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FeindmüÄte im Hintertreffen Deutschlands Organismus überlegen Bern, 21 .Dezember. „Die Tat", das Organ des han delspolitisch stark interessierten Nationalrates Duttweiler (Zürich), stellt interessante Betrachtungen über die Män gel der französischen Wirtschaftsorganisation an. Das Blatt sagt: Trotz des hohen Goldbestandes, trotz der beträchtlichen Guthaben im Auslande, trotz der engen wirtschaftlichen und finanziellen Zusammenarbeit mit Großbritannien hänge die Versorgung der Kriegsindustrien mit Rohstoffen und das Schicksal der Währung letzten Endes davon ab, ob Frank reich seine durch die Mobilisation aller Kräfte für die Wehr macht und die Kriegsindustrie in Unordnung gebrachte Ausfuhr wieder in Gang bringen kann. Das Blatt schildert dann die verheerenden Folgen der Ueber- und Vielorgani sation durch eine im individualistischen Frankreich doppelt lästig empfundene Wirtschaftsbürokratie und stellt fest: Der normale Ablauf des Wirtschaftslebens sei in Frankreich viel stärker Störungen durch den Krieg unter worfen als zum Beispiel in Deutschland. Im Deutschen Reich sei die Planwirtschaft das Normale. Der Ausbruch des be waffneten Konfliktes habe keine Aenderung des bestehenden Zustandes mit sich gebracht. In Frankreich dagegen habe die immer noch grundsätzlich liberale Wirtschaft mit einem Ruck umgestellt werden müssen. Zudem habe Eroßdeutsch- land nur einen Teil seiner Reserven mobilisiert, Millionen von wehrfähigen Männern arbeiteten ruhig in ihren Be trieben. Während der französische Bauer und Arbeiter un tätig hinter der Maginotlinie auf einen Angriff warte. Dies bringe nicht nur Gefahren für die Moral der Truppen, son dern auch für das wirtschaftliche Durchhaltevermögen mit sich. Fahrten nach England sind gefährlich und darum teuer Amsterdam, 21. Dezember. In einer scharfen Kritik der staatlichen Maßnahmen zur Kontrolle der britischen Schiff ¬ fahrt machte die Londoner „Financial News" vor einigen Tagen die Feststellung, daß die phantastischen Frachtsätze, die neutrale Reeder von England für Transporte fordern, dasLandnochärmeranfrem- den Devisen machen, die es jetzt so notwendig brauche. Neben dem freimütigen Eingeständnis, daß Eng land an einem spürbaren Devisenmangel leidet, obwohl es andererseits auf Devisen zur Bezahlung seiner notwendig sten Einfuhren dringend angewiesen sei, ist es besonders interessant, daß sich die Engländer noch über die hohen Frachtsätze der neutralen Reeder für Transporte nach Eng land wundern. Als seefahrende Nation müßten sie eigent lich für diese Steigerung der Frachtraten der neutralen Schiffahrt ein besonderes Verständnis aufbringen, da es doch schließlich in der ganzen Welt bekannt ist, daß die Fahrt nach England heute mit ganz besonderen Gefahren verbunden ich und häufig genug für die neutralen Reede reien mit dem Verlust von Schiff und Ladung endet. Wenn der Londoner Rundfunk anläßlich einer Besprechung der so stark zurückgegangenen englischen Ein- und Ausfuhrzisfern überheblich erklärte, daß die Engländer von einer Blockade ihres Landes nur aus deutschem Munde hörten, sonst aber nichts davon merken würden, dann wird er allein schon durch den Klageruf der „Financial News" über die „phan tastischen Frachtsätze der neutralen Länder" Lügen gestraft. Die phantastischen Frachtsätze sind ein deutlicher Beweis für die außerordentlich wirkungsvolle Behinderung der britischen Zufuhren durch die deutsche Seekriegsführung. Sie sind ein Ausdruck der Tatsache, daß zahlreiche für Eng land bestimmte Schiffe und Ladungen die britischen Häfen nicht erreichen, weshalb die Fahrt nach England für neu trale Schiffe mit einem so hohen Risiko belastet ist, daß es nur durch gewaltig erhöhte Frachtsätze einigermaßen aus geglichen werden kann. Leninorden für Stalin Berlin, 21. Dezember. Durch ein Dekret des Prä sidiums des Obersten Sowjets wurde Stalin aus Anlaß seines 60. Geburtstages für die Gründung des Sowjet staates und die Festigung der Freundschaft unter den Völ kern der Sowjetunion die höchste Auszeichnung der UdSSR., der Leninorden, verliehen. Der Ausschuß der Volkskommissare der Sowjetunion beschloß, anläßlich des 60. Geburtstages Stalins 16 Stalinprcise zu stiften, die alljährlich an Wissenschaftler und Künstler für hervor ragende Arbeiten, für die besten Erfindungen und für be sondere Leistungen auf dem Gebiet der Militärwissenschaf ten verliehen werden sollen. Außerdem werden Stipendien für die besten Schüler an den oberen Schulen ausgesetzt. Stalin, geboren in Gori, Gouvernement Tiflis, ist Grusinier. Sein grusinischer (anders lautender) Name bedeutet soviel wie Stahlmann, Messerschmied. Stalin besuchte ein geistliches Seminar. Er war nach dem rus sischen Umsturz Chefredakteur der „Prawda" und wurde 1921 Volkskommissar. Mit Stalins Namen ist die Umwandlung des fast rein agrarischen zum agrarisch-industriellen Rußland verbunden. Er War es auch, der die neue sowjetische Politik einleitete, die zu einer Ausschaltung jüdischen Einflusses führte und eine Abkehr von den westlichen Demokratien brachte. Die Folge dieser Umstellung der russischen Politik war die Me deraufnahme der traditionellen russisch-deutschen Freund schaft, die in dem bekannten Pakt vom August 1939 ihren aufsehenerregenden Ausdruck fand. „Größte Ungerechtigkeit gegen Deutschland" Moskau, 21. Dezember. Das Eewerkschaftsblatt „Trud" bringt im Rahmen der Kundgebungen und Artikel zum 6 0. Geburtstag Stalins einen interessanten Bei trag über dieStellungStalins zumVersailler Vertrag. Der Artikel, der sich auf verschiedene persön liche Aeußerungen Stalins stützt, führt den Nachweis, daß Stalin den Versailler Vertrag von jeher als die größte Ungerechtigkeit gegenüber Deutschland betrachtet hat. Stalin habe seit Jahren vorausgesehen, so schreibt das Blatt, daß sich das deutsche Volk niemals mit diesem Schandvertrag absinden und neue Kräfte entfalten werde, um sich von diesem Joch zu befreien. Schon im Jahre 1920 habe Stalin erklärt, daß der „Räubervertrag" von Ver sailles kein Frieden sei, sondern viele Millionen Menschen zu Knechten mache. Mit der gleichen Klarheit habe Stalin später den Dawesplan und den Poungplan als gemeine Manöver des englisch-französischen Finanzkapitals zur Aus beutung Deutschlands entlarvt. Auch habe Stalin mehrfach ausgesprochen, daß das Versailler Diktat auch gegen die Sowjetunion gerichtet war und insbesondere durch die Unterdrückung des deutschen Volkes eine Annäherung Deutschlands und der Sowjetunion hintertreiben wollte. In der Erkenntnis dieser Sachlage hätten, so schreibt das Blatt, Deutschland und die Sowjetunion endlich im Jahre 1939 gemeinsam und endgültig mit dem Versailler System in der Zone ihrer natürlichen Interessen aufgeräumt. Der Nichtangriffspakt, der Freundschaftsvertrag und die Wirt schaftsabmachungen seien heute nicht nur für Europa von geschichtlicher Bedeutung, sondern für die ganze Welt. Der russische Heeresbericht L. . 21. Dezember. Wie von russischer Seite am 20. Dezember mitgeteilt wurde, finden an allen Fronten kleine Scharmützel zwischen den Ausklärungstruppen statt. Stellenweise, besonders auf der Karelischen Landenge, Ar- tilleriefcuer. Die Luftwaffe führte Erkundungsflüge durch. Von der finnischen Nordfront wird hier gemeldet, daß sich die Lage der im Kaskamo-Distrikt zurückweichenden finnischen Truppen nicht verbessert habe. Der Rückzug gehe in südlicher Richtung weiter, da die Russen immer neue Verstärkungen erhielten. Es zeige sich in diesem Kampfabschnitt, daß die Finnen trotz ihrer guten Scharfschützen der russischen Uebermacht, der ein paar hun dert Gefallene nur wenig ausmachen, unterlegen seien. Die Russen haben, wie hier bekannt wird, bis zum Diens tagnachmittag die im Nordosten von Kemijärvi gelegene Ortschaft Savukoski erreicht. MAS xn/nsv »-0" 6j (Nachdruck verboten.) „Durchaus nicht, aber ich bin auf diese Intrige, die hier gespielt wird, schon vorbereitet worden Ich habe Hella Heiling, meine jetzige Frau, nicht zu günstig, sondern eher zu scharf kritisiert, weil ich erkannt hatte, welch großes Talent in ihr steckt, und auf dem Standpunkt stehe, daß ein solches Talent trotz aller Beifallsstürme des Publi kums scharf angefaßt werden muß, damit es sich weiter- entwickelt Ich habe die persönliche Bekanntschaft mit mei ner Frau gerade dem Umstand zu verdanken, daß ich sie schärfer kritisierte als meine Kollegen von den anderen Zeitungen, und so habe ich es auch während unserer Brautzeit gehalten; ich kann Ihnen zum Vergleich die Kritiken der anderen Zeitungen vorlegen, aus denen Sie ersehen werden, daß ich meine Objektivität voll gewahrt habe/ Mit einer Handbewegung schneidet der Direktor dem empörten Redakteur weitere Ausführungen ab, kramt in seinen auf dem Schreibtisch liegenden Papieren zum Zei chen dafür, daß er für diese Angelegenheit nicht viel Zeit übrighat, und bemerkt kurz: „Ich beabsichtige nicht, mich in Einzelheiten zu ver tiefen; mir genügt es. daß im Publikum der Verdacht der Voreingenommenheit, was Ihre Kritik anlangt, geäußert worden ist, und ich muß Sie bitten, Herrn Hauptschrift' leiter Baumann Ihre Manuskripte, ehe Sie sie in den Satz geben, zur Durchsicht zu geben/ „Also eine Zensur. Dagegen protestiere ich. Ich bin verantwortlicher Leiter des Feuilletons: nach meinen bis herigen Leistungen bedeutet eine solche Maßnahme eine Herabsetzung in den Augen meiner Kollegen und würde das größte Aufsehen erregen Ich bitte Sie. davon Ab stand zu nehmen/ Einen solchen Widerstand hat der Direktor offenbar nicht erwartet. Er fühlt sich unsicher, deshalb möchte er sich keine Blöße geben und auf keinen Fall Anordnungen zurücknehmen, selbst wenn sie nicht stichhaltig sind Der unerquicklichen Unterredung möchte er so schnell wie mög lich ein Ende machen. Deshalb entgegnet er schroff: „Es bleibt dabei, Herr Doktor. Sie legen Ihre Kri tiken Herrn Baumann vor." Dr. Bremer steigt das Blut zu Kopf, aber er mach, noch einen letzten Verständigungsversuch: „Bedenken Sie doch, Herr Direktor, durch eine solche Maßnahme töten Sie jede Freude an der Arbeit, was letzten Endes aus die Zeitung zurückfallen mutz/ „Das müssen Sie mir schon überlassen; mein Ent schluß steht fest/ „Ihr Entschluß stand schon fest, ehe ich ins Zimmer trat", braust Dr Bremer auf. „Ist dies Ihr letztes Wort?" „Mein letztes Wort/ „Dann tut es mir leid, Ihnen erklären zu müssen, datz ich mit Ihnen nicht zusammenarbeiten kann/ „Sie kündigen also" schreit der Direktor, erhebt sich und tritt auf ihn zu. Wie zwei Kampfhähne stehen sic sich gegenüber und blicken einander wutentbrannt in die Äugen > „Ich kündige nicht, ich verlasse sofort die Redaktion. Suchen Sie sich jemand, der unter solchen entwürdigenden Bedingungen unter Ihrem Kommando arbeitet. Am besten Herrn Wilmowski." Spricht's und stürmt davon. Als Dr Bremer in die Redaktionsräume zurückkehrt, sehen ibm seine Kollegen sofort an. daß etwas geschehen ist; er ist totenbleich, und seine Augen brennen. „Wo ist Wilmowski?" fragt er und bemüht sich, seiner Stimme einei ruhigen Klang zu geben; man merkt ihm jedoch seine verhaltene Erregung an. „Fortgegangen Gleich nachdem Sie zum Direktor ge rufen wurden" „Was ist geschehen? Sie sind ja ganz blaß. Ist was vorgesallen?" Die Kollegen bestürmen ihn mit Fragen. Westebbe nimmt ihn am Arm und zieht ihn in sein Zimmer. „Gekündigt?" Als Bremer nickt, fährt Westebbe hoch. „Dachte ich mir's doch! Aber das wird für den Herrn Kollegen noch ein Nachspiel haben, selbst wenn er .Stim- men aus dem Publikum, gute Freunde, auftreiben kann. Sie rufen natürlich das Berufsgerichi an!" „Kommt gar nicht in Frage, ich habe das hier satt. Geht auch nicht, ich habe ja selbst gekündigt, sofort alles hingeschmissen Ich sollte meine Kritiken zur Zensur vor- legen." „Unerhört! Das gibt's ja gar nicht. Aber Sie werden schon was anderes finden. Sie können doch was, haben einen Namen und auch wohl etwas Vermögen." „Leider nicht, mein letztes Geld ist bei den Anschaf fungen draufgegangen Ein schöner Anfang meiner Ehe!" Bremer lacht bitter. Aus aüer Welt * 6VS Berliner Familien als Gäste Hermann Görings bei Weihnachtsfeiern. Ministerpräsident Generalfeldmar schall Göring hatte es sich zusammen mit seiner Gattin auch in diesem Jahre nicht nehmen lassen, gebürtigen Berliner Familien und Kindern, deren Väter aus dem Felde der Ehre gefallen sind, in der traditionellen Form eine besondere Weihnachtssreude zu bereiten. 600 Müttern kam, völlig überraschend, eine bunte Einladung ins Haus, im Berliner Rathaus, bzw. neuen Rathaus Schöneberg und im Bezirksamt Wedding mit den Kindern zu froher Fest stunde Gast des Marschalls zu sein. Die Feier, die u. a. durch Darbietungen des Kinderballetts der Staatsoper und des Musikzuges des Regiments „General Göring" unter Leitung von Stabsmusikmeister Haase verschönt wurde, wohnten aus der engeren Umgebung des Generalfeldmar schalls Oberregierungsrat Dietrich und SA.-Oberführer Dr. Görnert bei. Auch in der Schorfheide war für Kinder von Waldarbeitern in gleicher liebevoller Weise ein reicher Gabentisch gedeckt worden. * Die größte Küche Deutschlands in Wie». Demnächst wird in Wien vom Verein für Volksernährung die größte Küche Deutschlands eröffnet werden. Sie wird für eine Tagesleistung von 12 000 Personen eingerichtet und in der Lage sein, auch in der Nacht weitere 4000 Personen zu verpflegen. In der neuen Großküche stehen die neuesten Küchenmaschinen und Einrichtungen. Sie wird eine große Dampftesselanlage, ein eigenes Kühlhaus, eine Fleisch- zubereitungs- und eine automatische Geschirrspülmaschine besitzen. * Bezugscheine sind Urkunden. In Halberstadt hatte eine Frau einen Bezugschein sür ein Paar Handschuhe so abgeändert, daß er aus eine Schürze lautete. Die Fälschung wurde im Geschäft sofort bemerkt. Die Frau mußte sich vor Gericht verantworten nnd wurde wegen einfacher Ur kundenfälschung zu einem Monat Gefängnis verurteilt. * Todesurteil nach 22 Jahren Zuchthaus. Der bei Pirmasens geborene 50 Jahre alte Heinrich Haber wurde wegen acht schwerer Einbruchsdiebstähle, begangen unter Ausnutzung der Verdunkelung, zum Tode verurteilt. Der Angeklagte hatte vorher 22 Jahve hinter Zuchthausmauern verbracht. * Die Schreckensfahrt einer Radfahrerin. In den Abendstunden verirrte sich eine Frau mit ihrem Fahrrad aus einem Nebenweg nach Mildensee bei Dessau und konnte sich in der Dunkelheit nicht mehr orientieren. Plötzlich merkte sie, daß sie auf die überschwemmten Muldewiesen geraten war, deren dünne Eisdecke die Last nicht hielt. Die Frau brach immer tiefer ein und blieb schließlich völlig stecken. Ihre Hilferufe wurden in der Fischerhütte jenseits der Mulde gehört, deren Bewohner die Feuerlöschpolizei alarmierten. Die Wehrmänner glitten vorsichtig mit einem Schlauch-oo: über die Mulde an die Unglücksstelle heran und konnten die Frau im letzten Augenblick aus größter Lebensgcft r retten. Sie wurde vollständig erschöpft mit einem Krankenauto nach Hause gebracht. * Decke::,einsturz in einer Fabrik. In der Faltisfabrik in Trautenau stürzte die Decke des zweiten Stockwerks ein. Die Trümmer und einige schwere Maschinen durchschlugen die Decke des ersten Stockwerks und kamen bis in das Erd geschoß durch. Dabei wurde ein Arbeiter, der mit durch brach, so schwer verletzt, daß er bald daraus starb. * Grönlandfalken fühlen sich im Riesengebirge wohl. Der deutsche Polarforscher Dr. Herdemerten brachte von seiner letzten Nordlandfahrt Grönlandfalken mit, von denen einige ans der Goldhöhe im Riesengebirge angesiedelt wor den sind. Der Versuch, die schönen Tiere hier heimisch zu machen, darf als gelungen angesehen werden, denn sie Haben bereits die Mauser gut überstanden und sich an ihren Standort gewöhnt. Die Falkenstation aus der Gold höhe wird daher weiter ausgebaut werden. An der An siedlung des nordischen Falken in den deutschen Bergen ist vor allem die deutsche Jägerwelt interessiert, da diese klugen Vögel zu Jagdzwecken erzogen und die alte Falken jagd zu neuem Weidmannsleben erweckt werden sollen. * Hanssabrik in Batschka Palanka eingeäschert. Die dritte jugoslawische Hanffabrik ist am Mittwoch von bri tischen Agenten eingeäschert worden. Es handelt sich um ein Werk in Batschka Palanka, das mit seinen gesamten Vorräten bis auf die Grundmauer niedergebrannt ist. Der Schaden beträgt über 200 000 Dinar. „Kops hoch. Kollege!" Westebbe streckt ihm die Hand entgegen „Wenn Sie jemand brauchen, auf mich können Sie rechnen." * Als Inge Lindström aus dem Haus tritt, bleibt sie bestürzt stehen, spiegelblank glänzt ihr die Straße eni- gegen, und die Autos fahren Schneckentempo Vorsichtig streckt sie die Hand aus, es tröpfelt nur noch Ein Glück, daß sie ihren Regenmantel angezogen Hai, der Spätherbst ist zu unbeständig, mal scheint die Sonne, als ob es Frühling werden wollte, mal gibt's Regen, für den Pelzmantel ist es noch zu früh, obwohl schon viele Damen ihre Pelze tragen, aber nicht wegen der Kälte, sondern weil sie damit paradieren wollen Inge besitzt ja auch einen, einen sehr schönen neuen sogar, aber eine bessere Figur macht sie in dem dünnen Regenmantel. Sie ist nicht frei von Eitelkeit, wer könnte es einem so hübschen Mädel verübeln? Das scheint auch der junge Mann anzunehmen, der sich zu ihr in die Haustür stellt, obwohl es nicht mehr regnet. Inge weitz, da gibt's nur eins: fort. So geht sie also mit schnellen Schritten davon und beflügelt ihren Gang, als sie steht, daß es fast zwei Uhr ist. Ihre Mutter wird ungehalten sein, wenn sie zu spät zum Mittagessen kommt. Ihr entgegen flutet ein Menschen strom, meist Angestellte, die ebenfalls Tischzeit haben. Manch einer steht ihr bewundernd nach, besonders Kecke lachen ihr zu, es belustigt sie, sie freut sich darüber, denn sie fühlt, datz sie gefällt. Plötzlich bleibt einer der ihr Entgegenkommenden stehen, zögert, dreht kurz entschlossen um und geht hinter ihr her Än dem großen Warenhaus überquert sie die Straße, um auf die andere Seite zu gelangen Plötzlich verspürt sie in ihrem rechten Knöchel einen scharfen Schmerz, ihr Schuh ist mit dem hohen Absatz in einer Straßenbahnschiene hängengeblieben. Die Bahn klingelt wie wild, Leute schreien aus, sie zerrt und reißt an ihrem Schuh, bekommt aber den Fuß nicht frei, die Weiche hält den Absatz fest Inge ist einer Ohnmacht nahe, die Elektrische nähert sich ihr bedrohlich. Da reißt etwas an ihrem Knöchel, daß sie vor Schmerz aufschreil, ihr Fuß ist frei, der Äbsatz steckt allerdings in der Weiche Ein Ärm reißt sie von den Schienen. „Das ging noch mal gut", tönt eine Männerstimme an ihr Ohr. (Fortsetzung folgt.)