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Konzerte. Theater et«. D Vom BücherNsch und Tonfilm „Verbrecher" gespannt macht. -dt. frei Kaus) I 1 IM Stück IPsd. Siilck 2 kg I Psd. Montag, norm. 10—12 Uhr: Konzert im Garten (Stadtkapells Auc); abends 8 Uhr: Richard Magner-Konzert im „Erzhof", Stadt- kapclle Plauen und Opernsänger Erik Enderlein-Berlin. Aue, 22. Aug. Die Platz musik am morgigen Sonn tag ab 11 Uhr auf dem Markt wird folgendes Programm bie ten: 1. Parademarsch von A. Möllendorf. 2. Ouvertüre zu „König Stephan" von L. v. Beethoven. 3. Steuermannslied und Matrosenchor a. d. Op. „Der fliegende Holländer" von N. Wagner. 4. Wiener Blut, Walzer, von I. Strauß. 5. Ein Me lodienkranz, Potpourri, L. Gärtner. 6. Petersburger Schlitten fahrt von R. Eilenberg. 085 2.- 1.30 11.- Beranstaltungen der Kurverwaltung Sonntag, norm. 10^—1214 Uhr: Konzert im Garten (Stadt kapelle Schneeberg); nachm. 3)4 Uhr: „Die Ezardasfürstin", vp. von Leo Stein und Bela Ienbach; abends 8 Uhr: „Das Extem porale", Lustspiel von Storm und Färber im Kursaal, Kurtheater. Bücklinge .... Seefische Sauerkraut .... Landbutler .... Molkereibuller . . Vollmilch .... Steinkoblen frei Kaus Drlkells Kol» (Brennholz, gesag 1- 0.90 1.— 0.60 1.- Leberwürst) Roggenbrot 1. Sorte Roggenbrot 2. Sorte Kartoffeln . . . Rindfleilck . . . . Schweinefleisch . . Kalbfleisch . . srischwurst (Dlut- Speck .... Schweineschmalz KWtz M»r?e. Vom Mim ^Mw«lffer«ssn MVl WSlVW» Tor sieht er di« Welt. Und strahlend jauchzt er: „So schneidet Siegfrieds Schwert." So weiß ich viele Weisen noch zu mel den von ihm, dem Helbentenor, unserm deutschen Wagner sänger: Erik Enderlein. Bon Schuch in Dresden al« lyrischer Sänger entdeckt, beginnt seine Laufbahn als Helden-, tenor in Schwerin. Hamburg und Berlin bringen ihn empor zu Ruhm und Ehren. Bayreuth sieht ihn als Stolzing. Jetzt gastiert er an internationalen Bühnen von Ruf wie London, Wien, Kopenhagen, Madrid, Belgrad usw. und am Montag, 24. August, im Radiumbad Oberschlema. Diesem berühmten Gast wird ein voller Saal beschieden sein und ein begeistertes Publikum zujubeln. „Sei uns gegrüßt du kühne» Sänger." I. E. W. Grock im Tonfilm. Wer kennt ihn nicht, wenigstens dem Namen nach, den Meisterclown, den König aller Komiker, der jähre, lang tzunderttausende Tränen lachen ließ! Nach einem Leben voll Arbeit und überreichen Erfolges zog er sich von der Bühne zurück, um alS Privatmann und als Mensch zu leben, den man ernst nehmen muß. Doch bevor er den Brettern, die die Welt bedeuten, Valet sagte, faßte er noch einmal all sein wunderbares Können in einer Jauptnummer zusammen, in dem Tonfilm „Grock", der das Vermächtnis des Künstlers darstellt und der jetzt mlt größtem Erfolg in den Adler-Lichtspielen in Aue läuft. Der Inhalt des Films? Da war einmal ein Clown, der hieß Grock und war nicht mehr sehr jung. Er war müde geworden und hatte nur noch den Gedanken: sich mit seinem sauer erworbenen Geld und einem möglichst jungen Fräulein zur Ruhe zu setzen. Weil das Geld da war, war das frische Fräulein auch bald da. Line Herr- Uche Villa am Mittelmeer wird versteigert, das Besitztum eines Aristokraten, des Grafen Ospiri (tzarry Hardt), früher der Liebhaber Biancas, der Gattin Grocks (Liane Haid). Er hat sich für sie ruiniert. Aber Bianca hat den alten Freund nicht vergessen. Es kommen in der jungen Ehe die ersten Mißverständnisse: „Es ist unerhört, die ganze Dienerschaft lacht über dich. Du bist und bleibst halt ein Clown." Grock bleibt ein Bauer, Bianca langweilt sich zu "Tod, und alles kommt wie es kommen muß. Der Graf erscheint. Hinter Grocks Rücken sängt düs alte Lie besspiel wieder an. Bianca beschließt die Flucht. Aber wie sie sich mit dem Grafen auf französisch empfehlen will, kommt Grock dazu. Und was tut der betrogene Ehemann? Er öffnet artig die Tür und läßt sie beide ziehen. Ein Gaurisankar ist ihm von der Seele gefallen. Das schauer liche Bürgerleben ist zu Ende, er ist frei, fährt in die Stadt und spielt im Rahmen eines herrlichen Programms seine berühmte Grocknummer wieder. Einzig schön ist der Schluß des Films. Grocks Part ner Mar (von Embden) und Ines, seine Nichte (Betty Bird),"sind ein Paar geworden. Alle drei sitzen am Kaffeetisch. Neben ihnen auf einem Stühlchen sitzt ein Bürschchen von drei Jahren, ganz so angezogen wie Grock am Beginn seiner Nummer, und übt auf eurer kleinen Violine. Das Kerlchen wird sein Nachfolger werden. ,sDu wirst bald besser sein als der Orrkel Grock", lächelt er. Der kleine Clown legt das Köpfchen schief auf die Seite und sagt: „Nit möglich". Ein reichhaltiges Beiprogramm rundet die Vortrags folge der beliebten Auer Tonfilmbühne ab, die in einer originellen Vorschau ihr Publikum auf den Willy-Fritzsch- döcklter Preis «vi. 0.72 W l.20 iZ 1.20 1.20 0.80 0.10 0.30 0.18 0.SS 0.33 2.— 1.35 16- Schneeberg, 22. Aug. Ls scheint, als ob mit dem näher kommenden Ende der Spielzeit des Kur- und Natur theaters das Interesse der Bevölkerung an der leichten Muse wächst. Die Theatergemeinde hatte gestern ein übervolles Haus. „Die Ezardasfürstin" hat also auch hier ihre Schuldigkeit getan. Wo „sie" auftritt, gibt es volle Häuser, begeistertes Publikum und frenetischen Beifall. Diese Begeisterung schafft die melodienreiche Musik Kalmans, der in geschickter Dosierung rassige Lzardasklänge, leiden^chaftdurch- glühte Zigeuncrmusik und himmlisch-schöne Walzerweisen mischt und hier eine der schönsten Operetten geschaffen hat. Immer und immer wieder klingt aus den Geigen und Saiten die einschmeichelnde Melodie von der Liebe, die erwacht und eine süße Himmelsgabe ist! Daneben weist der natürlich ope- rettenhafte Inhalt eine große Portion Witz und humoristische Würze auf, die in Verbindung mit der hinreißenden Musik zu tosendem Beifall nötigen. Es ist also alles vorhanden was ein Stück durchschlagskräftig macht: Prima Musik, Witz und Humor. Wenn dann die Künstler noch ein übriges tun und der Büh nenbildner mit seinen Helfern drei geradezu fabelhafte Szenen — auch mit der Stilbühne — herausbringt, dann ist 5er Er folg bombensicher. Die Besetzung der Rollen war nicht nur gut, sondern auch glücklich gewählt. Die Kanonen und Stars des Ensembles waren die Garanten des Erfolges. Wir wollen es uns heute versagen, jede einzelne Rolle zu erwähnen, man müßte Oftgesagtcs wiederholen. Zudem wollen wir den Theaterfreunden der Nachbarstädte, die bestimmt die „Ezardas fürstin" noch kennenlernen, die Spannung und Freude nicht vorwegnehmen. Ihnen, den Künstlern sei gedankt für diesen Abend, der eine vielhundertköpfige freudig bewegte Zuschauer schar hinwegblickcn ließ über den nebelvergangenen, trostlosen Alltag, in eine Zeit, die den Boden schuf für solche Operetten. Daß man in den Blumenregen auch den Kapellmeister Walter mit einbezog, war nur zu berechtigt. Schließlich war es seine beschwingte, energische Stabführung und charaktervolle Be gleitung (am leider unzulänglichen Instrument) die den Er folg schufen. „Die Ezardasfürstin" wird am kommenden Sonn tag bei günstiger Witterung auf der Naturbühne (bei Regen im Erzhof) wiederholt, bestimmt wieder mit großem Erfolg! —ng— Radiumbad Oberschlema, 22. Aug. Von der Kurverwal tung wird uns geschrieben: Ein „Jemand" kam in unser Ra diumbad nach "schwerer Krankheit, matt und müde. Einem „Jemand" brachten unsere Bäder wunderbare Heilung. Ein „Jemand" schenkt uns nun den schönsten Abend dieses Jahres. Wer ist es? „Mit dem Schwan kam er gezogen. In den i Venusberg brach er ein. Irrlands Maid bringt er selbstlos Ade, 28. Mg. Gestern abend" weMe wMer «knmal bi»» Kurtheater aus dem Radiumbad zu «iner Aufführung in Au«, und die Gemeinde der Bühnenfreunde war zahlreicher denn je im „Bürgergarten" versammelt. Geboten wurde Millöckers Operette „Der Bettelstudent". Da dieses Stück bereits mehrfach im Bezirk aufaeführt und auch im „E. D." schon zweimal besprochen wurde (erst gestern unter Eibenstock), können wir uns ein Eingehen auf Werk und Dar- bketung sparen. Nur soviel sei gesagt, daß gerade dieses durch einen so ungemein starken Besuch ausgezeichnetes Operetten- spiel weniger ansprechen konnte. Es blieben viele Wünsche offen, und der Gesamteindruck (Akusit, Gesang und schauspiele, risches Können) war nicht gerade überwältigend. Wir find überzeugt, es gibt dankbarere Aufgaben kür die wirklich guten Kräfte des Ensembles als diese langatmige, polnische Angele- genheit. —i— Heft 34 von „M otor und Sport" ist erschienen und präsen tiert sich in sehr geschmackvollem Gewände und mit sehr vielseitigem Inhalt. Es befaßt sich einleitend besonders mit den Aollverhältnissen, die den Verbraucher von Kraftstoffen außerordentlich interessieren. Der Wanderer- und der Imperia-Test gibt über dies« bekannten Fa brikat« ein gutes technisches Urteil, das vielen Lesern etwas Ku sagen weiß. Recht viel Neues bringt der Artikel „Zahlen sehen nn« an", der sich mit der Kraftverkehrswirllchaft in Amerika befaßt und gutes Material bringt. — Der Neuerscheinung des kleinen Opel, den weite Kreise gespannt erwarten, und der Fall Stuck contra Mer cedes finden ihr« eingehende Würdigung in diesem Heft, das durch jed« Buchhandlung oder direkt vom Vogel-Verlag, Pößneck (Thürin gen), zum Preise von 6V Rpf. zu beziehen ist. Amtlich festgeslellte Kleinverkaufspreise in den Derbaussläden »er Stadt Schwarzenberg. Warenart Mengc niedrigster Preis Rpi. Der vornehme Tisch. Humoreske von Rudolf Presber. In dem kleinen Bad, in dem ich dies Jahr meinen Rheu matismus ziemlich unnütz ins Moor setzte, gibt's ein Kaffee haus. Das „Eafö Eichhorn". Es gehört zu den Pflichten bes serer Kurgäste, sich nachmittags hier einmal cinzufindcn und bei einer Tasse „für angegriffene Herzen präparierten" Kaffees mit Anstand zuzusehen, wie sich die andern mopsen. Wenn ich so gegen vier Uhr ins „Eafö Eichhorn" kant, den fürs Herz gesunden Kaffee zu trinken und nachzuschauen, ob die beiden Zeitschriften vom Vorjahr schon In festen Händen waren, saßen immer an dem Marmortisch neben dem mit un zähligen Fliegen bedeckten Pfeilerspiegel drei Personen und spielten Skat. Um einen zehntel Pfennig spielten sie, wie wirk lich vornehme, nicht auf den Gewinn, sondern auf seelische Unterhaltung in guter Gesellschaft bedachte Leute das tun. Drei Personen von großer Distinktion. Und die Distinktion nahm noch zu in der Schätzung der anderen Kaffeehausbesu cher, wenn man hörte, wie sie sich gegenseitig mit Hochachtung anredeten. „Sie spielen aus, Herr von Höchst!" „Verzeihung, nein, Frau Nat, ich habe ja gegeben." „Ach, richtig — dann spielt also lieber Herr Direktor aus." Und der liebe Herr Direktor spielte nicht nur aus — er gewann auch meistens. Denn er war der Einzige, der gerissen spielte und gelegentlich die Zehn drückte. Die Frau Rat verlor ungern, das sah man. Es war wen- nkger der Geiz bei ihr — mein Gott, bei «inem zehntel Pfennig konnte kein Vermögen verloren werden —, es war mehr der verletzte Ehrgeiz. Die Frau Rat war immer puterrot vor Er regung, wenn sie nach Begleichung ihres Verlustes von zwei undzwanzig Pfennigen aufstand, das Kirschtörtchen nm Büfett zu bezahlen. Durch diesen Gang ersparte sie das Trinkgeld für die Bedienung. Herr von Höchst ertrug aber seinen Verlust, der bei zwei stündigem Spiel meist zwischen dreizehn und einunddreißig Pfennigen betrug, mit dem ruhigen,Gleichmut wahren Adels, von dem der Freiherr vom Stein gesagt hat, daß er der Stolz und Lie Stütze großer Monarchien sei, und der schließlich auch in der Republik noch in Würde das Gesicht zu wahren versteht. Den Nachmittagsgästen des „Eafö Eichhorn" erging es wie mir— dieser distinguierte Tisch erzwang ihre Beachtung und stille Hochachtung. Man nahm einen gewissen Anteil an dem Schicksal dieser vornehmen Spieler, wenn der Herr Direktor er klärt«, er passe; wenn die Frau Nat ein Nulloüvert ansagte, das sie meistens verlor, oder Herr von Höchst mit lässiger Miene einen Grand anmeldete. Kurz vor meiner Abreise — für meinen Rheumatismus erhoffte ich Günstiges von der „Nachkur" um.Weihnachten — verbrachte ich noch eine wie meist verregnete Nachmittagsstunde im „Eafö Eichhorn"; aß das letzte der'berühmten Nußtörtchen und blätterte in einem Familienblatt der Vorkriegszeit. Da seht« sich die Wirtin zu mir, Frau Eichhorn, eine dicke, gemüt liche Frau, die — aus Geschäftssinn oder Herzensbedürfnis — immer den Mreisenden noch ein Diertelstundchen ihrer persön lichen Unterhaltung gönnte.' Nachdem sie mich gefragt, ob ich schon gepackt und nichts vergessen hätte, mich auch ermahnt hatte, auf Zahnbürste und Nachthemd zu achten, die eine verbrecherische Neigung hätten, liegen zu bleiben, sprachen wir von der Saison. Frau Eichhorn war zufrieden. Ich rühmte die Vorzüg lichkeit ihrer Erzeugnisse. Frau Eichhorn mißverstand das und sagte: Ihr Sohn sei in der Lehre in Halle. Ich rühmte die distinguierten Gäste. Frau Eichhorn nickte. Ich erwähnte be sonders den vornehmen Tisch, an dem gerade wieder der Herr Direktor zum Erstaunen der beiden Spielteilnchmer ein Solo spielte. „Dis ist bezeichnend für die Vornehmheit des ganzen Lo kals", rühmte ich, „im Mittelpunkt ein adliger Herr, der mit einer Frau Rat und einem Direktor sich im Skatspiel ver gnügt." „Ach nein", lächelte Frau Eichhorn und verschränkte die Arme unter dein geräumigen Busen. „So schlimm ist das nun auch nicht. Sehen Sie. zum Beispiel ich — heiße hier Frau Eichhorn. Aber eigentlich heiße ich Frau Seekatz, geborene Wolf — Das ist ja eine Menagerie, dachte ich. Aber Frau Seekatz- Eichhorn fuhr fort: „Da hat nun mein seliger Mann, weil er hier mal ein Eichhorn mit 'nem Blasrohr geschossen hat, ehe das Häuschen hier stand, die Konditorei „CafS Eichhorn" ge nannt. Nun heiße ich eben Frau Eichhorn oder Witwe Eich horn, obschon ich eigentlich . . ." „Ich verstehe, Seekatz geborne Wolf Aber, Verzei hung, was hat das mit dem distinguierten Tisch zu tun?" „Nuil —" Frau Eichhorn-Seekatz-Wolf rieb sich mit dem Finger die Nase und lächelte verschmitzt — „unser kleines Bad wird nicht überlaufen von Gefürsteten und Zelebritäten und so. Da ist ma>l schon froh, wenn man ein bißchen Ersatz hat, der nach was klingt. Dort, der Herr Direktor zum Beispiel —" „Ja, was ist das wohl für ein Direktor?" Ich sah mir den merkwürdigen nervösen kleinen Mann mit dem Ziegenbart ge nauer an, während ich fragte. „Das ist nun so," Frau Eichhorn, „der Hilt mal vor Jah ren hier mit der Kurdirektion verhandelt. Er wollte so ein Theaterchen " „Ach so, er ist Theaterdirektor!?" „Nee, nee — nun warten Sie doch mal ab! Das war er nie. Er wollte erst — aus Liebe zur Kunst —, eigentlich hatte er, glaube ich, ein Drogengeschäft in Halle, das er gut ver- kaufte — nun hat er sich in den Kopf gesetzt: ein Wald theater —" „Freilichtbühne, ich verstehe." „Ja. Aber ein Waldtheater!" „Waldtheater? — Hier herum gibt's doch aber gor kein« Wälder!" „Stimmt. Das war von ihm übersehen. Ein« — was man so „Truppe" nennt, hatte er auch nicht. Stück auch keine. Aus den Verhandlungen ist dann nichts geworden — es war ja auch kein Wald da. Und nun kommt er so aus An hänglichkeit jedes Jahr als Kurgast. Wohnt, wie die beiden andern Herrschaften, die mit ihm spielen, im Kurhaus und wird „Herr Direktor" genannt." Direktor — von — „Nu eben von dem Töaldtheater, das er mal gründen wollte!" „Und aus dem nichts geworden ist? — So, so — aber — die Frau Rat?" „Da ist es nun wieder anders mit dem Titel", belehrte mich Frau Eichhorn-Seekatz. „Gucken Sie mal genau hin, wie die Frau Rat so ist — wie sie die Sechser neben sich anhäuselt — und schauen Sie bloß, wie sie pedantisch die Karten^ zum Fächer ordnet und wie sie die Stiche — viele macht sie ja nicht —, die Karten so Eck auf Eck legt. So ist die Frau über haupt, so akurat. Auch in ihrem Zimmer im Kurhaus. Zur Verzweiflung bringt sie das Stubenmädchen, weil sie so a-ku-rat ist. Nun heißt die Frau eigentlich Koruwans- zinsky -— so'n polnischer Salat, den keine deutsche Zunge aussprechen kann. In all den Jahren hat sich kein Mensch an den Namen gewöhnen können. Aber da sie nun — und das weiß hier jeder — so schrecklich a-ku-rat ist, so haben wir sie erst hier so unter uns immer „Frau Akurat" genannt. Und das haben nun die Gäste gehört, und sie selbst hat's gehört und hat gelacht — und sehen Sie, wie die Gäste nun so was hören — die Gäste sind immer fürs Vornehme —, da beißen sie an. Und nun heißt sie eben nicht mehr „Frau Akurat", sondern einfach „Frau Rat"." „Ja, hören Sie, Frau Eichhorn, dann ist also die Frau so wenig eine Frau Rat, wie —" „— wie der Direktor ein Direktor!" bestätigte Frau Eichhorn, die eigentlich Seekatz hieß, vergnügt. „Dann verstehe ich nicht recht, wie ein — immerhin ein lvenig adelsstolz aussehender — Edelmann, wie dieser Herr von Höchst —" „Werden Sie gleich verstehen. Der Mann heißt ja eigent- lich Müller. Schlankweg Müller, und ist gebürtig von Höchst am Main. Nun gibt's hier bei uns gerade so schrecklich viele Müllers. Bei Ihnen in Berlin, habe ich mir sagen lassen, können Sie auch nicht klagen. Da haben wir ihn hier, wo er doch immer wiederkam, zum Unterschied von den anderen Müllers, den Miller von Höchst genannt. Na, und wie das so geht — der „Müller" hat sich dann schließlich verkrü melt. Und nun ist und bleibt er hier der: Herr von Höchst. Und ich glaube, das tut ihm ganz wohl. Darum kommt er jedes Jahr wieder her. So für vier Wochen adlig sein, ist ganz nett. — Aber entschuldigen Sie, die Frau Rat will ihr Kirsch törtchen bezahlen, da muß ich ins Büfett..." Damit enteilte die Frau Eichhorn, die eigentlich Seekatz hieß und eine geborne Wolf war, um der Frau Koruwans- zinsky, die „Frau Rat" genannt wurde, das Tinigeld für di» Bedienung zu ersparen. An meinem Nachbartisch aber hörte ich gerade jetzt einen älteren Kurgast einen Neuankömmling belehren; „An dem Tisch drüben am Spiegel, von dem die Dams jetzt auf gestanden ist — übrigens «ine Geheimrätin, ich glaub« sogar, Exzellenz — ja, die beiden Herren, die da sitzen geblieben sind, da ist der ein« davon Generaldirektor — und -er andere, der ist ein Baron... Solche Leut« haben wir hier im Bad — la,"