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Wirtschastsnol «n- berufliche Schulung. die vor der bei da, es sich recht umgeschaut, bevor es im Leben seinen Mann gestellt hat. Tagtäglich, stündlich sollten Eltern und Erzieher den Meinen klarmachen, wie leichtsinnig es ist, an Straßenrändern zu spielen, wie gefährlich, blindlings über die Straßen zu rennen, auf denen der Tod lauert. —di. Gestern, am Donnerstag nachmittag, traten mir Gefahren der Straß« in zwei Fällen besonders kraß die Allgen. Ich war erst einige Ehagpfeifenzüg« von Redaktion entfernt, da stieß ich hart am Bahnübergang man ein kleines Menschenbllndel, trauriges Opfer eines Verkehrsunfalls/ beiseite. Aufgeregte Rufe, mitleidgequälte Zuschauer, nervöse Chauffeure, Polizei . . . Wer trug die Schuld? Der Kleine war vom Kochschulplatz, einem der be liebtesten Spielplätze unserer Auer Stadtjugend, direkt in eines der Autos hineingelaufen. Wäre der Lenker des Last- kraftwagens nicht gar so geistesgegenwärtig gewesen, so dürfte -er kleine Leichtfuß kaum mit dem Leben davongekommen sein. — Straßen, auf denen der Tod lauert. Wenige Minuten später, als ich bereits den Zeller Derg Halbwegs erstiegen hatte, trat mir noch einmal der Straßen tod schreckhaft entgegen. Wieder war es ein Kind, nach Lem der Knochenmann seine hagere Hand ausstreckte. Kam in keineswegs rasender Fahrt ein blitzsauberer Wandererwagen Lie durchaus übersichtliche Lindenstraße herunter. Plötzlich — uns allen stockten Atem und Herzschlag — rennt ein Bub von knapp fünf Jahren direkt vor den Wagen. Gräßlich, jähes Hupen,-kreischende Bremsen. Der Wagen bockt und . . . steht, im letzten Augenblick: Ein leichtsinniges Menschenleben gerettet! Schon springen wir hinzu. Man möchte dem Jun- gen eine runterhauen und ihn doch vor Freud« in die Arme reißen. Das Traurigste auf der Welt ist doch ein kleines Menschenkind, das tot und bleich und blutig daliegt, bevor „Hilo" auf einen Menschenauflauf. Zwei Autos standen das eine rechts, das andere links auf der. Straße. Eben trug lung gelangten. Daneben bestehen noch einige besondere Möglichkeiten, Härten auszugleichen. Den arbeitslosen Be schädigten und Hinterbliebenen wird insoweit entgegenge kommen, als von Renten und Beihilfen nach dem Reichs versorgungsgesetz, die aus Grund einer Kriegsdienstbeschädi gung gewährt werden, ein Betrog bis zu 28 Mk. im Monat anrechnungsfret auf die Arbeitslosenunterstützung ist. * Der Haushaltplan des Bezirks erfordert, wie schon mit geteilt, in seinem ordentlichen Teil eine Bezirksumlage von rund 560 600 RM. und der Sonderhaushaltplan eine weitere Umlage von S40 000 RM. Dabei ist aber schon jetzt zu über sehen, daß die Zahlen sowohl in Einnahme als auch in Aus gabe wohl erheblich zu günstig eingestellt sind. Trotz dem soll der Haushaltplan mit diesen Zahlen dem Bezirkstag vorgelegt werden, obwohl für die Gemeinden keine Möglich, keit besteht, die Umlagen von zusammen rund 1A Millionen Reichsmark aus eigenen Kräften aufzubringen. ' Sine Fachtagung Deutscher Dentisten fand in Frankfurt a. M. statt. Die Vorträge und Demonstra tionen erstreckten sich auf die wichtigsten Gebiete neuzeit licher Zahnbehandlung. Di« Stellung des Dentisten in der sozialen Gesetzgebung, die Haftung für Kunstfehler im Zivil- und Strafrecht, die mittlere Berufsbildung, die Bedeutung der inneren Sekretion und der Vitamine für das Zahnsystem waren speziell ausführlich« Referate. Die mit der Tagung verbundene Sonderschau deutscher Dental-Er» Im Anschluß an die Behandlung der Notverordnung wurde das Thema: Dualismus kritisch beleuchtet. Nach stehende Entschließung stellt di« Wünsche der Lehrkräfte an den beruflichen Schulen beider Ministerien zusammen: Di« Versammlung begrüßt es als einen Fortschritt, daß durch die Notverordnung vom 21. 1. der Dualismus im be ruflichen Schulwesen tn der Spitze beseitigt worden ist. Sie ist jedoch der Auffassung, daß di« erlassenen Vorschriften nicht genügen, um den notwendigen einheitlichen Aufbau des be- ruflichen Schulwesens in ziewewußter Weise in die Wege zu leiten, und stellt deshalb Forderungen auf u. a.: 1. Es sind alle beruflichen Schulen ohne Ausnahme dem Ministerium für Volksbildung zu unterstellen, damit die Entwicklung eines neuen Dualismus verhindert wird. 2. Das berufliche Schulwesen ist ein selbständiges Glied des gesamten Dildunaswesens. Daher sind alle beruflichen Schulen in den zu schaffenden Berufsschul-Aufsichtsbezirken besonderen Auf- sichtsorganen zu unterstellen. Die fachmännische Aufsicht über alle beruflichen Schulen ist Berufsschulräten zu übertragen. 3. Die Mitwirkung der Lehrerschaft in besonderen Schulver waltungskörpern ist sicherzustellen. 4. Der Gesetzentwurf zur Neuregelung des gesamten beruflichen Schulwesens ist dem Landtage spätestens innerhalb von zwei Jahren vorzulegen. 5. Für die Beseitigung des örtlichen Dualismus sind um gehend Richtlinien aufzustellcn. Die Dertreterversammlung erwartet, daß die von ihr hierzu gemachten Vorschläge berück sichtigt werden. 6. Für das Ünterrichtsmaß, das zur Erler nung und Ausübung eines Berufes sowie zur bewußten Er füllung der staatsbürgerlichen Pflichten notwendig ist, darf für die Dauer der durch die Reichsverfassung festgelegten Schulpflicht kein Schulgeld erhoben werden, 7. Das neu er richtete Derufsschulamt ist zu einer berufspädagogischen Zen- tralstelle zu entwickeln, die das berufliche Schulwesen Sachsens in engster Verbindung mit der Wirtschaft planmäßig fördert, die einheitliche Dildungsbahn für die berufspraktischen Be gabungen schafft und damit der berufspraktischen Arbeit in- nerhalb des Volkes und seines Bildungswesens zu der An erkennung verhilft, die ihr gebührt. D vertliche Angelegenheiten. D Strotzen, auf denen der Lod lauert. Fast möcht« man sagen: Apf allen Straßen lauert b«r Tob. Dies« Verallgemeinerung wäre bestimmt am Platz«. Gibt es -rnn heut« überhaupt noch «in« Straße, so einsam und weltverloren, daß auf ihr. Moloch Verkehr nicht nach Opfern umginge? Und doch haben wir Straßenzüge und Verkehrsadern, auf denen der Tod direkt sichtbar lauert, lauert trotz Ver- kehrspoliM und Aladinischer, Wunderlampe, und dos sind die Durchgangsstraßen in Dorf und Stadt, die winkligen und häuserverdeckten, in deren Labyrinth selbst der Ariadnefaden größter Vorsicht mitunter versagt. Mr geitungsmenschen müssen das ja wissen, Men doch die Verkehrsunfälle Tag für Tag nicht nur die Spalten der „Vermischten Nachrichten*, — „Neues aus aller Welt*, wie es im ,/Dolksfreund* heißt — sondern auch den größten Teil der „Oertlichen Angelegen- heiten*. Moloch Verkehr und sein« Opfer! Die Hekatomben (Hun dertschaften kann man nicht sagen, es erinnert zu stark an bolschewistische Umtriebe und grün-blaue Gummiknüppel), die d«r größte Tyrann und Diktator unserer republikanischen Wunderzeit täglich verschlingt, haben uns nachgerade die Nerven etwas abgestumpft. Wir lesen mit einer gewissen Lethargie des Gefühls: „Automobtlunglück, 4 Tote*, ,-Flug zeugabsturz, Piloten und Fahrgäste ums Leben gekommen", „2 Todesopfer eines Motorrad-Zusammenstoßes" und wie die tägliche Hiobspost sonst noch heißt. Wieviel Elend und Not der Angehörigen, wieviel Kummer, Herzeleid ynd Tränen hinter den kühl registrierenden Zeilen aber steht, davon machen wir uns nicht eher ein wirkliches Bild, bis das Un- heil in unserer nächsten Nähe und Nachbarschaft, vielleicht im eigenen Familienkreis vernichtend einschlägt. Der Landesverein Sachsen der Lehrkräfte an be ruflichen Schulen (Berufs-, Gewerbe- und Fachschulen) «. V. hi«N in Dresden ein« öffentliche Versammlung ab. Der Vorsitzende, Berufsschuloberlehrer Sachs-Dresden, wie» an Hand von Zahlenmaterial auf die Notlage de» beruflichen Schulwesen» hin, auf di« Not einer Schulgattuna, der durch die Grwerbslosennot und -schulyng besondere Aufgaben er- wachsen. Gr stellte den Widersinn der Notverordnung vom 21. Sept, heraus: Erhöhung der Pflichtstunden um S Stunden seit 1922, Herabsetzung der Gehälter im ungerech ten Ausmaße gegenüber anderer festbesoldeten Gruppen und die Forderung amtlicher und öffentlicher Meise aus unent- geltliche Unterrichtserteilung an erwerbslose Jugendliche. In der Aussprache wandten sich Mlynarcyk-Leipzig als Vertreter des Gewerkschaftsbundes der Angestellten und Schwarz-Dres- den al« Vertreter der Stadtverordneten gegen die Schädigung der Schulen der werktätigen Jugend. Man nahm eine Ent- schließungan, in der es heißt: „Der Mederaufbau der deutschen Volkswirtschaft ist auf das allerengste mit der Intelligenz, dem Leistungswillen und der Avbeitsgestnnung der werktätigen Bevölkerung-verknüpft. Sinnvolle und zweckdienliche Schulung der Erwerbstätigen ist eine wichtige Voraussetzung für das große Rettungswerk an der deutschen Volkswirtschaft und darf daher auch in Zeiten der Not nicht gefährdet werden. Die Notverordnung der Sächsischen Regierung steht in schärfstem Widerspruch zu die- ser Auffassung. Obwohl das berufliche Schulwesen durch den seit 1930 eingetretenen gewaltigen Schülerrückgang einen starken zwangsläufigen Abbau erfahren hat und noch mehrere Jahre unter diesen Auswirkungen schwer leiden muß, führt die Notverordnung dazu, die schon vorhandenen Schwierig keiten außerordentlich zu vergrößern. Die am beruflichen Schulwesen interessierten Kreise der Wirtschaft, Verwaltung und Lehrerschaft erwarten von der Regierung, daß sie die be sonders schwierige Lage der beruflichen Schulen berücksichtigt, damit dauernde Schädigungen dieser Bildungsstätten der werk tätigen Jugend auf jeden Fall vermieden werden." * Kriegsopfer und 3. Notverordnung. Die 3. Notver ordnung hat für Versorgungsberechtigte, die neben den Ver sorgungsgebührnissen ein Einkommen aus öffentlichen Mit- teln beziehen, Neuerungen gebracht. So ruhen die Versorgungsgebührnisse in Höhe der Hälfte des Betrages, um den das öffentliche Einkommen 190 Mk. monatlich übersteigt. Es werden aber den Schwerbeschädigten minde stens 4/10 ihrer Versorgungsgebührnisse mit Frauen- und Kinderzulage garantiert, wenn das monatliche Einkommen nicht mehr als 400 Mk. beträgt. Bei Ueberschreitung die ses Betrages verbleiben nur noch 3/10 der Versorgungs«- gebührnisse mit Frauen- und Kinderzulage. Den übrigen BersorgungSberechtigten, den sogenannten Leichtbeschädig ten, verbleiben 3/10 ihrer Versorgungsgebührnisse, jedoch ohne Frauen- und Kinderzulage. Bei der Errechnung Des Einkommens ist für jedes Kiüd ein Betrag von 10 Mk. vom Einkommen abzusetzen. Die Errechnung geschieht nach dem heutigen Brutto-Einkommen und nicht, wie bisher, nach den Bezügen, die am 1. Februar 1931 zur Auszahi- , SchMerfatter. Skizze von Frida Schanz. Als Roderich Gundrat seine Nennbäse Gisela zum erstenmal richtig kennen lernte, verspürte er eine ange nehme Enttäuschung. Daß sie so besonders war, so strah lend lebendig, hatte seine Mutter ihm nicht gesagt. Das ist ja ein Prachtmadel, dachte er. Aus lauter praktischen Rücksichten hatte seine gute Mutter ihn immer wieder gedrängt, die Freunde am anderen Ende des Thüringer Waldes einmal aufzusuchen, sich die erwachsene Tochter einmal „anzusehen", vielleicht eine Verbindung herbei zw führen. Nicht nur zwischen ihm und ihr. Di« beiden Fa briken hatten zu Lebzeiten der Besitzer, der beiden Kom merzienräte, Hand in Hand gearbeitet. Zwischen den Wit wen, den einstigen Pflegeschwestern und besten Freun dinnen, war dann, wohl durch Schuld der beiderseitigen Geschäftsführer, eine Spannung eingetreten. Die Gedan ken von Roderichs Mutter hatten weite Sicht. Sie wünschte und plante, seit sie einmal eine lange Zugstrecke mit der herangewachsenen Gisela gefahren war, mehr als sie laut sagte. Jedenfalls sollte Roderich einen geschäftlichen Vor wand benutzen und zwischen den beiden einst so eng be freundeten Häusern eine Brücke schlagen. Vorsichtig, mit zarten, sauberen Farben, malte sie ihm dabei Giselas Bild: blond, ruhig-schön, sehr wohlerzogen. Aus der Kin derzeit her hatte Roderich so eine brave stille Gisela auch selbst noch im Gedächtnis. Welche Ueberraschung, als die Nennbase kürz vor dem Abendessen, zu dem er nach befriedigenden geschäftlichen Abschlüssen sehr warm und herzlich eingeladen worden war, heiß von einer Tennispartie ins Zimmer trat. Einen Augenblick sah sie drein, als hätte sie sich vor dem fremden Gast lieber geordneter, lieber im regelrech- ten Abendkleid, mausglatt frisiert, sehen lassen als so im kurzen Sportkittel, mit vom Winde lockig gekämmtem Haar. Aber Roderichs erster Blick mußte ihr sagen, daß sie ihm gerade so gefiel. Sie fing den Blick auf, und e8 war in einem Augen blick hin und her ein seltsames Zünden. Mit viel Recken und Lachen wurde die alte Kinderfreundschaft wieder ausge nommen. Plänkelnd und neckend, oft in einem zündenden Bei- sammenstehen gemeinsam hell auflachend, brachten die beiden jungen Menschenkinder den Abend zu. Aus beiden weckten Laune und Lebenslust schimmernde, sprühende Feuerwerks spiele. Gisela ließ sich erzählen und erzählte. Ein Fasanen- wlk, Henne und zehn Küchlein, hatte sie am Morgen vor den Mähern gerettet. In einem unbenutzten Briefkasten an einer Mauertür des kleinen Parks wußte sie ein Meisen- nest. Sprudelnd voll Lebhaftigkeit und Glück wußte sie das zu berichten. ..Man muß sie nicht nur erzählen hören, man muß sie erzählen sehen", dacht« Roderich. Sein Herz' schlug froh, sommerwarm. Aus dem Heute freute er sich schon still auf morgen. Nach kurzer Verständigung mit ihrer Mutter hatte Gisela ihn zu einer Wagenfahrt durch den schönsten Teil des Thüringerwaldes eingeladen. Ein kleiner neugetaufter Kraftwagen sollte vom alten Chauf feur zum ersten Male eingefahren werden. — Auch Gisela freute sich auf diese Fahrt. Aber nicht mehr unbefangen. Als die Lichter im Hause verlöscht waren, fand sie auf einmal, sie freue sich zu stark und sehr. Nie im Leben hatte sie alle Lichter ihres Herzens so rasch für einen Menschen angebrannt. Ein wiederholtes eigenartiges Anlächeln ihrer Mutter fiel ihr ein. Sah die in ihrem fröhlichen Zusammenfinden mit Roderich mehr, als sie selbst darin gesehen? Und glaubte die Mutter die Wünsche der Tochter mit den ihren eins? Glühend heiß überdachte es Gisela. Eine Hemmung, eine feine schauernde Durchkältung, war auf einmal in in ihr. Die lag, als Gisela am sehr frühen anderen Morgen im roten Fahrmantel und runder Reisekappe aus dem Haus tor an den Wagen trat, deutlich lesbar in den Augen des Mädchens über dem schmalen Gesicht. Roderich fühlte mehr als Begeisterung in sich. Bei seinem frühen Frühstück im kleinen Gasthof hatte er mit jedem Gedanken an dieses reizvolle Väschen gedacht. Wo war in dieser Morgenfrühe aber der bewunderte Reiz? Fein und vornehm genug sah sie aus, aber doch sprach aus ihrem Wesen und Aussehen heute früh kein Hauch zu seinem Herzen. So seltsam schön meinte er sie gestern abend gesehen zu haben. Nun war's, als sei etwas Unbestimmbares, Zauberhaftes weggestrichen, ausgelöscht. Sein erster Blick auf sie, sein erstes Wahrnehmen der Ver änderung war hauchloser Schmerz, Enttäuschung. Wie rauhe Morgenkühle, für Gisela merklich spürbar. Noch strenger zog sie sich in sich selbst zurück. Alltäglich wurden ihre Worte, immer seltsamer verändert, immer farbloser erschien ihr Wesen dem sich aus seinem ersten schönen Her zenstraum reißenden Mann. Sich immer mehr entfremdend fuhren die beiden jun gen Menschen durch den Wald. Wohl wollten die beiden mit Bewußtsein den tzeimatzauber trinkenden Herzen jauch zen. Aber Laune und Stimmung waren wie in tausend unsichtbare Schlingen verfangen. Unsicher, fast vorsichtig, brauchte Roderich das gestern noch so fröhliche Du. Aus Giselas Reden und Antworten war es ganz gestrichen. Kühl, ernst, gehalten, mit leisen Empfindlichkeiten gemischt, ging daS Gespräch hin und her. ' Da verlangsamte an einer feuchten Senkung der ur alten Waldlandstraße der Ehauffeur auf einmal die Fahrt. „Da gibt's was zu sehen. Das müssen ihrer ein paar tausend sein!" „Was denn?" forschte Gisela, lebhaft vom Sitz in die Höhe schnellend. „Nu — doch Schmetterlingel" Einen Hellen Ruf, fast einen Schrei der Freude, stieß Gisela auS. „Himmel - jal Schillerfalter! Diese Massel Das ist doch zu entzückend! Kommen Sie, Roderich, wir steigen aus!" Sie taten's. Was. sich ihren Blicken da darbot, war reizend. Die Ränder der sonnenbeschienenen tiefen, nassen Wagenfurchen in der kleinen Bodensenkung waren von saru- genden, schwarzvioletten Schmetterlingen dicht besetzt. Ein einziges zartbewegtes dunkelbuntes Perlmutterschillern blitzte in der Sonne. „Nein, nein! Ist das schön! Ist das schön!" In glück seliger Aufregung sprudelte es Gisela heraus. „Schau doch, schau doch" — das „Sie" war augenblicklich total ver gessen — „dieses Gedrängel, dieses Gewuschel von Schmet terlingen! And so sanft, so leicht und leise. Keiner tut dem andern weh." — Ungehemmt leuchtete sie in ihrer Schmetterlingsbegeisterung Roderich an. Eine Molke von Faltern stob jetzt auf. Das irisierende Schwarz der seidigen Mäntelchen schillerte im süßesten Veilchenblau. Ein sich lockender loser Schwarm flatterte um Giselas Mantel wie um eine rote Blume. „Sieh doch dieses Farbenspiel, dieses dunkelgoldene, grünlila Funkeln!" — Sie fuhren weiter. Wie auf Verabredung hatte sich auch der ganze Falterschwarm nach dem Waldrande aufgemacht. „Hattest Du Spaß daran?" funkelte Gisela ihren Nachbar an. Er lachte. „Großen Spaß! Noch größeren aber an Dir." „Wieso?" Er hielt ihre Hand in der seinen und sah sie ein Weil chen stillbesinnlich an. „Gisela", sagte er dann. „Was war heute morgen eigentlich los mit Dir? Was hattest Du?" Sie sah vor sich hin. „Ja, was war los?" Er fuhr fort. „Dieser Glanz gestern abend . . . Das war ja, als gehörten wir zusammen, von Stunde mehr wie ein Freundes-, wie ein Liebespaar!" Sie nickte. „Ja, und so kann's gehen. So wie Du mich gestern abend sahst, bin ich kaum. Hinterher war ich mir deshalb gar nicht recht. Wie ich mich heute früh ver hielt, das ist sehr viel mehr mein Wesen, matt — 1angk> »eilig - still « Er hätte am liebsten aufgejauchzt. „Und dann Wiede, von so funkelnder Schönheit —" ' Zu ernst aber meinte Gisela es mit ihrer Selbstkritik, dem ehrlichen Zergliedern ihres Wesens vor diesem fri schen, natürlichen Menschen, der ihr so sehr gefiel. Was dabei herauskam, war für beide ersprießlich. Roderich fing auch ihre andere Hand. Er warb nicht mit klaren Worten, machte keinen Antrag. Auch ohne das machte ihr beider seitiges Schicksalsmoment sie einS. Das erste Wort, das sie nach einem Kuß aus seinem frohen Mund hörte, war, „Mein Schillerfalter! Du mein geliebter Schillerfalterl"