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der deutschen Sänger hin, während Professur Dr. Dettjen in seinem Festvortrag das Musikalische in Goethes Lyrik hervorhob. Ferner fand das erste Hauptkonzert des ll. Deutschen S ä n g e rb und es fe ste s statt, das die Sängerverbände aus dem Ausland, sowie der Bünde Han nover, Nassau, Ostpreußen und der Pfalz vereinigte. Die zahlreichen Besucher der Festhalle lauschten mit Begei sterung den Vorträgen der rund 8000 Sänger und dankten oftmals mit nicht endenwvllendem Beifall. Die Begrü ßungsansprache hielt der Präsident des Deutschen Sänger- bundes, Geheimrat Hammerschmidt. Den Mittelpunkt seiner Rede bildete die Verleihung seiner Ehrenmitglied schaft des Bundes an die „Pfälzische Liedertafel". Der Schlußchor „Lobe den Herrn" von Othegraven gab dem Konzert einen mächtigen und weihevollen Abschluß. WlsliM kmW WH HWrzt. Gersfeld, 24. Juli. Der bekannte und erfolgreiche Frankfurter Segelflieger Günther Groenhoff stürzte am Eonnabendnachmittag beim zweiten Start auf dem West- Hang der Wasserkuppe tödlich ab. Die Maschine schlug Leim Start ein zweites Mal auf dem Boden auf, das Seiten- steuer brach ab und dadurch lieh sich das Höhensteuer nicht mehr bedienen. In etwa 80 Meter Höhe sprang Groenhofs aus der Maschine, stürzte aber in dem Augenblick, als sich her Fallschirm entfaltete, in die Bäume hinein. Er trug einen Schädelbruch davon, der seinen sofortigen Tod her- beiführte. Am Sonnabend gegen 6 Uhr erreichte die von den Segelfliegern erwartete Gewitterfront die Wasserkuppe. Am Nord- und Westhangee waren wiederum zahlreiche Maschinen startbereit. Unter den zehn bis zwölf Gleitflug- Mern, die versuchten, Anschluß an die Gewitterfront zu bekommen, befand sich aM Günther Groenhoff mit seinem »Fafnir", der nach seinem Start in Richtung Milseburg davonflog. Wie feststehen dürfte, war beim Start die Steuerung beschädigt. Eroenhoff bemerkte sofort, daß die Steuerung klemmte. Er griff zum Fallschirm; doch vergeb- üch. Bei der geringen Höhe von 80 Meter konnte der Fall schirm sich nicht mehr entfalten, und so stürzte der Flieger tödlich ab. Aus aller Welt. * „Berliner Volkszeitung" auf fünf Tage verboten. Der Militärbesehlshaber für Groß-Berlin und Provinz Bran denburg hat auf Grund der Paragraphen 1 und 3 der Ver ordnung des Reichspräsidenten vom 20. Juli 1932 das Er scheinen der „Berliner Volkszeitung" wegen des Artikels „Herren und Lakaien" in der Nummer 348 vom 24. Juli 1932 auf die Dauer von fünf Tagen, für die Zeit vom 25. bis 29. Juli 1932, verboten. * Kleine politische Zusammenstöße. Aus Dortmund Mrd berichtet: In der Nacht zum Sonntag gerieten, wie das Polizeipräsidium mitteilt, Nationalsozialisten und Reichsbannermitglieder aneinander. Bei der Schlägerei Wurden zwei Personen, deren Parteiangehörigkeit noch nicht feststeht, erheblich verletzt. Im benachbarten Lünen Mirde am Sonntagmittag ein Nationalsozialist von einem Kommunisten angegriffen. Der Angreifer wurde, wie das hiesige Polizeipräsidium weiter mitteilt, von einem zweiten hiuzukommenden Nationalsozialisten zu Boden geschlagen. Der Kommunist wurde schwerverletzt dem Krankenhaus zugeführt. Bei einem weiteren Zusammenstoß zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten,, bei dem die alar- Merte Polizei jedoch Tätlichkeiten verhindern konnte, wur den zwei Kommunisten,, die sich an einem Steinbombarde- Ment auf Nationalsozialisten beteiligt hatten, festgenommen. * Schwerer politischer Zusammenstoß. Aus Vunzlau Mrd berichtet: Bei der Rückfahrt der Nationalsozialisten der Hitlerkundgebung in Liegnitz kam es vor dem hiesigen Volkshause in den späten Abendstunden des Freitags zu, tätlichen Auseinandersetzungen zwischen Kom munisten und Reichsbannerleuten auf der einen und Na tionalsozialisten auf der anderen Seite. Es wurden auch Mehrere Schüsse abgegeben. Der Reichsbannermann Jo- i°ph Schreiber wurde getötet und mehrere Nationalsozia- Darauf schweigt Margit. Sie hat ein paar Linden- blätter abgerissen und drückt das weiche, flaumige Licht- grün gegen ihre farblose Wange. Margit ist nicht geneigt, Baue aus ihrem Wege irgend etwas zu erleichtern. Sie Mri das Suchen in der jungen Frau, aber sie weiß, daß leder selber an verschlossenen Türen rütteln muß, bis sie Uachgebcn. „Würde es dir Freude machen, heute morgen meine Edelsteine anzusehen, Liane?" „Ja —nickt Liane zerstreut. Sie sagt es nur aus Höflichkeit, und Margit fühlt das. „Sie ist anders als die andern —," denkt Margit. »Dinge, die andere blenden, machen keinen Eindruck aus sie." Sie nimmt Lianes Arm, während sie langsam zum Hause zurückschlendern. Die Sonne steht jetzt im Mittag; der betäubende 1'anilleduft des Heliotrop schwebt wie eine schwere Wolke »der den Rasenplätzen In Margits Zimmern ist es still und kühl. Liane w noch nicht oft in diesen Zimmern gewesen und findet M immer wieder seltsam und fast abstoßend. Es sind M große Räume, wie fast alle im Hause, und ihre Einrichtung ist aus allen Erdteilen zusammengetragen Garden Es gibt Bronzen aus indischen Tempeln, malaiische Schwerter, Totenmasken der Südseeinsulaner. Die Wände hes Schlafzimmers sind mit geflochtenen Matten verkleidet; w einer Ecke steht die grinsende Fratze eines indischen Götzenbildes Der Götze hat einen kantigen Schädel aus Dunkler Bronze, und trotz der grotesken Darstellung wird 'n der Form des Schädels eine unbestimmte Ähnlichkeit Ml der Peterkas spürbar. Margit spricht ganz unbefangen davon. „Ich nenne 'M immer den Stammvater unserer Familie. Wir haben Mlst keine Erinnerungen." Sie sagt es mit ihrem rauhen Lachen. Ihre große, nw Ringen beladene Hand streichelt den Bronzeschädel, s-wne steht still und verloren im Zimmer neben ihr und "vi den Blick über die mattenbespannten Wände wandern. . „Du weinst ja, Liane!" sagt Margit auf einmal. Liane Ml den Kopf weggewendet. Kompromitzversuch in London, 25. Juli. Der diplomatische Mitarbeiter des „Daily Herald" schreibt, das Schicksal der Abrüstungskon ferenz hänge von dem Ergebnis der Verhandlungen über die beiden folgenden Fragen ab: 1. Verhandlungen der Seemächte über die Hoover-Vor schläge und Beilegung der Meinungsverschieden heiten zwischen Italien und Frankreich. Die Verhandlungen würden zunächst wohl auf dem üblichen diplomatischen Weg geführt werden und könnten zu einer in London stattfindenden Sachverständigenkonferenz der fünf Seemächte führen. 2. Verhandlungen über den deutschen Anspruch auf Rüstungsgleichheit, den Frankreich grundsätzlich ablehne, während England, Amerika und Italien im Prinzip zu stimmten, in der Praxis aber ein Kompromiß anstrebten. Die Kompromißlösung bestehe darin, die Gleichheit durch schrittweise Annäherung zu erreichen. Diese Angleichung solle die geographischen Unterschiede — auf der einen Seite das zusammenhängende Deutschland, auf der anderen Seite das weitverzweigte französische Weltreich — berücksichtigen. Das europäische Heerlager verlängert die Wirtschaftsnot. Borah über die Kriegsschuldenstreichung. Senator Borah, der Vorsitzende des außenpoli tischen Senatsausschusses im amerikanischen Kongreß, hat im Rundfunk eine Rede gehalten, die auch die Kriegsschul denstreichung berührte. Er führte nach einer Meldung Ber liner Blätter unter anderem aus: „In Lausanne ist eine Aufforderung an die ganze Welt gerichtet worden. Das grausame Prinzep strikter Schuldenvollstreckung ist aufge geben worden. Der Versailler Vertrag war in Lausanne nicht mehr „heili g". Seine Bestimmungen mußten den Befehlen des Gewissens und des Gerechtigkeits empfindens weichen. Die Klausel, die eine Schuld am Krieg feststellt, muß mit dem Vertrag von Lausanne früher oder später unvermeidlich fallen; weitere Bertragsände- listen und Kommunisten verletzt. Insgesamt soll die Zahl der Verletzten nach einem noch unvollständigen Polizei bericht, der die Schuldfrage offen läßt, 15 betragen. Bunz lauer und Görlitzer Polizei stellten die Ruhe wieder her. * Politische Schlägerei im Kreise Wolfenbüttcl. — Vier Schwer-, acht Leichtverletzte. In Leiferde entstand eine Schlägerei zwischen Anhängern der Eisernen Front und Nationalsozialisten, an der sich etwa 150 Mitglieder der Eisernen Front und 50 bis 60 Nationalsozialisten be teiligten. Im Verlauf des Zusammenstoßes fielen meh rere Schüsse. Das Ueberfallkommando aus Braunschweig durchsuchte die an den Schlägereien Beteiligten nach Waf fen, jedoch ohne Erfolg. Ein Lastkraftwagen mit Reichs bannerleuten aus Braunschweig wurde von der Schutz- polizer vor dem Ort Leiferde abgefangen und über Klein- Stöckheim wieder zurückgeleitet. Im hiesigen Krankenhaus wurden zwei schwerverletzte Mitglieder der Eisernen Front und zwei schwerverletzte Nationalsozialisten eingeliefert, die vorläufig noch nicht vernehmungsfähig sind. Leicht verletzt wurden acht Personen. * 90 Kommunisten und Neichsbannermitglieder in Braunschweig festgenommen. Aus Braunschweig wird ge meldet: Die Schutzpolizei hatte Kenntnis erhalten, daß im Wäschehaus des Bebelhofs eine verbotene Versammlung stattfand. Ein Ueberfallkommando wurde mit der Aus hebung der Versammlung betraut. In dem verdunkelten Wäschehaus wurden etwa 90 Personen angetroffen, verhaf tet und dem Polizeipräsidium zugeführt. Es handelt sich in der Hauptsache um Kommunisten und Reichsbannermitglie der, darunter auch einem Reichsbannerführer. Eine Durch suchung förderte zahlreiche Waffen zutage: Pistolen mit Munition, Gummiknüppel, Totschläger usw. Die Polizei nimmt an, daß die Festgenommenen beabsichtigten, von einer nationalsozialistischen Versammlung Heimkehrende zu über fallen. Die Verhafteten werden sich am Montag vor dem Schnellrichter zu verantworten haben. * Ueberfall auf Nationalsozialisten. Sechs SA.-Leute, die am Sonntag vormittag im westlichen Münster Wahl- „Nein — nein. Es ist nur die Sonne." Als sie sich umdreht, lächelt sie schon wieder. „Sie ist nicht glücklich," denkt Margit. „Ob ich gut daran tue, ihr das zu zeigen, was ich jetzt vorhabe?" Ein leises, leises Mißtrauen ist plötzlich wieder da, das sie zu warnen scheint und dessen sie sich schämt. Sie zwingt es nieder. Sie hat auf einmal den Impuls, zu sühnen und gutzumachen. „Der Stammvater hütet unsere Schätze, Liane." Margit tastet über die Matte an der Wand. Liane fährt zurück. Es ist eine Bewegung in den grinsenden Götzen gekommen. Das Götzenbild hat angefangen, sich zu drehen — schiebt sich mit einer langsamen Wendung ins Zimmer, gibt eine schmale Tür frei. „Mein Tresor," erklärt Margit sorglos. „Ich habe ihN seinerzeit einbauen lassen, weil es mir schwer wird, mich von den Edelsteinen zu trennen. Kannst du dir das vorstellen, Liane? Es ist eine Manie — eine Art von Besessenheit. Ich liege hier im Bett und bewahre den Schatz wie irgendein Drache aus der alten Sage. Übrigens ist der Tresor im Ernstfälle nicht viel wert, glaube ich - die Konstruktion ist schon ein wenig veraltet; ich denke daran, ihn gelegentlich erneuern zu lassen. Vorläufig vertraue ich noch dem Schutze des Stammvaters." Sie hat einen flachen Schlüssel aus ihrem Kleide genommen und die Tür geöffnet. Liane stehi vor dem geöffneten Schrank und staunt mit großen Augen. Margits Schätze sind nicht in Etuis und Behältern verstaut, wie sie gemeint hat. Sie liegen offen da, wahllos übereinandergeschichtet und ineinander verwirrt: goldene Ketten, Amethysten, Topase, geschnittene Halbedelsteine. Margit stößt einen leisen, lachenden Schrei aus, greift mit der geöffneten Hand in den Schrank, zieht sie gefüllt zurück, läßt Glitzerndes und Funkelndes auf das niedrige orientalische Tischchen tropfen. Dies wiederholt sie fünf-, sechsmal. Der Schrank ist noch nicht leer — im Gegenteil: er quillt über von Herrlichkeiten, die aus seiner unergründ lichen Tiefe brechen — scheint voller als zuvor. „Es ist ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht!" sagt Liane, während Margit das Tischchen in die Sonne rückt und sich alle farbigen Feuer der Steine zu entzünden beginnen. Lianes Augen sind ganz groß und dunkel geworden Abgezirkelte rote Flecke brennen aus ihren Wangen. Ihre Hände tauchen in den Reichtum, der sich auf dem kleinen Tische ausbreitet — sorgfältig zusammen- der Abrüstungsfrage. rungen werden die Folge fein. Die Welt verlangt die Wiederherstellung des Vertrauens: Lausanne war der erste Schritt; weitere müssen folgen, soll die Grundlage der Wirtschaftserholung sichergestellt sein. Genf, die Antwort an Lausanne, wird hier der Prüfstein sein. Die Rüstungs lasten bedeuten eine unüberwindbare Mauer gegen die Wiederherstellung des Vertrauens. Europa kann nicht das Vertrauen seiner eigenen Ge schäftsleute, geschweige denn das Vertrauen und die Hilfe Amerikas gewinnen, solange der Kontinent ein Heerlager bleibt. Das amerikanische Volk glaubt ein fach nicht, daß eine Zusammenarbeit mN Europa unter diesen Umständen etwas anderes hervorbringen könne als eine verlängerte Wirtschaftsnqt. Das Vertrauensabkommen zwischen Eng land und Frankreich hat in den Vereinigten Staaten viel Kritik gefunden. Ich sehe in dem Abkommen viel Gutes und nichts Schlechtes. Uns Amerikanern wird dauernd er klärt, Europa hasse uns. Das ist wahrscheinlich richtig; wenn dieser Hatz aber die europäischen Mächte einigen konnte, so will ich ihm gern vergeben. Die Reparations regelung hat die Frage einer Revision der interalliierten Kriegsschulden wieder zur Sprache gebracht. Ich sehe kei nerlei neue Situation, aber ich glaube, daß bei einer Fort setzung der Lausanner Grundsätze die Zeit kommen wird, wo eine Ueberprüfung der Schuldenfrage ganz ausgespro chen im Interesse des amerikanischen Volkes sein wird. Der amerikanische Nationalökonom Irving Fisher schätzt die Verluste der Vereinigten Staaten durch die Weltkrise auf 150 Milliarden Dollar. Die Schulden der europäischen Na tionen, auf deren Rückzahlung der amerikanische Steuer zahler besteht, sind gerecht. Großzügige Abstriche sind be reits vorgenommen worden. Wenn eine weitere Herab setzung der Streichung überhaupt erwogen werden soll, so kann dafür nur das eigene Interesse Amerikas als einziger Grund maßgebend sein. Ich für mein Teil bin bereit, die Kriegsschulden zu streichen oder herabzusetzen, wenn dies Erfolg verspricht. zettel verteilten, wurden in der Lerchenstraße von zahl reichen politischen Gegnern überfallen und zum Teil schwer verletzt. Vier der Mißhandelten wurden mit Stich- und Hiebverletzungen ins Krankenhaus geschafft. Bisher wur den fünf Personen, zum Teil Reichsbannerleute, als der Tat dringend verdächtig verhaftet. * 67 Verhaftungen in Altona. In dem Ermittlungs verfahren gegen Meyer und Genossen wegen der Altonaer Unruhen ist gegen 67 Personen gerichtlicher Haftbefehl er lassen worden. 22 Personen wurden wieder freigelassen. * v. Gronau nach Grönland gestartet, v. Gronau, der mit seinem „Erönland-Wal" (D. 2053) die Nacht zum Sonntag auf Island verbrachte, ist am Sonntag morgen 11.25 Uhr (Island-Zeit) in Reykjavik gestartet. Der Flug führt nach Grönland, wo nach Umfliegen der Südspitze die Stadt Jvigtut als Ziel gesetzt ist. * Schwerer Kraftwagenunfall. Auf der Staatsstraße zwischen Wittichenau und Hoyerswerda fuhr in der Nacht zum Freitag ein mit drei Personen besetzter Kraftwagen gegen einen Prellstein und eine starke Linde. Der Kraft wagen wurde hierbei zertrümmert. Von den Insassen er litt der Führer, Autovermieter Rudi Roßy, einen einfachen, der Friseur Alfred Rothe einen komplizierten Schädelbruch, und der Tischler Willy Heiduschka einen Armbruch. * Seine Braut und sich selbst getötet. Am Sonnabend abend ereignete sich in Köln in der Alexianostraße eine furchtbare Bluttat. Ein hier wohnender 28jähriger Dentist schlug seine gleichaltrige Braut mit einem Gummiknüppel bewußtlos und erhängte sie. Nachdem der Tod der Unglück lichen bereits eingetreten war, brachte der Mörder der Leiche noch mehrere Stiche mit einem feststehenden Dolch messer am Hals bei und schoß sich daraus selbst eine Kugel in den Kopf. Er starb kurze Zeit nach der Tat. Die Beweg gründe zu der Bluttat stehen noch nicht fest. " Eine Fähre gesunken. — Visher 20 Tote. Nach einer Meldung aus Tschisu sank im Dorfe Einst eine Fähre, die zu stark belastet war. 34 Personen werden vermißt. Bis jetzt konnten 20 Leichen geborgen werden. getragen und nun in üppiger und verwirrender Wahl- lostgkeit übereinandergehäuft: — lose Perlen, Ringe, Ketten, schöngeschliffene Saphire, Taubenblutrubine und antike Kameen. „Tausendundeine Nacht!" flüstert Margit. „Du hast das richtige Wort gefunden, Liane. Als Kind habe ich von Märchen geträumt. Eins davon ist Wirklichkeit geworden. Das einzige." Ihr Mund steht wieder hart und fest in dem grauen Gesicht, das neben der Pracht der Steine alt und verbittert erscheint. Sie nimmt mit spitzen Fingern eine Kette auf, läßt sie über ihre Hände rieseln. Es ist ein antikes Stück: das Gold schimmert matt und rötlich; Amethyste funkeln veilchenfarben zwischen blassen Perlen. „Ich kaufte sie vor zehn Jahren in London," sagt Margit nachdenklich. „Ich habe ja aus allen Teilen der Welt Schätze zusammengetragen, um mich zu schmücken. Es klingt grotesk, nicht wahr? Margit Peterka, einsam vor dem Spiegel ihres Ankleidezimmers," die Worte münden in einem rauhen, schluchzenden Laute. „Margit." Liane bewegt die Hände. Sie möchte helfen, irgendwie helfen. Aber Margit hat ihr plötzlich den Rücken gedreht. „Nein - nicht so," sagt sie feindselig und fremd. „Ich will kein Mitleid. Ich kann Mitleid nicht vertragen." Sie wendet sich wieder um. Die Kette ist noch in ihrer Hand. „Nimm sie!" sagt sie sonderbar hart und läßt sie in Lianes Hände gleiten „Nimm sie. Ich schenke sie dir." Liane ist ratlos. Sie möchte die Kette nicht nehmen und gewinnt es doch nicht über sich, sie zurückzuweisen. „Nimm sie!" wiederholt Margit zum dritten Male. „Komm, ich lege sie dir um den Hals." Die Kette ist lang und schwer. Das Metall ist kühl wie die Berührung verdorrter Finger. Liane ist blaß, als sie vor den Spiegel tritt. „Du bist schön," sagt Margit ganz tonlos. „Ich habe bisher nicht gewußt, wie schön du bist. Wenn ich dir früher begegnet wäre, hätte ich dich vielleicht gehaßt." „Margit!" „Du brauchst nicht vor mir zurückzuweichen, Liane. Ich liebe dich doch. Mein Gott, ich liebe dich doch!" Die Tage sind eine endlose Kette grauschimmernder Perlen. Einer gleicht dem anderen. Einer ist still und leer wie der andere. „Es ist jetzt tote Zeit in Berlin," sagt Margit und erörtert Reisepläne nach Sylt. (Fortsetzung folgt.)