde das Problem nicht mehr gelöst werden. Da aber die Ansichten seines Nachfolgers sich SriWOmWiW. von den seinen nicht unterscheiden, sei vorauszusehen, daß die englische Regierung im Juni gezwungen sein würde, die Zahlungen abzulehnen. Nur eine einzige Tatsache könne den Weg zu einer englisch-amerikanischen Einigung öffnen: Wenn nämlich die französische Regierung fehlerhafterweise das Lausanner Abkommen kündigen oder nicht ratifizieren würde, so daß gemäß dem Ehrenmänner-Abkom men die französische Schuld an England am 15. März wie der fällig würde. Wenn Frankreich dieses Abkommen be nutzen würde im Sinne des Grundsatzes, daß die Schulden nur im Rahmen der Reparationen bezahlt werden müßten, dann würde England seine Verpflichtungen Washington gegenüber nicht mehr einhalten können, weil es von Frank reich keine Zahlungen mehr erhalte. Im Zusammenhang mit dem Schuldenpröblem ist eine Veröffentlichung eines französischen Diplomaten von Inter esse, die darauf hinausläuft, daß die Amerikaner im Jahre 1926 über ihn an Poincare den Vorschlag gerichtet haben. Tahiti und die benachbarten Inseln im StillenOzean an d i e V e r e i n i g t e n S t a a t e n zu verkaufen. Als Preis sollte eine „enorme Summe" bezahlt werden. Poincare habe aber geantwortet, daß der Vor schlag, ungeachtet seines materiellen Vorteils, aus mora lischen Gründen abzulehnen sei. Der französische Diplomat — es handelt sich um den Botschaftsrat Allard de Chateuu- neuf — erwiderte darauf, daß er in Voraussicht großer Schwierigkeiten, die Frankreich durch finanzielle Forderun gen der Vereinigten Staaten entstehen könnten, später auf diesen Plan zurückkommen werde. Ein Pariser Blatt, das diese Angelegenheit aufgreift, fragt, ob nun die Stunde ge kommen sei, ernst damit zu machen. Form einer zusammenfassenden Havas-Meldung ihrer Kon ferenz. Havas erklärt, daß die Konferenz nicht nur eine Kundgebung der Macht und Ordnung gewesen sei, sondern außerdem Ergebnisse erzielt habe, die wesentlich zur Neu regelung Mittel- und Osteuropas und zur Aufrechterhaltung des Friedens beitragen werden. Man unterstreiche, so fährt Havas fort, den Gegensatz, der zwischen gewissen auf eine Aufteilung Europas in Interessensphären hinzielenden impe- ralistischen Plänen und der von der Klein.en Entente ver tretenen Auffassung bestehe, daß die Annäherung der Völker nur im Rahmen der Achtung eines jeden und der völligen Gleichberechtigung aller sich abspielen könne. Sehr bezeichnend ist auch folgende Feststellung der halb amtlichen französischen Agentur: Ebenso wie man mit voller Sicherheit betonen kann, daß zwischen den drei Mächten der Kleinen Entente völliges Einvernehmen herrscht, so ist gleichfalls sicher, daß der italienisch-rumänische Vertrag nicht erneuert noch verlängert werden würde, wenn Italien eine Klausel einschieben sollte, die Rumänien zur Neutralität in einem Konflikt fall zwischen Italien und einer dritten Macht verpflichtet. Aus aller Welt. ' Neue Ladenplünderungen in Berlin. — Polizeiliche Sondermaßnahmen. In Berlin kam es auch am Dienstag Wieder an zwei Stellen zu Plünderungen von Ladengeschäf ten. So erschienen in einem Konfektionsgeschäft in Schöne berg fünfzehn junge Burschen, von denen zwei die Inhaber mit Pistolen bedrohten; die übrigen suchten sich inzwischen Mäntel und Anzüge aus. Dje Täter entkamen unter Mit- anhme von zehn Mänteln und etwa fünfzehn Anzügen. Im Norden der Stadt erschienen nach Einbruch der Dunkelheit mehrere junge Burschen vor einer Gänsehausschlächterei. Sie schnitten die vor den Schaufenstern hängenden Gänse ab. Die Köpfe ließen sie hängen. Insgesamt wurden 26 Gänse gestohlen. Auch hier entkamen die Täter uner kannt. Infolge der täglichen Ladenplünderungen sind nun mehr vom Polizeipräsidenten neue Maßnahmen getroffen worben. Zur Förderung der Aufklärung jeder einzelnen, in der Zeit vom 21. bis 24. d. M. in Berlin etwa noch vorkmumenden Plünderung eines Lebensmittelgeschäftes wird eine Belohnung von je 300 RM. ausgesetzt- * Drohbrief an einen Staatsanwalt. Der politische Dezernent der Staatsanwaltschaft III, Staatsanwaltschafts ¬ rat Dr. Stenig, der Sitzungsvertreter der Staatsanwalt schaft im Felseneckprozeß, erhielt am Dienstag einen Droh brief, in dem zum Ausdruck gebracht wird, daß die „anar chistische Vereinigung der schwarzen Hundert" beschlossen habe, dem Staatsanwalt, der ein Strolch, Verbrecher und Naziknecht sei, eins auf den Deckel zu geben, damit er lazarettfähig werde. Dem Staatsanwalt wird in dem Schreiben weiterhin gesagt, daß er, wenn ihm sein Leben lieb sei, die Kommunisten aus der Untersuchungshaft herauslassen solle und dafür die „Nazilumpen in den Kasten stecken müsse". Das Schreiben ist unterzeichnet mit „Blutrünstigen Gruß Deutscher Anarchistenbund!" " Mißglückter kommunistischer Hungermarsch in Mün chen. Die Kommunisten hatten für Dienstagmittag einen Hungermarsch zum Münchener Rathaus angekündigt. Die Kundgebung kam aber nicht zustande. Es bildeten sich nur da und dort Gruppen, die von der Polizei zerstreut wurden. * Feuerüberfall auf ein SS.-Lokal in Altona. Wie die Gauleitung Schleswig-Holstein der NSDAP, mitteilt, wurde am Dienstagabend von Kommunisten auf das neue SS.-Lokal in der Breiten Straße in Altona ein Feuerüber fall verübt. Abends gegen 9 Uhr erschienen plötzlich in Zivil gekleidete Männer, die auf ein abgegebenes Kom mando ungefähr 20 Schüsse in das Lokal feuerten. Der hinter dem Büfett der Wirtschaft stehende SS.-Mann Schaaf wurde durch einen Unterschenkel- und Rückenschuß verletzt. Nach Mitteilung der NSDAP, ist der Ueberfall darauf zurückzuführen, daß am Dienstagmorgen durch ein Flugblatt aufgefordert wurde, „daß das Lokal mit allen Mitteln ausgeräuchert werden müsse". * Motorsegler überrannt und gesunken. Auf der Unter elbe bei Krautsand ist am Dienstagmorgen in der Dunkel heit ein Motorsegler von dem kommenden finnischen Damp fer „Anversoise" überrannt worden und gleich darauf ge sunken. Das Schicksal der Besatzung des gesunkenen Fahr zeuges ist noch ungewiß. Bisher konnte Name und Hei matsort des gesunkenen Fahrzeuges nicht ermittelt werden. " Warenhausbrand in einer Vorstadt Londons. Zn der Londoner Vorstadt Shoreditch wurde am Dienstag ein Warenhaus von einem Großfeuer heimgesucht. Große Men gen Spielzeugwaren und Weihnachtsartikel verbrannten. Die Feuerwehr konnte den Brand eindämmen, bevor er auf andere Abteilungen des Warenhauses Übergriff. „Im Gegenteil — das heißt, ich dachte, ich meine, wenn es Ihnen angenehm ist!" Sie werden sich zur vorgeschlagenen Zeit dort treffen Fred legt den Hörer auf die Gabel, dreht sich um und steht Lendicke gegenüber. „Was Besonderes, Herr Lendicke?" Der bleibt stumm, wackelt nur behutsam mit den Ohren und verzieht die Mundwinkel abwechselnd nach rechts und links „Vorsicht bei Gesprächen". Fred nickt. Er erklärt ietzi während des Tanzes Margot seine neue Tätigkeit. Lendicke legt die Hände auf den Rücken, spaziert im Raum hin und her. Fred geht langsam hinaus. Er ist schon an der Tür, als Lendicke ihm zuruft: „Schönes Wetter heute, was?" „Herrlich, Herr Lendicke, wirklich —" Der Dicke deutet mit dem Daumen über seine Schulter zum Fenster, mein: trocken: „Regnet wie aus Gießkannen, Menschenskind!" „Na, also!" „Ach so Aber das hört Fred schon nicht mehr, der bereits draußen und im Kampf mit einem asthmatischen Schnell sprecher ist. Es zeigt sich, daß die zweite Unterhaltung wesentlich schwieriger zu führen ist als die erste. Margot und Fred sitzen einander verlegen gegenüber, er hat die ersten Fragen beantwortet, nnn liegt eine lange Strecke voller Schweigen vor den beiden — die Kapelle nebenan rasselt: aber das genügt nicht, um die Engel zn verscheuchen, die einer hinter dem anderen ruhevoll durch den Raum schreiten, in dem die beiden sitzen. Endlich rafft Fred sich aus und bittet Margot um einen Tanz. Sie sieht ihn erlöst an, auf dem kleinen Parkett sind erst ein Dutzend Paare in Tätigkeit — und nun aus einmal gehl das Gespräch mühelos. Fred hat sich den Kops zerbrochen, welche Stellung er in den Augen Margots in vier Tagen einnehmen kann. Er dachte an Taftchaufseur, verwarf diese Idee, Schnellplakatmaler wäre schon besser — dann Hai er's — er wird ambulanter Schaufensterdekorateur werden. Er erklärt jetzt während des Tanzes Margot seine neue Tätigkeit: „Also stellen Sie sich bitte vor, gnädiges Fräulein, ich gehe da so die Große Frankfurter entlang — kennen Sie die Große Frankfurter überhaupt?" „Ich glaube, ich fahre ab und zu mit dem Wagen durch wenn ich aus Berlin hinaus will." „Nun ja - da bummele ich so „Sie bummeln"" „Geschäftlich natürlich, mit offenen Augen das : eine besondere Art — Arbeitsbummel." „Das kann ich mir vorstcllen!" „Und nun füllt mein Auge auf ein paar besonders ungeschickt dekorierte Schaufenster. Was tue ich? Ich gehe hinein, stelle mich dem Chef vor, biete ihm an für wenig Geld seine Fenster wirklich gut zu dekorieren, zeig, ihm eine Auswahl von Bildern, die ich bei mir habe -- und der Mann ist glücklich, daß er mich ab und zu t« Anspruch nehmen kann." Die Musik ist zu Ende, beide setzen sich. Margm spiet.' mit ihren Weißen Zähnen gedankenvoll auf der Unter lippe: „Und davon wollen Sie leben?" „Ja, warum nicht? Es gibt eine ganze Menge von Kollegen in dem Beruf — ich will ja nicht ewig dabet bleiben." (Fortsetzung solgt.)