Volltext Seite (XML)
sich für Arbeiter mit Familienangehörigen bis zu 6 RM. pro Woche bei vier und mehr Angehörigen. In der letzten Aprilwoche hatten wir noch rund 290 000 Kurzarbeiter; diese Zahl ging zur letzten Maiwoche ein wenig zurück. Die stärkste Kurzarbeiter-Ziffer während des vergangenen Win ters betrug etwas über 300 000. Noch immer 5476000 Arbeitslose in Deutschland. Berlin, 7. Juli. Nach dem Bericht der Reichsanftalt für die Zeit vom 16. bis 30. Juni zeigte die zahlenmäßige Ent wicklung des Arbeitsmarktes seit Mitte Juni ein günsti geres Bild als in der ersten Hälfte des Monats. Die Be sorgnisse, daß die sommerliche Belastung bereits zum Still stand gekommen sei, hat sich nicht bestätigt. Nach einem Rück gang von rund 93 000 betrug die Zahl der bei den Arbeits ämtern gemeldeten Arbeitslosen am 30. Juni rund 5176 000. An dieser Abnahme waren die Saisonaußen berufe und die überwiegend von der Konjunktur abhängi gen Berufsgruppen in ungefähr gleichem Maße beteiligt. Auf eine Besserung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage kann jedoch aus diesen Zahlen nicht geschlossen werden. Die Abnahme der Arbeitslosenzahl seit dem Höchststand im Winter (Mitte März) beläuft sich jetzt aus 653 000, gegenüber rund 1037 000 im Vorjahre (seit Mitte Februar). Von der Gesamtzahl der unterstützten Arbeitslosen be fanden sich rund 2 485 000 in den Unterstützungseinrichtun gen der Neichsanstalt, und rund 2163 000 in der gemeind lichen Wohlfahrtsunterstützung, deren Belastung damit gegenüber Ende Mai um rund 72 000 zugenommen hat. Anter den von der Reichsanstalt betreuten Arbeitslosen waren rund 941000 Hauptunterstützungsempfänger in der Arbeitslosenversicherung, d. h. etwa 61000 weniger als am vorigen Stichtag und rund 1544 000 Hauptunterstützungs empfänger in der Krisenfürsorge, nach einem Rückgang um etwa 29 000. NMs-UWUM WMbUM m AmIM OgkfsW. Lausanne, 7. Juli. Wie von französischer Seite mit geteilt wird, hat der polnische Außenminister in einer Unterredung mit dem französischen Finanzminister drin gend um eine neue Anleihe für den weiteren Ausbau des Hafens von Gdingen und der Eisenbahnlinie zu diesem Hasen ersucht. Das Anleihegesuch ist von Frankreich abge- lehnt worden, da die französische Regierung nicht über Mittel für eine neue Anleihe an Polen verfüge. An mMe Preis der WumMm UW. Wie», 6. Juli. Der aus Lausaunne nach Wien zurück gekehrte Bundeskanzler Dr. Dollfuß machte heute Mit teilungen über das Lausanner Anleiheabkommen. Der Bundeskanzler hofft, der Betrag der Anleihe werde in ungefähr zwei Monaten in Oesterreich einlaufen, -^er Bundeskanzler betonte, daß diese Anleihe ausschließlich iur Ordnung des inneren Staatshaushalts verwendet wird, Aas heißt also zur Zurückzahlung der Schulden an die AJZ. und an die Bank von England sowie an die öster- veichischrn Banken. Durch diese letztere Schuldentilgung au.rd auch das Wechselportefeuille der Nationalbank ent lastet, weil die österreichischen Banken verpflichtet werden, me rückgezahlten Beträge zur Einlösung ihrer Wechsel bei °er Nationalbank zu verwenden. Ferner teilte der Bundes kanzler mit, daß er keine neuen politischen Bindungen aber jene hinaus eingegangen sei, die anläßlich des Ab- Musscs der Anleihe vom Jahre 1922 eingegangen wurden, ^amit ist bestätigt, daß gelegentlich der neuen Anleihe ausdrücklich erinnert wird, daß Oesterreich seine Wirtschaft uche und politische Unabhängigkeit zu wahren habe, also keine Erweiterung, Wohl aber eine Wiederholung des ohne- mn noch bis zum Jahre 1942 vertragsmäßig festgelegten Mschlußverbots, das auch das Verbot einer Zollunion ^sich schließt. Französisches U-Boot gesunken. .Paris, 7. Juli. Eines der neuesten französischen Unterseeboote „Promethee, das am Donnerstag auf der Hohe von Cherbourg einige Manöver an der Wasserober ¬ fläche aussührte, ist aus bisher unbekannten Gründen plötz lich gesunken. 88 Mann der Besatzung, darunter zahlreiche Ingenieure des Marine-Arsenals, sind voraussichtlich er trunken. Der Kapitän und einige der Ingenieure, die sich im Turm befanden, kanten gerettet werden. Das U-Boot ruht in 50 Meter Tiefe auf dem Meeresgrund. Paris, 7, Juli. Das Kriegsmarineministerium bestätigt am Donnerstag den Untergang des U-Bootes „Promethee". lleber den Untergang werden folgende Einzelheiten be kannt: Das U-Boot war am Donnerstag unter der Kon trolle einer Reihe Ingenieure der Schneider-Creuzot-Werke zu einer Uebungsfahrt auf der Höhe von Cherbourg aus gelaufen, als es ganz plötzlich absackte. Der Kommandant, der sich mit drei Ingenieuren im Turm aufhielt, sowie vier Matrosen, die sich aus Deck besanden, konnten von einem in der Nähe kreuzenden Fischdampfer ausgenommen werden. Sie wurden sofort in das Marinekranlenhaus von Cher bourg überführt. Die Ursache der Katastrophe dürfte erst nach der Hebung des Schiffes klar werden. Man hat jede Hoffnung aufgegeben, einen Teil der Besatzung zu retten, da das Boot ungeheuer rasch sank und keine Möglichkeit mehr bestand, die Luken zu schließen. Die „Promethee, wurde im Oktober 1930 in Cherbourg vom Stapel gelassen und hatte eine Wasserverdrängung von nahezu 1600 Tonnen. 64 Todesopfer. Paris, 8. Juli. Der Untergang des französischen Unter seebootes „Promethee" hat in ganz Frankreich ungeheuere Bestürzung hervorgerufen. Der Kommandant des Schiffes, der mit sechs anderen Mitgliedern der Besatzung gerettet werden konnte, erklärte bei seinem Eintreffen in Cherbourg, daß ihm der Verlust seines Schiffes völlig rätselhaft sei. Er habe sich mit einigen Ingenieuren und Matrosen auf Deck befunden, als er plötzlich den Boden unter den Füßen verloren Habs. Schon wenige Sekunden später sei das ll-Voot unter der Oberfläche verschwunden gewesen und er selbst mit den anderen auf Deck befindlichen Mannschaften ins Meer gestürzt. Die Zahl der mit dem U-Boot auf den Meeresgrund gerissenen Besatzung beträgt nach den letzten Angaben 84. Der Hafenkommandant von Cherbourg hat sofort nach Vekanntwerden des Unglücks alle Maßnahmen getroffen, um zu versuchen, das Schiff und die möglicherweise doch noch lebenden Insassen zu retten Noch am Donnerstag abend sind einige U-Boote und Zerstörer ausgelaufen, um die Lage des U-Bootes festzustellen. Freitag vormittag werden außer dem mehrere Wasserslugzeuge und ein Fesselballon eingesetzt werden. Marineminister Leygues hat angeordnet, daß kein Mittel unversucht bleibe, die noch möglicherweise lebend eingeschlossene Besatzung zu retten. Rettung der Besatzung nicht möglich. Paris, 8. Juli. Soeben trisft die Nachricht ein, daß die Suchsahrzeuge aus die sogenannte Telephonboje des Un terseebootes gestoßen sind. Eine Bestätigung dieser Meldung liegt von amtlicher Seite noch nicht vor. Würde sich die Nachricht bewahrheiten, so bestünde die Möglichkeit, mit den eingeschlossenen Mannschasten in telephonische Verbindung zu treten. Es würde daraus auch hervorgehen, daß es gelungen ist, einige der wasserdichten Schotten zu schließen. Eine Möglichkeit zur Rettung der Besatzung besteht jedoch nicht. Der Marine minister hat zugegeben, daß für die ganz großen Untersee boote des neuen Typs ausreichend kräftige Hebeschiffe noch nicht gebaut sind. Die Mannschaft muß deshalb nach wie vor als verloren gelten. Aus aUer Wett. * Ein Toter bei Erwerbsloscnunruhen. Donnerstag gegen 13 Uhr kam es in Sandersdorf (Kreis Bitterfeld) wegen der zum Teil gekürzten Fürsorgesätze vor dem Ge meindeamt zu schweren Arbeitslosendemonstrationen, die schließlich ein derartiges Ausmaß annahmen, daß Land jägerei ausgeboten werden mußte. Die Beamten waren infolge der Ausschreitungen und Bedrohungen gezwungen, von der Schußwaffe Gebrauch zu machen. Dabei wurde ein Demonstrant erschossen. Die Zahl der Schwerverletzten steht noch nicht fest. * Rumänische Lepra-Kranke revoltieren. Aus Buka rest wird gemeldet: Aus dem Lepra-Lager in Cirphilesti brachen die dort untergebrachten Lepra-Kranken in der Sonnabendnacht aus und tauchten in der kleinen rumä nischen Stadt Jsacea auf, wo ihr Erscheinen eine Panik aus löste. Alle waren in Lumpen gekleidet und halb verhungert. Sie gaben an, daß der Lagerarzt vor einem Monat nach Bukarest gefahren sei, um Geld und Lebensmittel zu holen, aber nicht zurückgekehrt sei. Die alarmierte Polizei trieb die Kranken zusammen und transportierte sie ins Lager zurück. * Die Ermordung des Paters Rapp in der Man dschurei. „Times" meldet aus Peking: Der deutsche Ge neralkonsul in Mukden ist nach Tschientao in der Provinz Kirin abgereist, um die näheren Umstände zu untersuchen, unter denen am 5. Juni der deutsche Priester Rapp er mordet wurde. Koreanische Zeugen haben erklärt, daß Pater Rapp von japanischen Soldaten ermordet worden sei. Er sei, als er sich zu einem an Typhus sterbenden Amtsbruder begab, von japanischen Wachtposten angehalten worden und habe ihnen seinen Paß gezeigt, ohne vom Pferde herabzusteigen. Dies hätten die japanischen Sol daten für eine Beleidigung ihrer Armee erklärt. Sie hätten ihn ins Wachtlokal gebracht, dort mißhandelt und später in der Dunkelheit davongeführt. Die Koreaner und zwei Priester hörten bald darauf Schüsse fallen. Die Leiche des deutschen Geistlichen sei später im Sande eines Fluß bettes vergraben aufgefunden worden. Nach einer Mel dung aus Tschientao behaupten jedoch die Japaner, das Verbrechen sei von Chinesen begangen worden, die japa nische Uniformen angelegt hatten. Eine amtliche japanische Aeußerung liegt noch nicht vor. * Max Reinhardt in Lettland geschieden. Wie wir erfahren, hat der Kassationshof in Riga in dem Eheschei- dungsprozeß Mar Reinhardts jetzt die Revision der Frau Else Heims zurückgewiesen, so daß damit die auf Eheschei dung lautenden Urteile der lettischen Vorinstanzen rechts kräftig geworden sind. Bekanntlich hat Max Reinhardt die Zuständigkeit der lettischen Gerichtsbarkeit für sich mit der Begründung in Anspruch genommen, daß er in Riga seinen Wohnsitz gegründet habe. Wie wir weiter hören, will sich Frau Else Heims diesen Entscheidungen der lettischen Ge richte nicht fügen. Sie hat bereits während der Prozesse die Gerichte in Riga wissen lassen, daß sie als deutsche Staats angehörige die Urteile der lettischen Gerichte nicht an erkenne. Die gleiche Erklärung ist von ihr der lettischen Re gierung über die deutsche Gesandtschaft in Riga übermittelt worden. Frau Heims hat nunmehr vor dem Landgericht I Berlin Klage auf Feststellung erhoben, daß die Entscheidun gen der lettischen Gerichte in der Ehescheidungssache Max Reinhardt in Deutschland unwirksam seien und daß die Ehe als fortbestehend zu gelten habe. Schwere Unwetter im Erzgebirge. Annaberg im E., 7. Juli. Ueber dem Erzgebirge gin gen am Mittwoch abend und am Donnerstag früh mehr fach schwere Gewitter nieder. Besonders heftig wütete ein Unwetter, das am Mittwoch abend in der 10. Stunde in Grumbach auftrat. Der Himmel glich zeitweise einem Feuermeer. Viermal schlug der Blitz ein, glücklicherweise ohne zu zünden. In der Umgebung von Grumbach wurden Licht- und Telefonleitungen zerstört. Ein Blitzstrahl fuhr in eine Baumgruppe und sprang von da auf ein Haus über. Er zertrümmerte die Fensterläden, riß die Mauern entzwei und machte aus der Wohnstube einen Trümmerhaufen. Der Sohn des Besitzers wurde gelähmt und verlor die Sprache. Außerdem trug er schwere Verletzungen durch herabfallende Mauerstücke davon. In Oberwiesenthal hat es am Mittwoch ge hagelt. Die Flüsse und Bäche sind angeschwollen, da auch im böhmischen Erzgebirge schwere Unwetter niedergegangen sind. Lippersdorf i. E., 7. Juli. Am Donnerstag früh gegen 4 Uhr schlug der Blitz in die Scheune des Gutsbesitzers Find eisen und zündete. Die Scheune ging in Flammen auf und brannte bis auf die Umfassungsmauern nieder. Maschinen und das geerntete Heu fielen dem Feuer zum Opfer. Burgstädt, 7. Juli. Am Mittwoch nachmittag schlug der Blitz in das Anwesen eines Gutsbesitzers in Burkers dorf ein. Es brannten zwei Scheunen mit dem gesamten Inhalt nieder. In Dittmannsdorf schlug der Blitz in das Seitengebäude des Gutes von Bär ein. Das Gebäude, in dem sich Futtermittel befanden, brannte nieder. Auch sonst wurde hier in der Umgegend von dem schweren Ge witter viel Schaden angerichtet. Liane nickt und umklammert mit beiden Händen ihr ichwarzes Handtäschchen. „Sie brauchen sich nicht zu fürchten", bemerkt der Hann. „Wir sind arme, aber ehrliche Leute." Er zieht eine abgeschabte Brieftasche hervor, legt den Paß auf den Tisch. . „Es ist alles, was Sie brauchen. — Hier fehlt noch die Unterschrift des Inhabers. Denken Sie daran, das gleich zu veranlassen." Liane betrachtet aufmerksam Wellenkamps Bild, das aiit der veränderten Frisur und der Brille ganz fremd erscheint. , „Der Paß ist also wirklich echt?" fragt sie mit einem M>eren Atemzuge. „Ich meine, es wird doch nirgends Schwierigkeiten — „Sie können Ihren Freund ja bis sieben auf die Polizei schicken und den Paß nachprüfen lassen", antwortet Griesinger mit einem boshaften Grinsen. Er zieht den Paß wieder zu sich heran. „Zuerst das Geld, schöne Dame." . Liane öffnet das schwarze Ledertäschchen und zählt Banknoten auf den Tisch. Die unruhigen Mäuseaugen °rs Mannes füllen sich wieder mit Mißtrauen. „Kleingeld wäre mir lieber gewesen. Ich gebe mich gerne mit großen Scheinen ab. Es sind immer Leute die gerne wissen möchten, wo sie Herkommen." . Er hält die Scheine gegen das Licht, reibt sie zwischen Ul Fingern und scheint befriedigt. „Ein großzügiger Hann, der Herr, der Ihnen das Geld überlassen hat." Lianes hart aufeinander gepreßte Lippen werden weiß. „Was sagen Sie da? Was wissen Sie von ihm?" . „Nichts, mein Fräulein. Es interessiert mich nur. Und interessiert mich auch die Geschichte von dieser Tante, Sie angeblich besucht haben. Ich bin Psychologe, Mtehen Sie. Ich habe Interesse für solche Tanten, die Derzeit bereit sind, ihren Nichten mit einem Darlehen mehreren Tausendern unter die Arme zu greifen, ver war es etwa kein Darlehen? Sollte es möglicherweise >°8ar ein kleines Geschenk gewesen sein? Nichts für ungut, dFräulein! Ich bin ein spaßhafter Mensch. Hier ist Liane greift hastig danach und stopft ihn in die Handtasche. Die flinken Mausaugen folgen jeder Bewegung ihrer Finger. „Wenn Sie gelegentlich wieder einmal eine ähnliche Angelegenheit auf dem Herzen haben, mein schönes Fräulein — —" Sie zerbeißt gewaltsam das böse Wort, das ihr aus den Lippen liegt. Ihr Gesicht hat wieder den Zug unsagbaren Hochmutes, hinter dem sich Schmerz verbirgt. Sie dreht Griesinger mit der knappen Andeutung eines Grußes den Rücken, sie geht wieder die Treppe hinunter „Wenn Sie gelegentlich wieder einmal eine ähnliche An gelegenheit aus dem Herzen haben — — —" Dann steht sie draußen auf der Straße, will befreit aufatmen und atmet doch sonderbar beklommen. Sie geht die Straße hinunter, völlig mechanisch und ohne Ziel. Nach einer Weile bleibt sie erschöpft in einer Einfahrt stehen, lehnt sich gegen die Mauer, von einer sonderbaren Leichtigkeit und Leere erfüllt, wie sie Menschen nach einer übermäßigen Anstrengung bisweilen befällt. „Ich muß zu Wellenkamp", denkt sie gleich darauf, von dem einen Gedanken getrieben, der sie seit Tagen unablässig vorwärts gejagt hat. „Wellenkamp wartet aus mich. Ich bin seine letzte Hoffnung." Sie geht weiter und wendet sich schon nach wenigen Schritten in erwachender Nervosität um. Täuscht sie sich, oder ist irgend jemand hinter ihr, der ihr folgt? Es ist niemand da Die Menschen sind alle fremd und gleichgültig. „Man muß jetzt so rasch wie möglich in die Mirbach straße", denkt Liane und winkt einer Taxe, die soeben leer und in mäßigem Tempo an ihr vorüberfährl. Sie nennt die Straße so leise, daß der Chauffeur ein zweites Mal nachfragen muß Es ist ein großer, sonderbar ungeschlacht wirkender Chauffeur mit einem pockennarbigen Gesicht und einem dünnen, schwarzen Bärtchen auf der Oberlippe. Liane sinkt in die Polster, fühlt das Vorwärtssausen des Wagens und schließt beruhigt die Augen. Jetzt endlich scheint die Angst der letzten Tage sich zu lockern und von ihr abzugleiten. Gleichzeitig aber kommt die Müdigkeit — eine große, schwere, unendlich tiefe Müdigkeit, die sich über sie zu breiten droht wie ein erstickender Mantel. Das Auto hält. Liane, die die Nägel in ihre Handflächen gepreßt hatte, um nicht einzuschlasen, erkennt'das Haus und taumelt in die Höhe. Sie steigt aus, öffnet wie im Traume ihre Handtasche, um den Chauffeur zu bezahlen. Die Handtasche enthält noch alle Banknoten, die für die Flucht bestimmt' sind. Vielleicht ist es leichtsinnig gewesen, das Geld in der Handtasche mit sich herum zutragen, aber sie hat ja sonst keine Möglichkeit, es aufzubewahren, und sie hat immer davor gezittert, daß Griesinger seine Forderung in elfter Stunde erhöhen könnte. Liane nimmt einiges Kleingeld aus dem Geld täschchen und schiebt es dem Chauffeur in die Hand. Der Mann sieht sie sonderbar an; er hat Augen von unbestimmbarer Farbe, in denen Gier flackert. Liane beeilt sich, die Handtasche zu schließen Hat der Mann die Banknoten zu Gesicht bekommen? Sie dreht sich sofort um und geht hastig ins Haus. Das Auto fährt nicht gleich weiter. Der Chauffeur hat den Motor obgestellt; er raucht gleichmütig eine Zigarette und betrachtet das dunkle, engbrüstige Haus, als müßte er es sich einprägen. Als die Zigarette zu Ende geraucht ist, zieht er ein schmieriges Büchlein aus seiner Lederjoppe, macht einige Notizen und versenkt das Büchlein wieder-in die Tasche. Eine Minute später fährt das Auto in gemächlichem Tempo den Weg zurück, den es gekommen ist. lForijepung folgt.)